12.09.2025

Newsletter CCS September

Liebe Leserinnen und Leser, es geht spürbar voran im Bereich der Kohlenstoffspeicherung (CCS und CCU): So heißt es auf der einen Seite volle Kraft voraus mit dem neuen Gesetzesentwurf zum Kohlenstoffspeicher- und Transportgesetz des Bundes, dem Entwurf eines Änderungsgesetzes für das Hohe-See-Einbringungsgesetz, dem Änderungsvorschlag des Europäischen „Klimagesetzes“ und dem Bayerischen Aktionsplan CCU/CCS. Während viele beginnen, zuversichtlich durchzuatmen, dürften sich andere weniger freuen: Denn zugleich wurden die Pflichten für die Erdöl- und Erdgasbranche zur Schaffung von Kohlenstoffspeicherkapazitäten auf EU-Ebene konkretisiert. Zu guter Letzt: ein Schmankerl aus dem Kartellrecht. 

I. Bund: Gesetzesentwurf zum KSpTG

Gestern (11. September 2025) wurde der Entwurf zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes in der ersten Lesung im Bundestag diskutiert. Während die CDU/CSU, die SPD und Bündnis 90/Die Grünen den Gesetzesentwurf im Wesentlichen mittragen, wird er rechts und links außen abgelehnt. Zwischen den Befürwortern noch streitig ist, ob Gaskraftwerke Anschluss an die CCS-Infrastruktur erhalten sollen. Der Entwurf stimmt im Wesentlichen mit dem Entwurf der Vorgängerregierung überein. Das bedeutet, dass Kohlenstoffspeicherung offshore erlaubt werden soll. Onshore hingegen wird es davon abhängen, wie sich die Bundesländer hierzu entscheiden. Projekten zur Errichtung und zum Betrieb der Speicherinfrastruktur wird ein überragendes öffentliches Interesse beigemessen, sodass ihnen etwa der Vorrang gegenüber Naturschutzbelangen zukommen kann. Es werden diverse Beschleunigungsmechanismen in Anlehnung an das EnWG eingeführt. Der Entwurf muss nun das weitere Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Zu beachten ist allerdings, dass aufgrund diverser Verordnungsermächtigungen wichtige Details noch ungeklärt bleiben, was der Rechtssicherheit und dem Investitionsschutz nicht besonders zuträglich sein dürfte.

II. Hohe-See-Einbringungsgesetz

Im engen Zusammenhang mit dem Referentenentwurf zum KSpTG steht der Entwurf eines ersten Änderungsgesetzes zum Hohe-See-Einbringungsgesetz (HSEG). Dieses Gesetz steht derzeit noch der Einbringung von Kohlenstoff ins Meer in der ausschließlichen Wirtschaftszone und dem Festlandsockel (außerhalb des Küstenmeeres) entgegen, wo aber Kohlenstoffspeicher künftig möglich sein sollen. Der Entwurf soll zudem den Transport von Kohlendioxid zu Kohlenstoffspeichern anderer Länder ermöglichen. Dies geht aber nur gemeinsam mit der vorläufigen Anwendung einer Ausnahme zum London-Protokoll. Denn ohne diese kann CO₂ aus Deutschland z.B. nicht in den norwegischen Speicher gebracht werden. Die vorläufige Anwendung dieser Ausnahmeregelung sieht u. a. noch bilaterale Abkommen mit den Staaten vor, zu denen CO₂ verbracht werden soll. Mit dem Entwurf des geänderten HSEG sollen zudem neue Methoden zur Erforschung des marinen Geoengineerings erlaubt werden, um so verschiedene Wege der CO₂-Speicherung im Meer testen zu können.

III. Bayern: Aktionsplan CCS/CCU

Auch im Freistaat Bayern soll es vorangehen. Mit seinem Aktionsplan CCS/CCU zum Carbon Management in Bayern formuliert er in Zusammenarbeit mit Akteuren der Wirtschaft und Wissenschaft 20 Maßnahmen. Der Freistaat setzt hierbei vor allem auf Austausch: Austausch zwischen Experten im Bereich CCS/CCU, zwischen betroffenen Behörden, mit Verantwortlichen in der Politik, mit der Bevölkerung und Nichtregierungsorganisationen. Denn der Freistaat erkennt: Ohne CCS und CCU wird es nichts mit den Klimazielen. So setzt er also darauf, Expertise und Akzeptanz für diese Technologien breit aufzubauen. Er unterstreicht hierbei auch die Bedeutung negativer Emissionen. Der Freistaat sagt zu, sich auf Bundes- und EU-Ebene für die Anpassung der Regulatorik einzusetzen, um CCU und CCS zu ermöglichen und interessant für Investitionen zu machen. Nur zahlen möchte der Freistaat nicht. Der Aufbau der notwendigen Infrastruktur soll vielmehr privatwirtschaftlich erfolgen. Es soll zudem eine Ministerratsvorlage erarbeitet werden, wie der Freistaat CCS auf seinem Staatsgebiet erlauben könnte, auch wenn der Aktionsplan eine klare Zusage zur Nutzung der Opt-in-Klausel vermissen lässt.

IV. EU: Änderung des EU-Klimagesetzes

Klare Verhältnisse will hingegen die EU-Kommission schaffen. Diese schlug Anfang Juli eine Änderung des Europäischen Klimagesetzes vor. Es sollen neue Klimazwischenziele für 2040 eingeführt werden, wonach die Nettotreibhausgasemissionen bis 2040 um 90 % gegenüber dem Stand von 1990 gemindert werden. Zudem möchte sie einschlägige Rechtsvorschriften daraufhin prüfen, ob sie geeignet sind, die Klimaziele zu erreichen (Spoiler: Sie sind nicht geeignet). Die Änderung soll vor allem dazu dienen, sich selbst feste Ziele aufzuerlegen, die sie bei den nächsten Legislativvorschlägen berücksichtigen soll: Sie beabsichtigt einerseits, internationale Gutschriften nach dem Paris-Abkommen voranzutreiben, mit denen Projekte auch in Drittländern angerechnet werden können. Auch über die Sektoren hinweg möchte sie für mehr Flexibilität sorgen, um die Verwirklichung der Ziele möglichst kosteneffizient zu erreichen. Neu ist zudem, dass die Kosten von Untätigkeit Eingang in ihre Erwägungen finden sollen. Die wohl spannendste Zielankündigung dürfte aber sein, dauerhafte freiwillige CO₂-Entnahmen, also die Schaffung negativer Emissionen, mit dem Emissionshandel (EU-EHS) verbinden zu wollen und so die Carbon-Farming-Verordnung mit der Emissionshandelsrichtlinie zusammenzubringen. Hiervon würden vor allem schwer zu dekarbonisierende Sektoren profitieren. Konkreteres bleibt allerdings erst einmal abzuwarten.

V. Durchführungsverordnung zum NZIA

Der Net-Zero Industry Act, eine europäische Verordnung, verpflichtet Erdöl- und Erdgasunternehmen zur Bereitstellung von CO₂-Injektionskapazitäten. Sie können diese Pflicht erfüllen, indem sie selbst tätig werden oder sich an Speicherprojekten beteiligen. Die Idee dahinter war, dass sich diese Industrie gut mit den geologischen Formationen auskennen soll, in die eine Speicherung erfolgen kann, und Altstandorte ggf. umnutzen kann. Dass das rein praktisch alles nicht gerade unkompliziert ist, sei es, weil CO₂ und Erdgas voraussichtlich mit unterschiedlichen Druckverhältnissen transportiert werden, wurde bisher gesetzgeberisch ausgeblendet. Gleiches gilt für die in Deutschland bisher noch entstehende Regulatorik, die eine Kohlenstoffspeicherung erst ermöglichen soll, was mit nicht unerheblichen Investitionsrisiken einhergeht. Unbenommen davon wurde nunmehr der Net-Zero Industry Act durch eine delegierte Verordnung und einen Beschluss der EU-Kommission konkretisiert. Nachdem zunächst eine Produktionsschwelle eingeführt wurde, unter der Erdöl- und Erdgasunternehmen von der Pflicht zur Schaffung von Speicherkapazitäten ausgenommen sind, wurde Ende Juli nun auch geklärt, wie hoch die Beiträge der übrigen Unternehmen sind.

VI. Gastbeitrag von Samira Altdorf: Bundeskartellamt – CO₂-Pipeline-Kooperationsprojekte

Im Kontext des Aufbaus einer CO₂-Infrastruktur hat das Bundeskartellamt ausweislich seiner Pressemitteilung Kooperationsvorhaben mehrerer Netzbetreiber auf deren Anfrage geprüft, die sich auf den Bau und die Aufteilung von CO₂-Pipeline-Abschnitten sowie auf die gemeinsame Dimensionierung der Leitungen verständigt hatten. Zudem sind langfristige Verträge mit Ankerkunden vorgesehen, um Investitionssicherheit zu schaffen. Nach Auffassung des Amtes bestehen gegen diese Zusammenarbeit derzeit keine grundsätzlichen wettbewerbsrechtlichen Bedenken, da ohne Kooperation in den nächsten Jahren ohnehin nicht mit konkurrierenden Projekten zu rechnen wäre. Gleichwohl gilt: Der Informationsaustausch darf nur insoweit erfolgen, wie er für die Umsetzung notwendig ist. Angesichts der frühen Marktphase verweist das Amt zudem auf die Möglichkeit, einzelne Aspekte bei einer dynamischen Marktentwicklung künftig neu zu bewerten.

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Dr. Stefan Altenschmidt, LL.M. (Nottingham)

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