21.12.2017

Besondere Ausgleichsregelung: Unschöne Weihnachtsüberraschung

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21.12.2017

Besondere Ausgleichsregelung: Unschöne Weihnachtsüberraschung

Eine Weihnachtsüberraschung der unschönen Art erleben in diesen Tagen eine Reihe von stromkostenintensiven Unternehmen: Statt der beantragten Bescheide zur Begrenzung der EEG-Umlage für das Jahr 2018 wurden ihnen Anhörungsschreiben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mit der Ankündigung einer Ablehnung der Begrenzungsanträge zugestellt. Hintergrund sind wohl schwerpunktmäßige Prüfungen der Behörde im Zusammenhang mit Stromweiterleitungen und Werkverträgen sowie (verdeckten) Leiharbeitnehmerüberlassungen.

Zur Erinnerung: Nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EEG 2017 kommt es für die Begrenzung der EEG-Umlage auf die von einem Unternehmen selbst verbrauchte Strommenge an. Strom, der hingegen an selbständige dritte Unternehmen weitergeleitet und von diesen für eigene Zwecke verbraucht wird, kann nicht als eigene begrenzte Strommenge geltend gemacht werden. Virulent wurde diese Thematik vor wenigen Jahren mit der Einführung des Erfordernisses geeichter Stromzähler und den auch von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichte bestätigten Nachweiserfordernissen. Das BAFA hat hierzu ein eigenes Hinweisblatt herausgegeben. In diesem unterscheidet es zwischen Stromverbräuchen durch andere Unternehmen, die „für“ das begünstigte Unternehmen erfolgen, und solchen Weiterleitungen, bei denen der Strom durch selbständige Rechtsträger für eigene Zwecke verwendet wird. Letzterer kann im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung nicht berücksichtigt werden.

In der Praxis wirft dies immer wieder nur schwierig zu bewältigende Abgrenzungsfragen auf: Erfolgt der Stromverbrauch des von einem Dienstleister aufgestellten Getränkeautomaten noch ziemlich eindeutig „für“ das begünstigte Unternehmen und seine Mitarbeiter, wird es beim Einsatz von Fremdfirmen auf dem Unternehmensgelände deutlich unschärfer.

Hinzu kommt die durch § 64 Abs. 6 Nr. 2 EEG 2017 erfolgende Anordnung, bei der Ermittlung der Bruttowertschöpfung eines Unternehmens Personalkosten für Leiharbeitsverhältnisse nicht zu berücksichtigen. Personalkosten können sich erheblich auf die Bruttowertschöpfungsberechnung auswirken. Es liegt daher auf der Hand, daß ein Anreiz bestehen kann, offizielle Leiharbeitsverhältnisse zu vermeiden. Die konkreten Auswirkungen haben inzwischen aber wohl ein solches Ausmaß angenommen, daß sich das BAFA zu intensiveren Prüfungen dieser häufig auch von Beratern empfohlenen Modelle veranlaßt zu sehen scheint.

Welche konkreten Folgen ein Anhörungsverfahren des BAFA wahrscheinlich haben wird, läßt sich immer nur im Einzelfall sagen. In der Praxis erweisen sich aber häufig die langen Bearbeitungszeiten der Behörde als problematisch. Fälle, in denen mehrere Monate des laufenden Begrenzungsjahres bis zu einer Entscheidung über den Erlaß oder die Versagung der Begrenzung der EEG-Umlage ergehen, sind leider keine Seltenheit. Kommen dann noch ein Widerspruchs- und ein Klageverfahren hinzu, können zwei Jahre oder mehr vergehen. Während dieser Zeit muß das EVU an sich die EEG-Umlage in Rechnung stellen.

Es ist daher in jedem Fall zu empfehlen, die Anhörungsschreiben des BAFA sorgfältig und umfassend zu beantworten, um hierdurch möglichst weitere Rückfragen und Zeitverzögerungen zu vermeiden. Daß Unternehmen den Anwalt ihres Vertrauens um Rat fragen sollten, versteht sich ohnehin von selbst. In letzter Zeit nimmt dabei interessanterweise die Zahl der Fälle zu, in denen auch die Haftung von Beratern, deren Modelle behördlich nicht akzeptiert werden, eine Rolle spielt. Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit unsorgfältigen Beratungsleistungen etwa durch Energieberater, Wirtschaftsprüfungs- und Unternehmensberatungsgesellschaften und auch Rechtsanwälte sind in der Tat denkbar. In der Praxis werden sie inzwischen auch gegen die „Big Four“ geltend gemacht – etwa, wenn sich ein Steuerberater im Dickicht des Umweltenergierechts und des Verwaltungsverfahrensrechts verirrt und die Komplexität der Vorgaben des EEG unterschätzt hat.

 

Dr. Stefan Altenschmidt, LL.M. (Nottingham)
Partner
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Düsseldorf
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