25.11.2025

Newsletter Environment, Planning, Regulatory – November 2025 (CCS)

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Liebe Leserinnen und Leser, endlich ist es da: Das Kohlenstoffdioxidspeicherungs- und -transportgesetz, kurz KSpTG, das die Grundlage für die Schaffung deutscher CO2-Speicher im kommerziellen Maßstab sowie für die Errichtung einer CO2-Transportinfrastruktur bieten soll. Für Betreiber von Anlagen mit Hard-to-abate Emissionen, Leitungsbetreiber und Investoren in CCS/CCU-Technologien bedeutet die langersehnte Verabschiedung des Gesetzes die Erreichung eines ersten Meilensteins, wenn auch noch viele Fragen offen sein dürften:

I. Kohlenstoffspeicher – Offshore & Onshore

Während das Vorgängergesetz (KSpG) ausschließlich die befristete Zulassung von Kohlenstoffspeichern als Forschungsprojekte mit begrenzter Speicherkapazität vorsah, ermöglicht das neue KSpTG nun Speicher im kommerziellen Maßstab – allerdings nur offshore, also in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) und auf dem Festlandsockel. Zurückhaltender zeigt sich der Bundesgesetzgeber bei der Speicherung an Land: Onshore werden weiterhin ausschließlich Forschungsspeicher zulässig sein. Ob darüber hinaus auch kommerzielle Speicher eingerichtet werden dürfen, bleibt den Ländern vorbehalten, die dies im Wege einer „Opt-In“-Regelung selbst entscheiden können.

II. Transportleitungen: einheitliches Regelungsregime

Wie das neue „T“ im KSpTG zeigt, liegt ein besonderer Fokus auf den Vorgaben für CO₂-Transportleitungen. Regelungen zu anderen Transportwegen – per LKW oder Schiff – enthält das KSpTG hingegen ausdrücklich nicht. Künftig erfasst es nicht nur Leitungen, die CO₂ zu einem Speicher führen, sondern auch solche, die CO₂ zu anderen Zwecken transportieren, etwa zur Verwertung in Form des Carbon Capture and Usage (CCU). Dies wiederum hat zur Folge, dass ein einheitliches Regelungsregime auf Basis der Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren (§§ 72 ff. VwVfG) und des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) geschaffen wird, das bei Behörden und Leitungsbetreibern bekannt und bewährt sein dürfte.

III. Beschleunigung

Zudem soll die Anwendung des EnWG, welches diverse Mechanismen zur Straffung von Planfeststellungsverfahren vorsieht, zur Verfahrensbeschleunigung beitragen. Das neue KSpTG vereinfacht darüber hinaus die Genehmigung von Leitungen, die ein Werksgelände nicht verlassen, sowie von sonstigen zum Leitungsbetrieb gehörenden Anlagen. Unterliegen sie nach anderen Vorschriften einer Genehmigungspflicht, können sie vom aufwendigen Planfeststellungsverfahren ausgenommen werden. Für Leitungen wie für Speicher verkürzt das Gesetz zudem den Rechtsweg, indem erstinstanzlich unmittelbar das Oberverwaltungsgericht zuständig ist. Ob diese Maßnahmen jedoch ausreichen, um die Projekte in dem Tempo zu realisieren, das die EU mit ihrem Ziel einer jährlichen Injektionskapazität von 50 Mio. t CO₂ bis 2030 anstrebt, erscheint äußerst fraglich. Bereits in der Septemberausgabe des CCS-Newsletters hatten wir über die ambitionierten Pläne der EU-Kommission zur Änderung des europäischen Klimaschutzgesetzes sowie zur Berücksichtigung von Negativemissionen im Emissionshandelssystem berichtet.

IV. Besonderes öffentliches Interesse

Für die Umsetzung zukünftiger Projekte dürfte entscheidend sein, dass der Bundesgesetzgeber der Errichtung von CO₂-Leitungen und -speichern ein überragendes öffentliches Interesse zuschreibt und sie ausdrücklich als dem Klimaschutz dienend einordnet. Dies schafft für Abwägungsentscheidungen, etwa im Natur- und Artenschutzrecht, wichtige Klarheit. Damit stellt der Gesetzgeber CCS-Vorhaben jetzt auf eine Stufe mit Vorhaben zum Ausbau erneuerbarer Energien (§ 2 EEG).

V. Zuständigkeiten

Klarheit schafft das KSpTG zudem hinsichtlich der Zuständigkeiten für den Vollzug im Offshore-Bereich. Es knüpft hierfür an das bergrechtliche Äquidistanzprinzip an, das bislang zur Zuständigkeit des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie bzw. des Bergamts Stralsund führt. Zudem enthält das Gesetz eine Reihe von Verordnungsermächtigungen, mit denen Detailfragen durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geregelt werden können. Dessen Geschäftsbereich soll künftig die gesamte Prozesskette von CCS und CCU abdecken.

VI. Sanktionen für Erdöl- & Erdgasunternehmen

Die Verordnungskompetenz soll sich auch auf den Erlass jener Regelungen erstrecken, die zur Umsetzung der durch den Net Zero Industry Act (NZIA) begründeten Pflicht der Erdöl- und Erdgasbranche zur Schaffung von Injektionskapazitäten erforderlich sind (hierzu mehr in diesem Blogbeitrag). Insbesondere soll auf diese Weise eine Zahlungspflicht pro Tonne nicht geschaffener jährlicher Injektionskapazität eingeführt werden, um den durch die Nichterfüllung der Pflichten entstehenden Vermögensvorteil abzuschöpfen.

VII. London Protokoll & Hohe-See-Einbringungsgesetz

Am selben Tag, an dem der Bundesrat dem KSpTG seine abschließende Zustimmung erteilte, befasste er sich auch mit einem Gesetzentwurf zur Ratifizierung und vorläufigen Anwendung von Artikel 6 des Londoner Protokolls sowie mit einer Anpassung des Hohe-See-Einbringungsgesetzes (HSEG). Das Londoner Protokoll ist ein internationales Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt vor dem Einbringen von Abfällen; das HSEG setzt die daraus folgenden Pflichten in deutsches Recht um. Nach der derzeitigen Rechtslage stehen sowohl das Protokoll als auch das HSEG der Speicherung von CO₂ auf hoher See noch entgegen. Artikel 6, dessen Inkrafttreten mangels Ratifizierung durch die Vertragsstaaten bisher nicht absehbar ist, soll künftig den Export von CO₂ und dessen Speicherung unter dem Meeresboden außerhalb des eigenen Hoheitsgebiets erlauben. Bis dahin können die Vertragsstaaten die Regelung vorläufig anwenden – aber natürlich nicht einfach so. Erforderlich sind neben der Ratifizierung des Artikel 6 auch eine Erklärung gegenüber der International Maritime Organization (IMO) und entsprechende Abkommen zwischen Export- und Ankunftsstaaten. Die Gesetzesentwürfe werden nun gemeinsam mit den hauptsächlich positiven Stellungnahmen des Bundesrates im Bundestag weiterberaten. Erst mit Abschluss dieses Gesetzgebungsverfahrens – und den daran anschließenden Abstimmungen auf internationaler Ebene – wird sich zeigen, wie schnell die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Export und die Offshore-Speicherung von CO₂ tatsächlich greifen können. Zwar ist mit dem KSpTG ein wichtiger Startschuss gefallen, doch wird die Offshore-Speicherung erst dann in vollem Umfang vorankommen, wenn auch die erforderlichen internationalen Anpassungen abgeschlossen sind. Die zentralen Weichen sind jedoch gestellt, sodass Projektierende bereits jetzt mit Zuversicht die Ausarbeitung der erwartbar anspruchsvollen Genehmigungsunterlagen vorantreiben können.

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Dr. Stefan Altenschmidt, LL.M. (Nottingham)

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