Sorgfaltspflichten in Lieferketten

Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz) steht in den Startlöchern. Das Gesetz, das zum 1. Januar 2023 in Kraft tritt, dient dazu, den Schutz von Menschenrechten und Umweltbelangen in Lieferketten zu gewährleisten.

Auf eine Vielzahl von Unternehmen kommen nun weitreichende Verpflichtungen zu. Schon ab 2023 sollen Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern ihre Lieferanten und ihren eigenen Geschäftsbereich auf menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken kontrollieren und überwachen. Ab dem 1. Januar 2024 wird dieser Schwellenwert auf 1.000 Beschäftigte abgesenkt. Erlangen die erfassten Unternehmen Kenntnis von Verletzungen durch weiter entfernte Glieder ihrer Lieferkette („mittelbare Zulieferer“), treffen sie sogar Pflichten gegenüber Lieferanten, zu denen sie selbst keine direkten Geschäftsbeziehungen unterhalten. Große deutsche Unternehmen sollen sich so nach den Vorstellungen des Gesetzgebers in Deutschland und weltweit für eine Verbesserung der Menschenrechtslage einsetzen.

Zeitgleich wird in Brüssel ein Vorschlag der Europäischen Kommission für eine EU-Richtlinie über Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen beraten. Dieser sieht ebenfalls menschenrechtliche Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette vor und geht dabei über die neuen nationalen Vorgaben des deutschen Rechts hinaus. So sollen von der europäischen Regelung beispielsweise bereits Unternehmen mit 500 Mitarbeitern erfasst werden. In bestimmten, besonders ressourcenintensiven oder gefährdeten Branchen wie der Textilindustrie sind ab einem weltweiten Umsatz von EUR 40 Mio. schon 250 Mitarbeiter ausreichend, um unter die europäischen Sorgfaltspflichten zu fallen.

Für alle direkt Betroffenen ergeben sich damit vielfältige neue Verpflichtungen, die auch Auswirkungen auf deren Zulieferer und Geschäftspartner haben. Und auch Unternehmen, die noch nicht unter den Schwellenwert des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes fallen, können sich nicht in Sicherheit wiegen. Mit einer Verabschiedung der EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie wird in 2023 gerechnet.

Einleitung

Neue Rechtspflichten zur Verbesserung der Menschenrechtslage im In- und Ausland sowie der Umwelt sind ab dem Jahr 2023 von zahlreichen Unternehmen zu beachten. Verstöße hiergegen sind nach dem am 16. Juli 2021 verabschiedeten Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz („Lieferkettengesetz“) mit erheblichen Sanktionen bewehrt. Um diese zu vermeiden, müssen Unternehmen umfangreiche Compliance-Prozesse implementieren und organisationsbezogene Sorgfaltspflichten beachten. Durch mindestens jährliche Risikoanalysen müssen sie zudem prüfen, ob es in ihrem eigenen Geschäftsbereich oder bei ihren unmittelbaren Zulieferern entlang der Lieferkette (von der Rohstoffgewinnung bis zur Produktauslieferung an den Endkunden) menschenrechtliche Risiken gibt oder gar Menschenrechte bzw. bestimmte Umweltpflichten verletzt werden. Dies wird im Verhältnis zu Geschäftspartnern Anpassungen vertraglicher Grundlagen und von Einkaufsbedingungen erfordern. Die eigenen Mitarbeiter müssen zu den neuen Pflichten geschult werden.

Wann ist das Lieferkettengesetz zu beachten?

Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten („Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“) gilt ab dem Jahr 2023 für Unternehmen mit Hauptverwaltung, Haupt- oder Zweigniederlassung oder Sitz in Deutschland ab einer Größe von zunächst 3.000 Arbeitnehmern. Nach einer einjährigen Übergangsphase gilt es dann ab dem Jahr 2024 auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern. Spätestens mit dieser 2. Stufe sind dann mehrere Tausend in Deutschland ansässige Unternehmen vom Lieferkettengesetz unmittelbar oder mittelbar betroffen.

Ab 2023Unternehmen ab 3.000 Mitarbeiter
Ab 2024Unternehmen ab 1.000 Mitarbeiter

 

 

Im Gesetz ist zur Berechnung klargestellt worden, dass auch ins Ausland entsandte Arbeitnehmer bei der Berechnung zu berücksichtigen sind. Leiharbeitnehmer werden bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl des Entleihunternehmens berücksichtigt, wenn ihre Einsatzdauer sechs Monate übersteigt. Innerhalb von verbundenen Unternehmen im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes sind die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer sämtlicher konzernangehöriger Gesellschaften bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl der Obergesellschaft zu berücksichtigen.

Unabhängig von diesen gesetzlichen Kriterien ist in einzelnen Branchen bereits jetzt festzustellen, dass marktstarke Kunden ihre Lieferanten vertraglich dazu verpflichten wollen, die Verpflichtungen nach dem Lieferkettengesetz auch dann einzuhalten, wenn die Lieferanten aufgrund ihrer Unternehmensgröße dem Gesetz an sich gar nicht unterfallen würden. Dies führt dazu, dass auch solche kleineren oder mittelständischen Unternehmen, die nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz an sich (noch) nicht verpflichtet wären, sich dennoch an dessen Pflichten faktisch orientieren müssen. Nicht immer sind dabei die an die kleineren Unternehmen herangetragenen Forderungen sinnvoll, was Anlass für Verhandlungsprozesse über praktikablere Lösungen sein kann.

Welche Pflichten folgen aus dem Lieferkettengesetz?

Das Lieferkettengesetz richtet sich zunächst auf den Schutz der elementaren Menschenrechte und umweltbezogenen Pflichten. Konkret vorgegeben werden:

  • Eine aktive Risikoanalyse (§ 5), um die menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken im eigenen Geschäftsbereich sowie bei den unmittelbaren Zulieferern zu ermitteln. Insbesondere sind dabei u. a. zu beachten die Verbote der Kinder- und Zwangsarbeit, die Pflicht zur Gewährleistung der Arbeitssicherheit, die Einhaltung von Arbeitszeitvorgaben und die Pflicht zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns sowie die Koalitionsfreiheit. Die Unternehmen werden zur Beachtung der in dem Lieferkettengesetz festgelegten menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfalt im In- und Ausland und entlang der gesamten Lieferkette verpflichtet (§ 3 Abs. 1). Diese endet erst mit der Auslieferung des Produkts an den Endkunden, so dass auch die Zusammenarbeit mit Transportunternehmen und Paketdiensten von den menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten erfasst wird.
  • Nach § 4 des Gesetzes ist ein besonderes Risikomanagement einzurichten, um menschenrechtliche Risiken zu erkennen und Verletzungen geschützter Rechtspositionen oder umweltbezogener Pflichten vorzubeugen, sie zu beenden oder zu minimieren. Dieses Risikomanagement kann und sollte dabei mit dem gerade bei größeren Unternehmen bereits bestehenden Compliance-System verbunden werden, wobei es hier für die genaue Ausgestaltung – wie so oft – auf den konkreten Einzelfall ankommt. Wichtig ist dabei unabhängig von der genauen Ausgestaltung, die Zuständigkeit für das Risikomanagement klar zu regeln – das Gesetz sieht dafür die Benennung eines unternehmensinternen Menschenrechtsbeauftragten vor (§ 4 Abs. 3).
  • Dokumentations- und Berichtspflichten (§ 10): Die Erfüllung der nach diesem Gesetz vorgegebenen Sorgfaltspflichten ist unternehmensintern fortlaufend zu dokumentieren. Es ist zudem jährlich ein Bericht über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu erstellen und zu veröffentlichen.
  • Präventionsmaßnahmen (§ 6): Stellt ein Unternehmen im Rahmen der Risikoanalyse menschenrechtliche Risiken fest, muss es unverzüglich eine Grundsatzerklärung über seine Menschenrechtsstrategie abgeben. Es muss daneben angemessene Präventionsmaßnahmen ergreifen. Diese können auch in vertraglichen Vereinbarungen mit Lieferanten sowie in Schulungen von Mitarbeitern bestehen.
  • Unternehmensinternes Beschwerdeverfahren (§ 8): Jedes in den Anwendungsbereich des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes einbezogene Unternehmen muss ein (internes oder externes) Beschwerdeverfahren anbieten. Mitarbeiter und andere Betroffene entlang der Lieferkette sollen hierüber auf menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken sowie auf Verletzungen menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten hinweisen können.
  • Bei Feststellung einer bevorstehenden oder bereits eingetretenen Verletzung einer geschützten Rechtsposition im eigenen Geschäftsbereich oder der Lieferkette hat das betroffene Unternehmen unverzüglich angemessene Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, um diese Verletzung zu verhindern, zu beenden oder zu minimieren (§ 7). Hinsichtlich der konkreten Handlungspflichten wird unterschieden zwischen dem eigenen Geschäftsbereich, dem Bereich des unmittelbaren Zulieferers und dem Bereich von mittelbaren Zulieferern. Es gelten jeweils unterschiedliche Reaktionspflichten.
  • Im eigenen Geschäftsbereich muss die Abhilfemaßnahme zu einer Beendigung der Verletzung führen. Bei einer Verletzung durch den unmittelbaren Zulieferer ist auf ihn derart einzuwirken, dass diese Verletzung verhindert oder beendet wird. Als ultima ratio ist sogar der Abbruch der Geschäftsbeziehung geboten (§ 7 Abs. 3). Bei mittelbaren Zulieferern besteht im Falle der Erlangung einer substantiierten Kenntnis über eine mögliche Verletzung einer geschützten Rechtsposition oder einer umweltbezogenen Pflicht zukünftig die Vorgabe, unverzüglich eine Risikoanalyse durchzuführen, Präventionsmaßnahmen zu ergreifen und ein Konzept zur Vermeidung oder Minimierung der Verletzung einer geschützten Position zu erstellen und umzusetzen (§ 9  Abs. 3).
Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden?

Die grundlegende Sorgfaltspflicht des Lieferkettengesetzes ist die Einrichtung eines Risikomanagements. Unternehmen sollten deswegen möglichst frühzeitig die erforderlichen Prozesse aufsetzen, um die Vorgaben des Gesetzes vollumfänglich zu erfüllen.

Innerhalb des Unternehmens muss eine verantwortliche Person bestimmt werden, die den Umsetzungsaufwand und die unternehmensinternen Maßnahmen zur Verankerung und Kommunikation einer Menschenrechts- und Präventionsstrategie erarbeitet und bei Bedarf vorsorglich in dieser Hinsicht geschult wird.

Besonders wichtig ist die vertragliche Absicherung durch entsprechende Klauseln in den Lieferverträgen. Neben der Verpflichtung zur Einhaltung und vertraglichen Weiterreichung der Sorgfaltspflichten, soweit dies rechtlich geboten und sinnvoll sowie praktikabel ist, sollte an die Vereinbarung von Kündigungsrechten und Freistellungsansprüchen gedacht werden sowie an das Recht zur Auditierung aller Lieferantenbetriebe. Auch unabhängig von den Ergebnissen der Risikoanalyse ist die Erstellung eines Lieferanten-Verhaltenskodexes sowie eines Codes of Conduct für die eigenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sinnvoll. Zur Verifizierung und Kontrolle sollte die bestehende Praxis bei Geschäftspartnerprüfungen und im Lieferantenrisikomanagement genutzt werden. Ergänzend empfiehlt sich die Einschaltung von externen, unabhängigen Dritten zur Durchführung von Audits in der Lieferkette. Menschenrechtsverletzungen sind nicht selten mit Straftaten verbunden, was bei Lieferbeziehungen auch mit Geldwäscherisiken verbunden sein kann. Für in den Anwendungsbereich des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes einbezogene Unternehmen sollte daher eine Lieferanten-Due-Diligence Standard sein.

Soweit es um Sorgfaltspflichten im eigenen Geschäftsbetrieb geht, sollten Unternehmen ihre Prozesse im Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie im Qualitäts- und Umweltmanagement überprüfen und so ertüchtigen, dass diese auch die menschenrechts- und umweltbezogenen Anforderungen des Lieferkettengesetzes abdecken.

Schließlich ist ein Beschwerdeverfahren einzurichten, um sicherzustellen, dass Hinweise auf die Verletzung von Menschenrechten oder umweltrechtlicher Pflichten entgegengenommen werden können. Es wird sinnvoll sein, hierbei zugleich auch die demnächst anstehende Umsetzung des Whistleblower-Schutzes nach dem Hinweisgeberschutzgesetz zu berücksichtigen.

Integration in ein Compliance Management System

Die im Lieferkettengesetz festgelegten menschenrechts- und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten stellen eine Erweiterung der bereits bestehenden Compliance-Anforderungen dar. Unternehmen haben grundsätzlich die Verpflichtung, durch Einrichtung eines Compliance Management Systems (CMS) systematisch auf die Vermeidung von Rechts- und anderen Regelverstößen hinzuwirken.

Um Synergien zu schaffen, sollten die Maßnahmen zur Erfüllung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes bestmöglich in die vorhandenen Compliance Strukturen integriert werden. Dies gilt nicht nur für die geforderte Risikoanalyse und -steuerung, sondern vor allem für Präventionsmaßnahmen, wie etwa Schulungen und Kommunikationsmaßnahmen sowie Hinweisgebersysteme. Auch bei der Benennung eines sog. Menschenrechtsbeauftragten kann in der Regel auf die vorhandene Compliance Funktion zurückgegriffen werden. Auf diese Weise lassen sich auch Dokumentations- und Berichtsprozesse effizient gestalten, ggf. auch in Kombination mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Falls noch nicht vorhanden, sollten Unternehmen daher die Einführung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes zum Anlass nehmen, angemessene und wirksame Compliance Strukturen aufzubauen, die neben den menschenrechts- und umweltbezogenen Anforderungen auch andere relevante Rechtsrisiken absichern, wie etwa Korruption, Kartellrecht, Geldwäsche oder Exportkontrolle.

Synergien lassen sich in besonderem Maße bei der Integration von Präventions- und Kontrollmaßnahmen im Beschaffungsbereich erzielen. Die menschenrechts- und umweltbezogenen Anforderungen an Lieferanten und Dienstleister sollten in der Beschaffungsstrategie explizit formuliert und in allen relevanten Folgeprozessen konsequent umgesetzt werden. Hierzu gehören die Angebotsaufforderung, die Festlegung von Kriterien für die Lieferantenauswahl und deren Gewichtung bei der Auftragsvergabe. Wichtig dabei: Lieferant ist nicht nur der Zulieferer von Rohstoffen, sondern auch der Dienstleister und Berater sowie das Transportunternehmen, das ein Produkt an den Endkunden ausliefert.

Wir empfehlen Anpassungen in Lieferverträgen

Für eine rechtssichere Handhabung der neuen Sorgfaltspflichten müssen ggf. Ergänzungen in den Lieferantenverträgen vorgenommen werden.

Die Zulieferer der betroffenen Unternehmen müssen vertraglich dazu verpflichtet werden, in den Anwendungsbereich des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes einbezogene Unternehmen bei der Erfüllung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten zu unterstützen. Hierzu gehört auch die Verpflichtung zur Einhaltung der Vorgaben aus dem Lieferkettengesetz und einem „Code of Conduct“ des Unternehmens verpflichtet zu werden.

Wichtig ist zudem die Aufnahme umfassender Befugnisse zur Auditierung aller Lieferanten, durch eigene Mitarbeiter oder – wie dies zukünftig häufig der Fall sein dürfte – durch externe und unabhängige Dritte.

Außerdem sollte im Vertragstext konkretisiert werden, dass die Nichteinhaltung menschenrechtlicher und umweltbezogener Pflichten durch den Zulieferer bzw. die fehlende Einwirkung des Zulieferers auf seine eigenen Lieferanten, die Compliance sicherzustellen, einen außerordentlichen Kündigungsgrund des Liefervertrages darstellen kann.

Reaktionsmöglichkeiten im Falle von Verstößen der Zulieferer gegen ihre Sorgfaltspflichten

Das neue Gesetz sieht in § 7 Absätze 1 bis 3 im Rahmen eines gestaffelten Prozesses die Pflicht zur Verhinderung oder Beendigung der Rechtsverletzung und die Pflicht zur Einwirkung auf den unmittelbaren Zulieferer mit dem Ziel der Verhinderung oder Beendigung der Verletzung von Menschenrechten vor. Dazu kann der Zulieferer zur Erstellung und Umsetzung eines Konzepts mit dem Ziel der Beendigung oder Minimierung der Verletzung der festgestellten oder drohenden menschenrechtsbezogenen oder umweltbezogenen Pflicht aufgefordert werden.

Als ultima ratio zur Einhaltung der im Gesetz vorgegebenen Sorgfaltspflichten sieht das Gesetz auch eine Pflicht zum Abbruch der Geschäftsbeziehung zu einem Lieferanten vor. Ein solcher Abbruch ist demnach geboten, wenn die Verletzung einer geschützten Rechtsposition oder einer umweltbezogenen Pflicht als sehr schwerwiegend bewertet wird, die Umsetzung des im vom Zulieferer erstellten Konzepts zur Vermeidung von Rechtsverletzungen erarbeiteten Maßnahmen nach Ablauf der festgelegten Zeit keine Abhilfe bewirkt, dem Unternehmen keine anderen milderen Mittel zur Verfügung stehen und eine Erhöhung des Einflussvermögens nicht aussichtsreich erscheint.

Hier kommt es jedoch jeweils auf die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls an.

Im Falle eines Verstoßes – drohende Sanktionen und Haftung

Die Einhaltung der im Gesetz festgelegten Pflichten wird gesichert durch eine Bußgelddrohung, welche sich u. a. am Umsatz des Unternehmens orientiert und bis zu 2 Prozent des weltweiten durchschnittlichen Jahresumsatzes, berechnet nach dem Durchschnitt der letzten drei Geschäftsjahre, betragen kann! Der Gesetzgeber hat sich für ein Public Enforcement des neuen Gesetzes durch eine Bundesoberbehörde, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), entschieden.

Den wegen eines rechtskräftig festgestellten Verstoßes nach § 24 mit einer Geldbuße belegten Unternehmen droht zusätzlich das vorübergehende Verbot der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen (§ 22). Der Ausschluss kann für bis zu drei Jahre erfolgen.

Eine zivilrechtliche Haftung wegen einer Verletzung der Pflichten aus dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist gesetzlich ausdrücklich ausgeschlossen worden. Allerdings ist eine unabhängig von diesem Gesetz begründete zivilrechtliche Haftung denkbar, etwa wegen des nationalen oder ausländischen Deliktsrechts. Beispiel hierfür ist nicht zuletzt ein Urteil des Landgerichts Dortmund zu Schadensersatzansprüchen wegen eines Brandes in einer pakistanischen Fabrik eines Zulieferers des Textilherstellers Kik aus dem Jahr 2019 – die Inanspruchnahme des Unternehmens durch Hinterbliebene der Brandopfer nach dem pakistanischen Recht, dem sog. Recht des Erfolgsorts, ist nach dem Landgericht lediglich an der verstrichenen Verjährungsfrist – nach pakistanischem Recht – gescheitert (dazu konkret: LG Dortmund, Urt. v. 10.01.2019, Az. 7 O 95/19).

Die Durchsetzung etwaiger Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen soll zukünftig mit einer in § 11 des Gesetzes geregelten sog. besonderen Prozessstandschaft erleichtert werden. Die Betroffenen können hiernach Gewerkschaften oder Nichtregierungsorganisationen die Ermächtigung zur Prozessführung in Deutschland erteilen. Dies kann zu einer Zunahme an Klageverfahren gegen in Deutschland ansässige Unternehmen durch NGOs führen, wie dies bereits heute bei einigen ersten „Klima-Klagen“ zu beobachten ist.

Unser Leistungsangebot

Luther ist bereits seit dem Frühjahr 2021 mit Fragestellungen rund um das LkSG und dessen Einführung befasst. Das Gesetz und die danach konkret begründeten Pflichten sind auch für uns neu, nicht aber der grundlegend vom Gesetzgeber verfolgte Ansatz, Unternehmen in den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt einzubinden, ihnen Pflichten auch im Hinblick auf ihre Kunden und Lieferanten aufzuerlegen („know your customer“) und deren Einhaltung dann behördlich zu überwachen und ggf. Sanktionen zu verhängen. Diesen Ansatz und die damit zusammenhängenden Fragestellungen und Herausforderungen sowie Anforderungen an Compliance-Strukturen kennen wir aus vielen anderen Bereichen. Auch das konkret mit dem Vollzug des LkSG betraute Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle und dessen Arbeitsweise sind uns gut aus zahlreichen Mandatsbefassungen etwa im Zusammenhang mit der Ausfuhrkontrolle, der Wirtschaftsförderung und dem Umweltenergierecht bekannt.

Unser Beratungsangebot

Zum LkSG und seiner betrieblichen Umsetzung bieten wir eine breite rechtsanwaltliche Unterstützung an. Wir begleiten die grundlegende Einführung von Compliance-Management-Systemen ebenso wie die Implementierung einzelner Anforderungen des neuen Gesetzes – oder auch die Abwehr überbordender Anforderungen von Vertragspartnern sowie der Vollzugsbehörde:

  • Beratung zum Anwendungsbereich und den grundlegenden Pflichten
  • Beratung zur konkreten Pflichtendefinition und Umsetzung, auch unter Berücksichtigung behördlicher Leitfäden und Best-Practise-Richtlinien
  • Überprüfung vorhandener Compliance-Strukturen und Beratung zu etwaig erforderlichen Anpassungen
  • Prüfung und Überarbeitung von Verträgen und Musterklauseln
  • Prüfung, Überarbeitung und Erstellung von Nachhaltigkeits- und Lieferantenerklärungen
  • GAP-Analysen zur Risikoermittlung und zur Bestimmung des Status Quo bei der Einführung des LkSG
  • Unterstützung bei der gesetzlich geforderten jährlichen Risikoanalyse
  • Beratung zu notwendigen und angemessenen Maßnahmen im Rahmen des Risikomanagements
  • Unterstützung bei der Erstellung der vom LkSG geforderten Dokumente (Grundsatzerklärung, Verhaltenskodex, Verhaltenskodex für Lieferanten, Dokumentation und Berichte)
  • Kartellrechtliche Beratung im Zusammenhang mit unternehmensübergreifenden Kooperationen
  • Beratung bei der Einrichtung eines LkSG-konformen Beschwerdeverfahrens
  • Durchführung von Schulungen von Management, Mitarbeitern und Zulieferern/Kunden
  • Begleitung von Verwaltungs- und Verteidigung in Bußgeldverfahren, Vertretung in Gerichtsverfahren
Aktuelle Veranstaltungen
Veröffentlichungen

Kommentar zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Dr. Stefan Altenschmidt und Denise Helling

News

15.03.2023 Blog
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in der Umsetzung
08.04.2022 Blog
Lieferengpässe und Mengenreduzierung: Kartellrechtliche Pflicht zur anteiligen Belieferung von Abnehmern auch ohne marktbeherrschende Stellung möglich