09.06.2023

OLG München: Zum Mangel einer Software bei fehlender Funktionsfähigkeit auf einzelnen Betriebssystemen

Hintergrund

Erwirbt eine Person oder ein Unternehmen eine Software, stellt sich nicht selten die Frage nach der zu gewährleistenden Beschaffenheit einer Software. Die Beschaffenheit wird meistens in Verträgen festgelegt, jedoch ist dies gesetzlichen Grenzen unterzogen. Besondere Bedeutung kann dabei dem Aspekt zukommen, ob eine Software in Kombination mit einem bestimmten Betriebssystem funktionsfähig ist. Das OLG München hatte in einem aktuellen Verfahren zu entscheiden, ob die fehlende Funktionsfähigkeit auf dem Betriebssystem des Kunden einen Sachmangel im Sinne des § 434 BGB bedeutet.

Sachverhalt

Die Klägerin des Rechtsstreits vor dem OLG München (OLG München, Urt. v. 17.11.2021 – 7 U 5822/20 = MMR 2022, 216) ist ein Unternehmen, welches Software unterschiedlicher Softwareanbieter vertreibt. Die Beklagte ist ein Unternehmen in der Immobilienbranche. In einer Online-Präsentation stellte die Klägerin der Beklagten eine Software zur Immobilienverwaltung vor. Im Anschluss schrieb die Klägerin der Beklagten ein Angebot für die zeitlich unbegrenzte Überlassung der Software („Softwarekauf“). Im Angebot befand sich auf der letzten Seite der Hinweis, dass die Software nur mit bestimmten Server Betriebssystemen von Microsoft verwendet werden kann.

Die Beklagte, welche ausschließlich Apple Geräte (Betriebssystem MacOS) verwendet, rügte gegenüber der Klägerin, dass die Software bei ihr nicht funktionstüchtig sei und erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin nun die Erfüllung ihrer Forderung auf Kaufpreiszahlung für die Software. Die Beklagte behauptete, dass die Klägerin ihr in einer – unstreitig durchgeführten – Online-Präsentation zugesichert habe, dass die Software auch auf dem Betriebssystem MacOS liefe.

Das Landgericht gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung des Kaufpreises. Hiergegen legte die Beklagte Berufung ein.

Zur Behauptung, dass Software grundsätzlich unter allen gängigen Betriebssystemen liefe, beantragte die Beklagte die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Entscheidung

Das OLG München wies die Berufung der Beklagten im Wesentlichen zurück.

Die Beklagte sei von Ihrer Zahlungspflicht durch ihre Rücktrittserklärung nicht befreit worden, da es einem wirksamen Rücktritt bereits an einem Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB a.F. fehle.

 

I. Keine Beschaffenheitsvereinbarung

Zum einen sei keine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. geschlossen worden.

Von der Behauptung der Beklagten, dass die Klägerin ihr in der Online-Präsentation zugesichert habe, dass die Software auf dem Betriebssystem MacOS liefe, konnte sich das Gericht nicht überzeugen.

In den hierzu vom Gericht erhobene Zeugenaussage ergab sich lediglich die Behauptung seitens der von der Beklagten benannten Zeugen, dass Vertreter der Klägerin angegeben hätten, dass in Kürze ein Zusatzmodul erhältlich sei, wodurch die Software auch auf MacOS betriebsfähig sei. Nach Ansicht des Gerichts ließ sich hieraus bereits kein Versprechen einer Beschaffenheit herleiten.

Demgegenüber verwies das Gericht ausdrücklich auf den Zusatzhinweis aus dem Angebot, in dem auf die kompatiblen Betriebssysteme hingewiesen wurde.

​​​​​​​II. Eignung zur im Vertrag vorausgesetzten Verwendung

Es liege auch kein Sachmangel nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB a.F. vor.

So eigne sich die Software für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung. Dabei gehe es um die konkrete Nutzung der Kaufsache durch den Käufer, die die Parteien zwar nicht vereinbart, aber übereinstimmend unterstellt haben. Bei der Ermittlung dieser Verwendung seien neben dem Vertragsinhalt die Gesamtumstände des Vertragsabschlusses heranzuziehen. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB a.F. ziele mit dem Merkmal der „nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung“ nicht auf konkrete Eigenschaften der Kaufsache ab, die sich der Käufer vorstellt, sondern darauf, ob die Sache für die dem Verkäufer erkennbare Verwendung (Nutzungsart) durch den Käufer geeignet sei (BGH, Urt. v. 20.03.2019 - VIII ZR 213/18, Rn. 25 f.).

Zweck der Verwendung sei der Einsatz für die Immobilienverwaltung gewesen. Eine fehlende Eignung der Software habe die Beklagte nicht vorgetragen. Die Verwendung auf dem Betriebssystem MacOS sei demgegenüber eine konkrete Eigenschaft, die sich die Beklagte vorgestellt habe. Allerdings sei diese nicht im Verwendungszweck enthalten gewesen.

​​​​​​​III. Eignung zur gewöhnlichen Verwendung

Die Software sei auch nicht nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB a.F. mangelhaft gewesen, da sie sich für die gewöhnliche Verwendung eigne und eine Beschaffenheit aufweise, die bei Sachen der gleichen Art üblich sei und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten könne.

Die Software eigne sich bereits für die gewöhnliche Verwendung, da sie für den Zweck der Nutzung, die Immobilienverwaltung, brauchbar sei.

Die Software weise auch die übliche Beschaffenheit auf, die ein Käufer erwarten könne. Dem Gericht sei aus jahrelanger Befassung mit Streitigkeiten im Softwarebereich bekannt, dass die Funktionsfähigkeit einer Software auf allen gängigen Betriebssystemen nicht üblich sei. Aufgrund eigener Sachkunde des Gerichts bedürfe es daher des von der Beklagten beantragten Sachverständigenbeweises nicht.

Unser Kommentar

Die Entscheidung des OLG München ist grundsätzlich zu begrüßen, da hierzu bislang keine gerichtliche Einordnung erfolgt war. Trotz der Neufassung des § 434 BGB zu Beginn des Jahres 2022 dürfte diese Einordnung bis auf Weiteres Bestand haben. Es stellt demnach keinen Mangel dar, wenn eine Software nicht auf allen gängigen Betriebssystemen läuft. Die Software entspricht dem erwartbaren Zustand, wenn sie für ihren Zweck grundsätzlich geeignet ist. Es ist derweil nicht so, dass Software immer auf allen Betriebssystemen funktionsfähig ist. Aus diesem Grund kann der Käufer die Funktionsfähigkeit auf allen Betriebssystemen beim Softwarekauf nicht erwarten.

Außergewöhnlich ist die Feststellung des Gerichts aus eigener Sachkunde, dass Software üblicherweise nicht auf allen Betriebssystemen verwendbar ist und das Gericht hierzu auf die Erhebung eines Sachverständigenbeweises verzichtet hat.

Nach dem Urteil ist davon auszugehen, dass Käufer zukünftig nicht erwarten können, dass eine Software auf allen Betriebssystemen funktionsfähig ist. Dennoch ist weiterhin aus Gründen der Rechtssicherheit anzuraten Beschränkungen der Kompatibilität von Software mit bestimmten Betriebssystemen oder anderweitige Einschränkungen der Software in Leistungsbeschreibungen und Vertragsdokumenten hinreichend kenntlich zu machen.

Autor/in
Felix Hielscher

Felix Hielscher
Associate
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