08.09.2017

Streit um Steinkohlekraftwerk Trianel in Lünen geht in die nächste Runde

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08.09.2017

Streit um Steinkohlekraftwerk Trianel in Lünen geht in die nächste Runde

Der Stadtwerkeverbund Trianel und die Naturschutzvereinigung BUND streiten seit langem über das Steinkohlekraftwerk der Trianel in Lünen. Das Bundesverwaltungsgericht hat jetzt in dieser Sache die Revision zugelassen. Grund hierfür war, dass das Oberverwaltungsgericht Münster in seiner vorangehenden Entscheidung von den Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts zur korrekten Prüfung der Fauna-Flora-Habitat-Verträglichkeit abgewichen war. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hat erhebliche Bedeutung für andere Zulassungsverfahren. Darüber hinaus wird die zu erwartende weitere Erörterung des Bundesverwaltungsgerichts zur Fauna-Flora-Habitat-Verträglichkeit von Großprojekten in seiner kommenden Entscheidung von großer praktischer Relevanz sein.

Der Stadtwerkeverbund Trianel errichtete von 2008 bis 2013 in Lünen (Nordrhein-Westfalen) ein Steinkohlekraftwerk mit einer Leistung von 750 MW. In der Umgebung des Kraftwerks befinden sich verschiedene Fauna-Flora-Habitat-Gebiete, d.h. europäische Naturschutzgebiete.

2011: Erste Klage des BUND hat Erfolg

Der BUND klagte bereits am 16. Juni 2008 erstmals vor dem Oberverwaltungsgericht Münster gegen den ursprünglichen Vorbescheid und die 1. Teilgenehmigung für das Kraftwerk. Durch Urteil vom 1. Dezember 2011 hob das Oberverwaltungsgericht Münster sodann den Vorbescheid und die 1. Teilgenehmigung der Bezirksregierung Arnsberg für das Kraftwerk auf. Zur Begründung führte das Gericht an, dass die Voraussetzungen, unter denen ein Vorhaben zugelassen werden darf, das Auswirkungen auf Fauna-Flora-Habitat-Gebiete hat, bezogen auf die Schadstoffeinträge in terrestrische Lebensräume nicht vorlagen. Die Beurteilung der Fauna-Flora-Habitat-Verträglichkeit habe weder eine abschließende Feststellung noch das vorläufige positive Gesamturteil getragen.

2016: Zweite Klage des BUND vor dem Oberverwaltungsgericht Münster hat keinen Erfolg

Im Anschluss an das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster aus 2011 wurde ein neuer Vorbescheid und eine neue 1. Teilgenehmigung erlassen. Der BUND klagte nun auch gegen diesen neuen Vorbescheid, gegen die neue 1. Teilgenehmigung sowie zusätzlich gegen die 7. Teilgenehmigung (die Betriebsgenehmigung). Diese Klage wurde jedoch vom Oberverwaltungsgericht Münster mit Urteil vom 16. Juni 2016 abgewiesen. Eine zusammenfassende Pressemitteilung des Gerichts zu diesem Verfahren finden Sie hier.

31. Juli 2017: Bundesverwaltungsgericht lässt Revision zu

Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte die Revision gegen sein Urteil vom 16. Juni 2016 nicht zugelassen. Der BUND hat mit einer jetzt veröffentlichten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erreicht, dass die Revision trotzdem durchgeführt werden wird.

Das Bundesverwaltungsgericht lässt die Revision zu, weil das Oberverwaltungsgericht Münster in seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht abweicht.

In seinem Urteil kam das Oberverwaltungsgericht Münster zu dem Ergebnis, dass für das Vorhaben eine korrekte, positive Fauna-Flora-Habitat-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden war.

Insofern musste unter anderem auch die Wirkung des Projekts in Kombination mit anderen Plänen oder Projekten beurteilt werden. Denn nach der Rechtsprechung darf sich eine solche Verträglichkeitsprüfung nicht auf die Prüfung beschränken, ob das Projekt für sich genommen erhebliche Beeinträchtigungen verursachen kann. Es ist vielmehr auch zu prüfen, ob derartige Wirkungen in Zusammenwirkung mit anderen Plänen oder Projekten verursacht werden können. Unter welchen Voraussetzungen und in welcher Weise andere Projekte in eine solche „Summationsbetrachtung“ einzubeziehen sind, ist aber noch nicht in jeder Hinsicht geklärt. Das Oberverwaltungsgericht Münster geht insoweit von dem „Prioritätsprinzip“ aus und stellt für die zeitliche Reihenfolge auf den Zeitpunkt der Einreichung eines prüffähigen Genehmigungsantrages ab.

Das Bundesverwaltungsgericht weist nun darauf hin, dass dies nicht seiner Rechtsprechung zur Summationsbetrachtung entspreche. Denn danach sei die Verträglichkeitsprüfung auf andere Projekte zu erstrecken, wenn deren Auswirkungen und damit das Ausmaß der Summationswirkung verlässlich absehbar ist, was grundsätzlich erst dann der Fall ist, wenn die betreffende Zulassungsentscheidung erteilt ist.

Während sich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts also an der Erteilung der Zulassungsentscheidung orientiert, stellte das Oberverwaltungsgericht Münster auf den Eingang der Anträge ab. Es ist zu erwarten, dass sich das Bundesverwaltungsgericht in seiner Revisionsentscheidung nochmals näher zu dieser Frage äußern wird.

 

Claudia Schoppen
Partnerin
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Essen
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