13.03.2017

Ab 2018: Ad-hoc Publizitätspflichten für Teilnehmer am Emissionshandel

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13.03.2017

Ab 2018: Ad-hoc Publizitätspflichten für Teilnehmer am Emissionshandel

Das neue Marktmissbrauchsregime für Finanzmärkte hat auch ad-hoc-Veröffentlichungspflichten für große Anlagen- und Luftverkehrsbetreiber im EU-Emissionshandelssystem zur Folge. Am 3. Januar 2018 treten die Richtlinie für Finanzinstrumente (MiFID) und die begleitende Verordnung (MiFIR) in Kraft, die Wertpapierdienstleistungen und die Finanzmärkte weiter regulieren. Sie umfassen nun auch Emissionszertifikate. Diese Regelungen werden noch durch die Marktmissbrauchsverordnung (EU) 596/2014 (MAR) ergänzt, die zum Schutz der Marktintegrität unter anderem Regelungen gegen Marktmanipulationen und Insiderhandel vorsieht.

Wer ist betroffen?

Die Veröffentlichungspflicht für Insiderinformationen gemäß Art. 17 MAR gilt für Teilnehmer am Markt für Emissionshandel nach der Richtlinie 2003/87/EG und bezieht sich auf kursrelevante anlage- bzw. luftverkehrsbezogene Geschäftstätigkeiten. Dabei sind nur die Betreiber von Luftverkehrstätigkeiten oder Anlagen betroffen, deren Emissionen eine Kohlendioxid­äquivalent-Mindestschwelle von 6 Millionen t pro Jahr und, sofern dort eine Verbrennung erfolgt, deren thermische Nennleistung die Mindestschwelle von 2.430 MW überschreitet. Bei der Ermittlung dieser Schwellenwerte kommt es auf eine Konzernbetrachtung an. Damit wird der Kreis der betroffenen Markteilnehmer – nach Schätzungen des Umweltbundesamtes EU-weit rund 70 Unternehmen – auf solche Akteure begrenzt, von denen anzunehmen ist, dass sie den Preis von Emissionszertifikaten und hiermit verbundenen Finanzinstrumenten erheblich beeinflussen können.

Was sind Insiderinformationen?

Als Insiderinformationen gelten nach der Definition in Art. 7 MAR „in Bezug auf Emissionszertifikate oder darauf beruhende Auktionsobjekte nicht öffentlich bekannte präzise Informationen, die direkt oder indirekt ein oder mehrere Finanzinstrumente dieser Art betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder damit verbundener derivative Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen.“

Die Offenlegungspflicht bezieht sich bei Teilnehmern am Emissionshandel auf die physischen (Betreiber-)Aktivitäten des verpflichteten Akteurs, betrifft aber nicht eigene Strategien oder Pläne zum Handel mit Emissionszertifikaten. Explizit benennt die MAR für Anlagen die für deren Kapazität und Nutzung erheblichen Informationen, darunter die geplante oder ungeplante Nichtverfügbarkeit dieser Anlagen (bspw. Stilllegung oder teilweise Betriebseinstellung).

Wie sind die Informationen zu veröffentlichen?

Die Informationen sind nach den Regelungen der Marktmissbrauchsverordnung öffentlich, wirksam und rechtzeitig bekannt zu geben, um einen unionsweit gleichberechtigten Zugang seitens der Anleger zu ermöglichen. Die technischen Mittel der angemessenen Bekanntgabe werden in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2016/1055 vom 29. Juni 2016 konkretisiert. Dort wird zugleich festgelegt, dass die Veröffentlichungspflicht als erfüllt gilt, wenn im Wesentlichen inhaltsgleiche Insiderinformationen nach der REMIT-Verordnung (EU) 1227/2011 bekannt zu geben sind, die Bekanntgabe auf einer dafür vorgesehenen Informationsplattform erfolgt und gewährleistet ist, dass die Information an die einschlägigen Medien übermittelt wird.

Praxistipp
Die europäische Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden – ACER – führt für die Veröffentlichungspflichten nach der REMIT-Verordnung auf ihrer Internetpräsenz eine Liste mit geeigneten Informationsplattformen. Hierzu gehört etwa die EEX-Transparenzplattform.

Welche weiteren Pflichten existieren?

Die betroffenen Akteure sind gemäß Art. 18 MAR auch verpflichtet, sog. Insiderlisten mit allen Personen zu führen, die Zugang zu Insiderinformationen haben. Dies betrifft Angestellte ebenso wie externe Berater (Rechtsanwälte, Steuerberater, Unternehmensberater etc.), Buchhalter oder Ratingagenturen. Die Insiderliste ist auf Anfrage an die zuständige Behörde zu übermitteln.

Ferner besteht für Personen, die bei dem Teilnehmer am Emissionsmarkt Führungsaufgaben wahrnehmen, sowie in enger Beziehung zu ihnen stehende Personen eine Meldepflicht für Eigengeschäfte mit Emissionszertifikaten und diesbezüglichen Auktionsobjekten oder Derivaten (sog. Directors‘ Dealings). Das Eigengeschäft ist dem Teilnehmer am Emissionszertifikatemarkt zu melden, der seinerseits verpflichtet ist, die Information zu veröffentlichen. Darüber hinaus besteht für den Eigengeschäftsführer eine Meldepflicht gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

Welche Sanktionen drohen bei Pflichtverstößen?

Bei Verstößen gegen die vorgenannten Pflichten drohen Sanktionen und Bußgelder in Millionenhöhe. Die BaFin kann natürlichen Personen für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren untersagen, Geschäfte für eigene Rechnung mit Emissionszertifikaten und hierauf beruhenden Auktionsobjekten einzugehen. Hinzu kommt der „Internetpranger“: Die BaFin muss Maßnahmen und Sanktionen, die wegen Verstößen gegen die vorgenannten Pflichten verhängt werden, auf ihrer Internetseite veröffentlichen.

Wie können sich Unternehmen und Verantwortliche schützen?

Die Veröffentlichungs- und Meldepflichten, die ab 2018 für die betroffenen Akteure greifen, sind komplex. Diese Unternehmen werden im Laufe des Jahres 2017 Compliance-Strukturen etablieren bzw. die neuen Pflichten zusätzlich berücksichtigen müssen. Die Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH berät und unterstützt Sie umfassend bei der Identifizierung und Sicherstellung des rechtlichen Pflichtenprogramms in Ihrem Unternehmen. Ebenso bietet sie einen kostenlosen Workshop vor Ort zu den neuen Pflichten nach der Marktmissbrauchsverordnung an. Zu dem Workshop können Sie sich anmelden unter Workshop-MAR@luther-lawfirm.com.

 

Dr. Stefan Altenschmidt, LL.M. (Nottingham)
Partner
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Düsseldorf
Telefon +49 211 5660 18737
stefan.altenschmidt@luther-lawfirm.com

 

 

Ingo Wegerich
Partner
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Frankfurt a.M.
Telefon +49 69 27229 24875
ingo.wegerich@luther-lawfirm.com

 

 

Dr. Gernot-Rüdiger Engel
Partner
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Hamburg
Telefon +49 40 18067 16639
gernot.engel@luther-lawfirm.com

 

Philipp-Alexander Schütter
Senior Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Düsseldorf
Telefon +49 211 5660 18737
philipp-alexander.schuetter@luther-lawfirm.com

 

 

André Röhrle
LL.M. (Aberdeen)
Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Frankfurt a.M.
Telefon +49 69 27229 24624
andre.roehrle@luther-lawfirm.com