18.05.2017

Geplantes Wettbewerbsregister als schwarze Liste in Vergabeverfahren

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Hintergrund

18.05.2017

Geplantes Wettbewerbsregister als schwarze Liste in Vergabeverfahren

Durch Wirtschaftskriminalität entstehen jährlich Schäden in Milliardenhöhe. Allein in Deutschland betrug der Schaden 2015 rund 2,9 Milliarden Euro (vgl. Parlamentsnachricht des Deutschen Bundestags vom 25. April 2017). Ein nicht unerheblicher Anteil entfällt hierbei auf Vermögensdelikte im Rahmen öffentlicher Vergabeverfahren.

Prüfungspflicht öffentlicher Auftraggeber

Um derartige Straftaten zu verhindern, sind öffentliche Auftraggeber verpflichtet, vor der Zuschlagserteilung die Eignung der infrage kommenden Bewerber zu prüfen. Eine solche Prüfung gestaltet sich praktisch allerdings schwierig, da regelmäßig keine hinreichend zugänglichen Daten über das Fehlverhalten einzelner Unternehmen vorliegen.

Transparenz durch Wettbewerbsregister

Als Reaktion auf diese faktischen Unzulänglichkeiten ist die Einführung eines sogenannten „Wettbewerbsregisters“ geplant. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat die Bundesregierung im April 2017 vorgelegt. Dieser sieht vor, dass Unternehmen, zu denen Erkenntnisse über ihnen zuzurechnende Straftaten oder andere schwerwiegende Rechtsverstöße vorliegen, in ein Register einzutragen sind. Dementsprechend soll durch Artikel 1 ein Gesetz zur Einrichtung und zum Betrieb eines Registers zum Schutz des Wettbewerbs um öffentliche Aufträge und Konzessionen (Wettbewerbsregistergesetz – WRegG) implementiert werden.

Kern des Gesetzesentwurfs

Gemäß § 1 WRegG-E soll das Register vom Bundeskartellamt und damit zentral für die gesamte Bundesrepublik geführt werden. Diese zentralistisch geprägte Herangehensweise geht auf den ausdrücklichen Wunsch der Landesvertreter zurück (vgl. die Beschlüsse der Justizministerkonferenz am 25./26. Juni 2014 in Binz und der Wirtschaftsministerkonferenz am 10./11. Dezember 2014 in Stralsund).

§ 2 WRegG-E bestimmt, dass strafgerichtliche Verurteilungen und Strafbefehle, insbesondere wegen der in § 123 Abs. 1 GWB genannten Straftaten, in das Register einzutragen sind. Beispielhaft genannt seien hier Betrug, Geldwäsche, Bestechung oder die Bildung krimineller Vereinigungen. Auch bestandskräftige Bußgeldentscheidungen, die auf Verstößen gegen arbeitsrechtliche Vorschriften beruhen, müssen eingetragen werden.

Hinzukommen muss nach § 2 Abs. 3 WRegG-E jedoch, dass das sanktionierte Verhalten einer natürlichen Person dem betreffenden Unternehmen zuzurechnen ist. Das ist der Fall, wenn die natürliche Person als für die Leitung des Unternehmens Verantwortlicher gehandelt hat. Zu dem Verantwortungsbereich gehört auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung.

Einen öffentlichen Auftraggeber (§ 99 GWB) trifft gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 WRegG-E die Pflicht, vor der Erteilung des Zuschlags in einem Vergabeverfahren mit einem geschätzten Auftragswert ab 30 000 Euro ohne Umsatzsteuer bei der Registerbehörde abzufragen, ob im Wettbewerbsregister Eintragungen zu dem favorisierten Bieter gespeichert sind. Im Falle eines Eintrags entscheidet der Auftraggeber nach Maßgabe der vergaberechtlichen Vorschriften in eigener Verantwortung über den Ausschluss eines Unternehmens von der Teilnahme an dem Vergabeverfahren (§ 6 Abs. 5 S. 1 WRegG-E). Zu beachten sind allerdings die zwingenden Ausschlussgründe nach § 123 GWB. Um ein stets aktuelles Register zu gewährleisten, normiert § 4 WRegG-E eine entsprechende Mitteilungspflicht der Strafverfolgungsbehörden sowie der Behörden, die zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten berufen sind.

Die Eintragungen werden gemäß § 7 WRegG-E nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums gelöscht. Eintragungen über Bußgeldentscheidungen sind spätestens nach drei Jahren ab dem Erlass der Bußgeldentscheidung zu löschen. Die Löschung von Eintragungen über Straftaten erfolgt spätestens nach Ablauf von fünf Jahren ab dem Tag der Rechts- oder Bestandskraft der Entscheidung. Darüber hinaus ist ein Antrag auf vorzeitige Löschung wegen sog. Selbstreinigung möglich (§ 8 WRegG-E). Nach der Löschung darf die der Eintragung zugrundeliegende Straftat oder Ordnungswidrigkeit in Vergabeverfahren nicht mehr zum Nachteil des betroffenen Unternehmens verwertet werden.

Rechtsschutzmöglichkeiten

Will ein betroffenes Unternehmen die Entscheidung der Registerbehörde nicht hinnehmen, soll ihm gemäß § 11 WRegG-E ein Sonderrechtsweg offenstehen. Danach ist die Beschwerde beim gemäß § 171 GWB für Vergabesachen zuständigen Oberlandesgericht zulässig. Der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht ist hierdurch verdrängt. Auf diese Weise kann auf die Expertise der Vergabesenate zurückgegriffen werden. Zur Verfahrensbeschleunigung ist zudem vorgesehen, dass die Entscheidung über die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung ergehen kann, es sei denn ein Beteiligter beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 11 Abs. 3 WRegG-E).

Wird die Beschwerde des Unternehmens zurückgewiesen, sollen infolgedessen eingelegte Rechtsmittel ohne direkte Auswirkungen – das heißt vor allem ohne aufschiebende Wirkung – bleiben, um schwebende Vergabeverfahren nicht zu beeinträchtigen.

Die Einführung eines zentralen und umfangreichen Wettbewerbsregisters stellt einen wichtigen Schritt dar, um Missbräuchen im Zuge von Vergabeverfahren vorzubeugen. Der Schluss vom vergangenen Verhalten der Bewerber auf deren zukünftiges Betragen erscheint als einzig sachgerechte Lösung. Hieraus entstehenden Härten sowie dem Rehabilitationsbedürfnis delinquenter Unternehmen wird durch die Löschungs- und Rechtsschutzmöglichkeiten hinreichend begegnet.

 

 

Ulf-Dieter Pape
Partner
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Simon Heetkamp
Associate
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