09.05.2018

Plötzlich Gesellschaft bürgerlichen Rechts?

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09.05.2018

Plötzlich Gesellschaft bürgerlichen Rechts?

VertragsabschlussAuch ohne es zu wissen, bilden Gründer häufig bereits vor der „offiziellen“ Gründung ihres Start-ups gemeinsam eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Denn dazu bedarf es keines schriftlichen Gesellschaftsvertrages und keines Notars. Wie die Praxis zeigt, können die Folgen einer solch unfreiwilligen Gesellschaft im Einzelfall schmerzlich sein. 

Ein Start-up ist schnell gegründet. Manchmal auch schneller als einem lieb ist. Denn was Gründer häufig nicht wissen ist, dass sie in der Regel auch ohne schriftlichen Gesellschaftsvertrag gemeinsam mit ihren Mitgründern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nach §§ 705 ff. BGB bilden. Das Gesetz verlangt dafür lediglich, dass sich die Gründer gegenseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks gemeinsam zu fördern. Dies lässt sich eigentlich über die Anfangsphase jedes Start-ups sagen. Denn diese gegenseitige Verpflichtung kann ausdrücklich, mündlich oder schriftlich erfolgen, kann sich aber auch aus tatsächlichen Handlungen wie der gemeinsamen Entwicklung eines Produktes oder dem Entwerfen eines Business-Plans ergeben. Die gemeinsame Verfolgung einer Geschäftsidee, ggfs. unter einem gemeinsamen Projektnamen oder einer eigenen Homepage sowie die Vorbereitung einer „echten“ Gründung begründet daher zu-meist eine GbR.

Was macht eine GbR aus?

Da die betroffenen Gründer in der Regel vor der Gründung ihrer UG oder GmbH keinen schriftlichen Gesellschaftsvertrag vereinbart haben werden, gelten für ihre GbR die Vorschriften der §§ 705 ff. BGB. Die gesetzlichen Regelungen zur GbR sind jedoch relativ allgemein gehalten und bieten für die üblichen Probleme eines Start-ups keine oder nur unbefriedigende Lösungen. Die GbR ist eine Personengesellschaft, d.h. die Gesellschafter haften persönlich unbeschränkt mit ihrem Vermögen für sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Sofern sie keine andere Vereinbarung treffen, vertreten sie ferner die Gesellschaft nur gemeinsam, die Beiträge der Gesellschafter zu dem gemeinsamen Projekt werden zu gemeinschaftlichem Vermögen der Gesellschafter.

Was bedeutet das für die Gründer?

Meistens wird es für die Gründer keine Konsequenzen haben, dass sie vor der „echten“ Gründung eine GbR gebildet haben - dann nämlich, wenn es zuvor nicht zum Streit zwischen den Gründern kommt, sie noch nicht am Markt aufgetreten sind und noch keine wesentliche IP produziert wurde. Problematisch wird es jedoch dann, wenn sich die Gründer vorher trennen und ihre für das Projekt geleistete Arbeit „mitnehmen“ und anderweitig verwenden wollen. Denn ohne schriftliche Vereinbarung führt der Austritt eines Gesellschafters (eine faktische Kündigung der GbR) zu der Auflösung der gesamten Gesellschaft. Eine Fortführung unter den verbleibenden Gründern mit dem erarbeiteten „Gesellschaftsvermögen“ ist vom Gesetz nicht vorgesehen. Vielmehr muss das Gesellschaftsvermögen vollständig unter den Gesellschaftern aufgeteilt werden. Dies kann u.U. die Auseinandersetzung und damit häufig die faktische Unbrauchbarmachung von monatelanger Arbeit bedeuten sowie Fördermittelanträge und Gründungsprozesse gefährden. Insbesondere, wenn die GbR bereits am Markt tätig war und sich ggf. einen Kundenstamm aufgebaut hat, ist ein streitiges Auseinandergehen unter Auflösung der GbR schmerzlich. Vor allem aber die persönliche Haftung der Gründer für jegliche Verbindlichkeit der Gesellschaft sollte nicht leichtfertig abgetan werden. Diese umfasst sowohl Ansprüche von Kunden, als auch Abmahnungen aus wettbewerbsrechtlichen Verstößen, Mietforderungen und Bußgelder. Nicht zuletzt kann auch die Übertragung von IP-Rechten von der GbR auf die spätere UG oder GmbH Schwierigkeiten bereiten oder wird schlicht „vergessen“.

Handlungsempfehlung

Die Gründer sollten sich der Risiken einer GbR unbedingt bewusst sein und diesen ggf. mit einem schriftlichen Gesellschaftsvertrag vorbeugen. Dieser bedarf keiner notariellen Form und kann schnell und kostengünstig abgeschlossen werden. Solange eine UG oder GmbH noch nicht gegründet wurde, sollte sorgfältig abgewogen werden, ob man bereits am Markt tätig werden will oder gemeinsam nach außen auftreten will, da dies ein hohes Haftungsrisiko mit sich bringt. Kommt es tatsächlich zu einer streitigen Auseinandersetzung im Vorfeld einer Gründung, sollte dringend versucht werden, schnell und verbindlich eine vertragliche Vereinbarung zu treffen, die es den verbleibenden Gründern ermöglicht, ohne großen Zeitverlust ihr gemeinsames Ziel weiter zu verfolgen.

   
Autor/in
Dr. Moritz Mentzel

Dr. Moritz Mentzel
Counsel
Berlin
moritz.mentzel@luther-lawfirm.com
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