22.02.2023

UmRUG – Neue Optionen für grenzüberschreitende Umwandlungen

Hintergrund

Nachdem der Bundestag am 20. Januar 2023 das „Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG)“ verabschiedet und der Gesetzesentwurf auch die Sitzung des Bundesrates vom 10. Februar 2023 passiert hat, wird noch im Februar mit der Verkündung und dem tags darauffolgenden Inkrafttreten weitreichender Gesetzesänderungen des UmwG zu rechnen sein.

Mit dem Inkrafttreten des UmRUG wird es erstmalig gesetzliche Grundlagen für grenzüberschreitende Formwechsel und Spaltungen im UmwG geben, die nunmehr neben die – durch das UmRUG ebenfalls geänderten – Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzungen treten. Zu diesem Zweck wird ab den §§ 305 ff. des UmwG ein neues Sechstes Buch aufgenommen, dass die grenzüberschreitenden Umwandlungsarten kodifiziert und das bisherige Sechste und Siebte Buch nach hinten rücken lässt. Darüber hinaus enthält das UmRUG auch Änderungen des UmwG im Rahmen nationaler Umwandlungen, die es zukünftig zu beachten gilt. Durch das UmRUG kommt es damit zu einer der weitreichendsten Änderungen des UmwG seit dessen Inkrafttreten im Jahr 1995.

Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer sowie mitbestimmungsrechtliche Aspekte werden durch das ebenfalls neue „Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung (MgFSG)“ geregelt. In diesem Zusammenhang wird auch das bestehende „Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG)“ angepasst.

Einfügung eines neuen Buchs zur grenzüberschreitenden Umwandlung

Mit der Einfügung eines neuen Sechsten Buches unter dem Namen „Grenzüberschreitende Umwandlung“ in das UmwG (§§ 305 bis 345) werden nunmehr neben den modifizierten und an neuer Stelle eingeordneten Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung (§§ 305 bis 319) erstmalig gesetzliche Grundlagen für die grenzüberschreitende Spaltung (§§ 320 bis 332) sowie den grenzüberschreitenden Formwechsel (§§ 333 bis 345) unter Teilnahme von EU-Mitgliedsstaaten bzw. Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums geschaffen.
Im Kern richten sich Ablauf und Verfahren der grenzüberschreitenden Umwandlungen dabei nach den bekannten Abläufen der grenzüberschreitenden Verschmelzung nach Maßgabe der bisher geltenden §§ 122a ff. UmwG. Dennoch enthält das UmRUG Änderungen insbesondere für die Schutzbereichevon Gläubigern, Arbeitnehmern und Minderheitsgesellschaftern, die die Durchführung von grenzüberschreitenden Umwandlungen zukünftig weitreichend verändern werden.

Bekanntmachung des Umwandlungsplans und Ingangsetzen der Monatsfrist zur Abhaltung der Anteilseignerversammlung

Beispielhaft für eine in der Praxis maßgebliche Änderung des Ablaufs einer grenzüberschreitenden Umwandlung durch das UmRUG sei der neue Anknüpfungspunkt für den Beginn des Ablaufs der Monatsfrist im Zusammenhang mit der Einreichung und Bekanntmachung eines Verschmelzungsplans (früher § 122d Satz 1 UmwG; zukünftig § 308 Abs. 1 Satz 4 UmwG) für den Zweck der Versammlung der über die Zustimmung zur Durchführung der Umwandlungsmaßnahme beschließenden Anteilseigner erwähnt.

Während die bisherige Rechtslage für die Berechnung der Monatsfrist auf die Einreichung des Verschmelzungsplans oder seines Entwurfs zum Registergericht abstellte, wird es zukünftig nicht auf die Einreichung zum, sondern die Bekanntmachung durch das Registergericht ankommen. Selbiges gilt über entsprechende Verweisungen auch für die grenzüberschreitende Spaltung und den dort zu erstellenden Spaltungsplan sowie den im Rahmen des grenzüberschreitenden Formwechsels zu erstellenden Formwechselplan.

Diese Verschiebung des zeitlichen Anknüpfungspunktes soll dem Schutz der Anteilsinhaber, der Arbeitnehmer(-vertreter) sowie der Gläubiger dienen, wird im Umkehrschluss aufgrund des im Vorfeld ungewissen Zeitpunkts der Bekanntmachung jedoch die Planbarkeit und Vorbereitung der Versammlung der Anteilsinhaber und damit des gesamten Umwandlungsvorganges erschweren.

Missbrauchskontrolle durch das Registergericht

Stets im Rahmen zukünftiger grenzüberschreitender (aus Deutschland herausgehender) Umwandlungsvorgänge zu beachten ist die neu in das UmwG eingebrachte Missbrauchskontrolle durch das Registergericht (§§ 316 Abs. 3, 329 Satz 1, 343 Abs. 3 UmwG). Danach ist das zuständige Registergericht bei Vorliegen von Anhaltspunkten zur Prüfung verpflichtet, ob die grenzüberschreitende Umwandlung zu missbräuchlichen oder betrügerischen Zwecken durchgeführt wird, und hat im Bedarfsfalle die Möglichkeit, die grundsätzlich vorgesehene Prüfungsfrist von drei Monaten um bis zu drei Monate zu verlängern, um die Missbrauchsprüfung zu intensivieren. Darüber hinaus enthält das UmRUG Regelbeispiele, bei deren Vorliegen stehts Anhaltspunkte für missbräuchliche oder betrügerische Zwecke vorliegen (und eine Missbrauchsprüfung damit erforderlich wird). Dies ist der Fall, wenn

  1. ein durchzuführendes Verhandlungsverfahren erst auf Aufforderung des Gerichts eingeleitet worden ist;
  2. die Zahl der Arbeitnehmer mindestens vier Fünftel des für die Unternehmensmitbestimmung maßgeblichen Schwellenwerts beträgt, im Zielland keine Wertschöpfung erbracht wird und der Verwaltungssitz in Deutschland verbleibt,
  3. eine ausländische Gesellschaft durch die grenzüberschreitende Umwandlungsmaßnahme Schuldnerin von Betriebsrenten oder -anwartschaften wird und diese Gesellschaft kein anderweitiges operatives Geschäft hat.

Zur Durchführung der Missbrauchskontrolle gibt das UmRUG den Registergerichten auch einen Katalog von Prüfungskompetenzen an die Hand, der u.a. vorsieht, dass unabhängige Sachverständige zur Prüfung hinzugezogen werden oder Gewerkschaftsvertreter angehört werden können.

Kommt das Gericht schlussendlich (ggf. nach einer Prüfung von bis zu sechs Monaten) zu dem Ergebnis, dass die Umwandlungsmaßnahme betrügerischen oder missbräuchlichen Zwecken dient, wird die Eintragung der Maßnahme abgelehnt.

Gläubigerschutz bei herausgehenden Umwandlungsvorgängen

Gläubigern von deutschen übertragenden Gesellschaften im Rahmen von Verschmelzungen und Spaltungen sowie Gläubigern von deutschen formwechselnden Gesellschaften steht nach den Regelungen des UmRUG ein Anspruch auf Sicherheitsleistung für ihre noch nicht fälligen Forderungen zu, deren Erfüllung im Rahmen der Umwandlung gefährdet werden. Dieser Anspruch ist (zur Verfahrenskonzentration) nunmehr stets gegenüber dem örtlich ausschließlich zuständigen Gericht (Amts- oder Landgericht), dessen Bezirk das für die Erteilung der Vorabbescheinigung zuständige Registergericht angehört, geltend zu machen.

Die Frist der Gläubiger zur Geltendmachung ihres Anspruchs auf Sicherheitsleistung wird im Zuge des UmRUG von vormals zwei Monaten nach dem Tag, an dem der Verschmelzungsplan oder Entwurf bekannt gemacht worden ist, auf drei Monate ab Bekanntmachung verlängert.

Fazit

Es ist absehbar, dass die Änderungen des UmRUG, insbesondere die vorstehend exemplarisch genannten Verlängerungen von Fristen und die neu eingeführte Missbrauchskontrolle, das Verschmelzungsverfahren in zeitlicher Hinsicht verlängern und unter Umständen komplexer gestalten werden.

Begrüßenswert ist dennoch die Tatsache, dass mit der erstmaligen Kodifizierung von Regelungen zur grenzüberschreitenden Spaltung und zum grenzüberschreitenden Formwechsel durch das UmRUG nunmehr ein einheitlicher und rechtssicherer Rahmen für die Umsetzung solcher Maßnahmen – allerdings (leider) lediglich für Kapitalgesellschaften – geschaffen wurde.

Es bleibt zu hoffen, dass das Novum der Missbrauchskontrolle im Einzelfall nicht von Stakeholdern zweckentfremdet wird, um Blockademöglichkeiten zu generieren.

Unverändert bleiben für den Erfolg von grenzüberschreitenden Umwandlungsvorhaben insbesondere die Vorbereitung und Planung sowie die abgestimmte Koordinierung und Durchführung von Umsetzungsschritten zwischen allen Beteiligten entscheidend. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch die zuständigen Registergerichte mit neuen Regelungen und Prüfungspflichten konfrontiert sein werden. Daher wird es auch in Zukunft bei der Durchführung grenzüberschreitender Umwandlungen in ausgewählten Situationen bzw. bzgl. ausgewählter Themen ratsam sein, eine Vorababstimmung mit den zuständigen Registergerichten anzustreben, um eine reibungslose Umsetzung zu gewährleisten und böse Überraschungen (von einer Verzögerung des Eintragungsverfahrens bis hin zu einer gänzlichen Ablehnung der Eintragung) zu vermeiden.

Autor/in
Dr. Cédric Müller, LL.M. (Bristol)

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Partner
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Alexander Masson, LL.B.

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