„Der Umgang mit Menschen aus anderen Disziplinen ist immer bereichernd“ - Interview mit Dr. Louisa Kimmig

Dr. Louisa Kimmig ist als Rechtsanwältin im Berliner Standort von Luther beschäftigt. Sie berät Unternehmen in den Bereichen Compliance sowie Corporate M&A. Sie promovierte im Themenbereich Kulturgutschutzgesetz. Im Interview berichtet Sie über wie Kulturgüter & Rechtsprechung zusammenwirken, über Ihren Einstieg & Arbeitsalltag bei Luther und welche Berliner Künstlerinnen man auf jeden Fall in den Blick nehmen sollte.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag bei Luther aus? Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich überwiegend?

Das Berliner Corporate Team ist thematisch sehr breit aufgestellt. Die Tätigkeitsfelder der Partner Prof. Dr. Jörg Rodewald, Andreas Tüxen und Dr. Christian Horn unterscheiden sich sehr. Dies bereichert meinen beruflichen Alltag unheimlich und macht ihn abwechslungsreich. Neben notariellen Vorarbeiten für Andreas Tüxen und der Begleitung von Transaktionen mit Dr. Christian Horn liegt mein Fokus auf allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen und der Beratung im Bereich Compliance, gemeinsam mit Prof. Jörg Rodewald.  

Und wie sind Sie nach Ihrem Studium & Referendariat zu Luther gekommen?

Nach dem Zweiten Examen hatte ich mich bei verschiedenen Kanzleien, aber auch Unternehmen beworben. Die Entscheidung für Luther traf ich aus einem Bauchgefühl heraus. Obwohl ich damals nicht beurteilen konnte, ob man als Team funktioniert, ging ich mit dem Eindruck aus den Gesprächen mit Prof. Jörg Rodewald und Andreas Tüxen, dass es auf einer persönlichen Ebene passt. Dieser Eindruck hat sich in den vergangenen zwei Jahren auf jeden Fall weiter bestätigt. Das Corporate Team in Berlin, zu dem auch Dr. Christian Horn, Dr. Moritz Mentzel und Anton Spinty, aber auch die Assistenz und das Notariat von Andreas Tüxen gehören, besteht aus sehr fähigen Rechtsanwälten, Notaren und Mitarbeitenden. Es sind Menschen, mit denen man einfach gerne den Berufsalltag verbringt.

Neben Ihrem Berufseinstieg haben Sie Ihre Promotion verfolgt. Aus welchem Grund haben Sie sich dazu entschieden?

Während meines Ersten Staatsexamens begangen die Vorarbeiten für das Kulturgutschutzgesetz. Mächtige Lobbygruppen wie etwa der Kunsthandel, die Galerien und die Kunstsammler setzten sich während des Gesetzgebungsverfahrens lautstark und medienwirksam gegen das Inkrafttreten des Gesetzes ein. Seinerzeit wurde viel über die Zielrichtung des Gesetzes diskutiert. Ich weiß, dass das etwas geekig klingt, aber ich konnte mein Glück kaum fassen, als ich ahnte, dass ich die Disziplin Jura mit meiner Leidenschaft für Kunst verknüpfen könnte. Ich recherchierte nach möglichen Promotionsbetreuern, die in diesem Bereich, der völkerrechtlich geprägt ist, tätig sind und bin so auf meine Doktormutter, Prof. von der Decken, gestoßen. So fing alles an und brachte den Stein ins Rollen.

Wie haben Sie Berufsalltag und Ihr Dissertationsvorhaben vereint und umgesetzt?

Ich hatte meine Dissertation bereits vor dem Einstieg bei Luther bei meiner Doktormutter eingereicht. Nachdem die Arbeit dann erste Korrekturschleifen gelaufen ist, beschränkte sich die tatsächliche Überschneidung auf einige Ergänzungen, redaktionelle Überarbeitungen und die Vorbereitung auf das Rigorosum. Dies erforderte den Arbeitseinsatz an einigen Wochenenden; zugegeben, das war etwas mühsam, jedoch gerade auf der Zielgeraden zu verschmerzen.

Im Rahmen ihrer Promotion haben Sie sich vertieft mit dem Kulturgutschutzgesetz auseinandergesetzt. Können Sie in wenigen Sätzen erläutern, womit Sie sich beschäftigt haben und was Sie rausgefunden haben?

Das Kulturgutschutzgesetz regelt die Ein- und Ausfuhr von Kulturgütern, ihr Inverkehrbringen, ihren Schutz vor Abwanderung und ihre Rückgabe an Herkunftsstaaten nach unrechtmäßiger Ausfuhr. Der Fokus meiner Untersuchungen lag auf dem Abwanderungsschutz. Im Einzelnen ging es um den Schutz national wertvoller Kulturgüter. Solche Objekte werden in Deutschland - wie auch in vielen anderen europäischen Staaten, aber auch weltweit -  besonders geschützt. National wertvolles Kulturgut darf in der Regel nicht aus Deutschland ausgeführt werden. Die Kriterien für die Einordnung als national wertvolles Kulturgut änderten sich mit dem Kulturgutschutzgesetz des Jahres. Meine Untersuchungen fokussierten sich auf diese Einordnungskriterien, also die Frage, wann ein Kulturgut als national wertvoll eingeordnet werden kann. Mit den neuen Unterschutzstellungskriterien wurde die Rechtsprechung und bestehende Unterschutzstellungspraxis in eine etwas verklausulierte Vorschrift gegossen. Zu den zuletzt als national wertvoll eingestuften Objekten gehört beispielsweise die Urschrift der Verfassung des Landes Rheinland-Pfalz. National wertvolle Kulturgüter sind aber auch das Handexemplar der Märchen der Brüder Grimm, eine Gutenberg-Bibel oder verschiedene Tafelmalereien von Albrecht Dürer.

Was würden Sie Personen raten, die überlegen ebenfalls zu promovieren?

Ich kann alle Promotionswilligen nur motivieren, ein Thema zu wählen, für das man ein Interesse mitbringt; anderenfalls kann das Promotionsvorhaben sehr beschwerlich werden. Bei Durststrecken hilft es, wenn man intrinsisch motiviert ist und immer wieder neu ansetzen kann. Hierfür ist ein echtes Interesse am Thema zwar nicht erforderlich, zweifelsohne jedoch hilfreich.

Warum ist der Kunstbereich aus rechtlicher Sicht so wichtig?

Über das Kunstrecht können interessante Mandate akquiriert werden. Es handelt sich um ein prestigeträchtiges Nischenthema, das für Wirtschaftskanzleien in der Regel ein Aushängeschild ist. An die kunstrechtliche Beratung können sich weitere Beratungstätigkeiten anschließen; insofern ist das Kunstrecht, bzw. die Etablierung eines Art Desks für Wirtschaftskanzleien auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht uninteressant. Gerade im Bereich Private Clients können sich an eine kunstrechtliche Mandatierung Beauftragungen etwa im Bereich Gesellschafts-, Stiftungs- oder Erbrecht anschließen.

Welchen Nutzen können Sie aus ihrem Engagement im Kunstrecht in Ihrem beruflichen Alltag ziehen?

Der Umgang mit Menschen aus anderen Disziplinen ist immer bereichernd. Künstler, Sammlerinnen, Galeristen pflegen einen anderen Alltag als wir Rechtsanwältinnen und Rechtsanwältee. In der Kunst geht es häufig um existenzielle Themen, aber auch um Themen aus dem Leben, um zwischenmenschliche Beziehungen. Die Beschäftigung hiermit erweitert den Horizont, holt einen auf den Boden der Tatsachen zurück und tut gut.

Zu guter Letzt: Wer ist Ihr liebster Künstler oder Ihre liebste Künstlerin?

Mark Rothko. Ein absoluter Klassiker, ich weiß. Ich erinnere mich noch, als ich zum ersten Mal eine Arbeit von ihm in der Fondation Beyeler bei Basel sah. Die Farbflächen ziehen einen in das Bild hinein.

Als Wahlberlinerin möchte ich allerdings jedem die Arbeiten von Katharina Grosse und Anne Imhof -  beide ebenfalls Wahlberlinerinnen - ans Herz legen. Bei ihren Arbeiten handelt es sich um Raum- und Landschaftsinstallationen und Choreografien. Beide Künstlerinnen prägen mit ihren Arbeiten einen erweiterten Kunstbegriff und schaffen relevante zeitgenössische Kunstpositionen der westlichen Welt. Man muss nichts von Kunst verstehen, um sich von ihren Arbeiten in den Bann ziehen zu lassen.

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