Ist die Partnerschaft in einer Großkanzlei heutzutage ein erstrebenswertes Ziel? - Interview mit Dianusch Nazari

Dianusch Nazari ist als Rechtsanwältin im Bereich Immobilienwirtschaftsrech am Frankfurter Standort von Luther tätig. Im Beck'schen Referendarführer schreibt sie über ihre Arbeit im Immobilienwirtschaftsrecht, ihren Karriereweg zur Partnerin und welche Vorteile eine Großkanzlei so bietet.

Den Originalartikel ist unter folgendem Link abzurufen: Referendariatsführer 2023 (beck.de)

Während ich diese Zeilen schreibe, bin ich seit nicht mal einem Jahr Partnerinam Frankfurter Standort der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Ich arbeite schon lange in Großkanzleien, immer im Bereich Immobilienwirtschaftsrecht und habe sowohl deutsche als auch internationale Großkanzleien von innen gesehen. Ich kann und will weder behaupten, dass es immer mein Ziel war, Partnerin zu werden, noch dass ich dieses Ziel auf direktem Wege erreicht hätte. Seit ich meinen Sohn bekommen habe, arbeite ich in Teilzeit. Lange Jahre war ich alleinerziehend, was per se schon herausfordernd ist, insbesondere aber, wenn der Job so anspruchsvoll ist wie in einer Großkanzlei. Zeitmanagement ist da eine Schlüsselqualifikation, aber es bedarf auch einer gewissen Frustrationstoleranz.

Warum überhaupt Großkanzlei?

Aus heutiger Sicht möchte ich aktuelle und künftige Referendare – und insbesondere Referendarinnen – dazu ermutigen, den Schritt in die Großkanzlei zu wagen. Auch Großkanzleien haben längst erkannt, dass sie aus ureigenem Interesse mehr Frauen auch in der Partnerschaft benötigen. Und die Kanzleien-Landschaft wandelt sich nicht nur in diesem Punkt. Alle Kanzleien wetteifern um die jungen Talente und sind dabei mit dem Selbstverständnis der Generation Z konfrontiert. Seit meinem Berufseinstieg hat sich einiges getan. Die Flexibilität, die einem die Arbeit in einer Großkanzlei abverlangt, ist auch ein Vorteil, den man für sich nutzen kann. Natürlich gibt es Fristen und sonstige Deadlines, die eingehalten werden müssen. Aber grundsätzlich übt man als Anwalt auch in einer Großkanzlei einen freien Beruf aus und man hat, anders als ein Einzelanwalt, ein Team um sich, in dem Aufgaben aufgeteilt werden können. Wer neben der fachlichen Kompetenz auch kommunikative Fähigkeiten, Teamgeist, und eine gewisse Portion Mut und Selbstbewusstsein aufbringt, wird mit einer unglaublich abwechslungsreichen und spannenden Tätigkeit belohnt. Großkanzleien bieten jedem, der sich einbringt, erstaunliche Entwicklungschancen und die Möglichkeit zu einem hohen Grad an Spezialisierung. Neben fachlichen Fortbildungen und Seminaren zu Softskills wie Verhandlungs- oder Kommunikationstrainings, besteht die Möglichkeit zum Erwerb eines Fachanwaltstitels oder – wie in meinem Fall – dem Ablegen der Notarprüfung. Im Rahmen des Luther Digital Education & Experience Program (kurz DEEP) werden interessierte Anwälte mit dem notwendigen Wissen versorgt, um im Kontext der tiefgreifenden Veränderungen und Herausforderungen der digitalen Transformation neue Beratungsansätze zu entwickeln.

Immobilienwirtschaftsrecht in der Praxis

In meinem Bereich, dem Immobilienwirtschaftsrecht, sind die Themen, mit denen ich tagtäglich zu tun habe, meist nah am täglichen Leben verortet. Inhaltlich geht es hauptsächlich um gewerbliche Mietverträge für bereits errichtete oder noch im Bau befindliche Objekte, den Kauf und Verkauf von Immobilien und allgemeine Fragestellungen zur Verwaltung einer Immobilie. Dabei stellen gesellschaftsrechtliche Strukturen und die Konzernvorgaben der Mandanten einen internationalen Bezug her. Aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen führen dazu, dass wir immer wieder mit vollkommen neuen Fragestellungen konfrontiert sind, wie beispielsweise:

  • Welche Rechte hat ein Mieter gegenüber seinem Vermieter, wenn es zu einer Brennstoffknappheit kommen sollte?

  • Was muss ich als Eigentümer beachten, wenn ich meine Immobilie mit einer Photovoltaik-Anlage ausstatten möchte?

Im Immobilienwirtschaftsrecht wird viel verhandelt und wenig vor Gericht ausgefochten. Als Anwalt hat man hier einen erheblichen Einfluss auf das Verhandlungsergebnis. Ich habe häufig die Chance, gestalterisch tätig zu werden und es macht große Freude, eine verfahrene Situation durch einen kreativen Ansatz zu einer Lösung zu bringen. Die Industriegruppe Real Estate & Infrastructure von Luther besteht aus mehr als 70 Anwälten in Deutschland, die fachlich alle Bereiche und Themen rund um die Immobilie abdecken und über unsere deutschen Standorte verteilt sind. Ein Hauptgrund, weshalb mir meine Tätigkeit bei Luther so viel Spaß macht, sind eben jene Kollegen. Wir sind ein gut vernetztes Team, das eng zusammenarbeitet, in dem Expertise auch zu sehr speziellen Fragestellungen vorhanden ist und bereitwillig geteilt wird.

Warum Partner?

Zugegeben: Fachliche Herausforderungen, eine abwechslungsreiche und verantwortungsvolle Tätigkeit und ausreichend To Do’s zum Jonglieren hat jeder Anwalt in einer Großkanzlei. Warum also versuchen, die vielzitierte »Extrameile« zu gehen und sich daneben auch noch die administrative Mehrarbeit aufladen, die mit der Rolle eines Partners verbunden ist? Meine ganz persönliche Antwort lautet:

Weil es mehr Spaß macht!

Es ist befriedigend, in Kanzleientscheidungen eingebunden zu sein und so ein Stück weit die Zukunft mitzugestalten. Unternehmerisches und zukunftsorientiertes Denken sind gefragt und man hat die volle Verantwortung für die Pflege und den Aufbau des eigenen Mandantenstammes.

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