18.07.2025
Sofern für die Tätigkeit als Betriebsratsmitglied erforderlich, können einzelne Betriebsratsmitglieder eigene Ansprüche auf Bereitstellung von Sachmitteln aus § 40 Abs. 2 BetrVG geltend machen. Erforderlich für die Wahrnehmung der Betriebsratstätigkeit kann die Bereitstellung von personalisierten E-Mail-Adressen sein, die eine Kommunikation außerhalb der unternehmenseigenen Domain ermöglichen.
LAG Niedersachsen, Beschluss vom 25.04.2025 – 17 TaBV 62/24
Der Fall
Die Beteiligten streiten um die Einrichtung von personalisierten E-Mail-Adressen. Die Antragsteller sind Betriebsratsmitglieder. Die Arbeitgeberin stellte einigen Mitarbeitern personalisierte E-Mail-Adressen zur Verfügung, die zum Teil so konfiguriert waren, dass eine E-Mail-Kommunikation außerhalb der unternehmenseigenen Domain möglich war, nicht hingegen den Antragstellern. Mit ihrem Antrag begehrten die Antragsteller u.a., der Arbeitgeberin aufzugeben, personalisierte E-Mail-Adressen zur Verfügung zu stellen und diese so einzurichten, sodass sie damit auch mit Adressen, die nicht zur unternehmenseigenen Domain gehören, kommunizieren können. Die Antragsteller argumentierten, dass nicht nur der Betriebsrat als Gremium, sondern auch sie als Betriebsratsmitglied anspruchsberechtigt seien. Die begehrten E-Mail-Adressen seien für die adäquate Kommunikation mit den Arbeitnehmern aufgrund der Betriebsgröße erforderlich. Das ArbG hat die Anträge zurückgewiesen.
Die Entscheidung
Das LAG hat den Anträgen teilweise stattgegeben. Ein einzelnes Betriebsratsmitglied könne Ansprüche auf § 40 Abs. 2 BetrVG stützen, sofern Sachmittel für seine Tätigkeit in eigener Verantwortung erforderlich seien. Dem Wortlaut der Norm könne nicht entnommen werden, dass ausschließlich der Betriebsrat Anspruchsinhaber sei. Auch eine Auslegung nach Systematik sowie Sinn und Zweck ergebe nichts Gegenteiliges. Verlangten einzelne Betriebsratsmitglieder, dass der Arbeitgeber ihnen bestimmte Sachmittel zur Verfügung stellt und lehnte der Betriebsrat als Gremium dies ab – wie im vorliegenden Fall – müssten die Betriebsratsmitglieder andernfalls zuerst gerichtlich gegen den Betriebsrat vorgehen. Zweckdienlicher sei es, den einzelnen Betriebsratsmitgliedern selbst die Möglichkeit zu eröffnen, Ansprüche aus § 40 Abs. 2 BetrVG gegen den Arbeitgeber geltend zu machen. Die Antragsteller durften die Bereitstellung von E-Mail-Adressen, über die sie auch außerhalb der unternehmenseigenen Domain kommunizieren können, zudem für erforderlich halten. Es sei nicht zeitgemäß, die Kommunikation des Betriebsrats auf schriftliche Notizen oder das Telefon zu beschränken. Auch müsste eine vertrauliche Kommunikation mit einzelnen Betriebsratsmitgliedern gewährleistet werden. Entgegenstehende berechtigte Interessen der Arbeitgeberin seien nicht ersichtlich.
Unser Kommentar
Die Entscheidung reiht sich ein in einen bunten Rechtsprechungskatalog zu Fragen der Erforderlichkeit von Sachmitteln und insbesondere Informations- und Kommunikationstechnologie für den Betriebsrat. Interessant ist, dass das LAG dem einzelnen Betriebsratsmitglied eine Aktivlegitimation zugesprochen hat. Einer Vorschlagsliste zur Betriebsratswahl hatte das LAG Berlin-Brandenburg in einer früheren Entscheidung die Aktivlegitimation hingegen abgesprochen (Az. 7 TaBV 764/11). Das BAG hatte in Bezug auf § 40 Abs. 1 BetrVG entschieden, dass einzelne Betriebsratsmitglieder vom Arbeitgeber Ersatz von Aufwendungen verlangen können (Az. 7 ABR 71/06).
Amelie Räpple, LL.M. (Berkeley)
Associate
Hamburg
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