12.10.2018

Geschäftsführerhaftung bei M&A Transaktionen (Teil 1/2)

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Hintergrund

10.10.2018

Geschäftsführerhaftung bei M&A Transaktionen (Teil 1/2)
 

Geschäftsführer, die nicht zugleich Gesellschafter sind, profitieren nur selten persönlich von M&A Transaktionen, tragen mitunter aber dennoch erhebliche Haftungsrisiken.


Die Veräußerung eines Unternehmens kann für alle Beteiligten eine „win“- Situation sein. Dem stehen jedoch nicht zu unterschätzende Haftungsrisiken gegenüber. Nachfolgend sollen im ersten Teil dieses Beitrags am Beispiel des Share Deals ausgewählte Haftungsrisiken an M&A Transaktionen beteiligter Geschäftsführer aus Erwerber bzw. Verkäufersicht dargestellt werden.
 

Geschäftsführer der Erwerber

Business Judgement Rule
Für den Geschäftsführer des Erwerbers sind insbesondere die Auswahl der Zielgesellschaft, die Frage nach der Notwendigkeit einer Due Diligence sowie Unternehmensbewertung und Kaufpreisfindung potentiell haftungsträchtige Themen. Begeht der Geschäftsführer in diesem Zusammenhang eine Pflichtverletzung, haftet er gegenüber der Erwerbergesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG. In diesem Zusammenhang hat sich die sogenannte Business Judgement Rule herausgebildet. Hiernach liegt eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers jedenfalls dann nicht vor, wenn dieser (i) eine unternehmerische Entscheidung getroffen und dabei (ii) gutgläubig, (iii) ohne Sonderinteressen und sachfremde Erwägungen, (iv) zum Wohle der Gesellschaft und (v) auf Grundlage angemessener Informationen gehandelt hat.

Bei Anwendung der Business Judgement Rule im GmbH-Recht sind die GmbH-spezifischen Grenzen des Geschäftsleiterermessens, und hier insbesondere die Zweiteilung der Kompetenzen zwischen Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung zu berücksichtigen. Handelt der Geschäftsführer beispielsweise im Rahmen einer Gesellschafterweisung, kommt es auf die Voraussetzungen der Business Judgement Rule nicht mehr an.

Due Diligence
Unter den Voraussetzungen der Business Judgement Rule ist die Frage nach der „angemessenen Informationsgrundlage“ besonders bedeutend. Dabei sind die Geschäftsführer nicht gehalten, alle möglichen Informationen zu beschaffen. Vielmehr hat die Geschäftsleitung Kosten und Nutzen einer umfassenden Tatsachenermittlung einerseits sowie die Eilbedürftigkeit und das Risiko des Geschäftes andererseits abzuwägen. Berücksichtigt man die regelmäßig umfangreichen Risiken, die mit einer Geschäftsübernahme für den Erwerber verbunden sind, ist davon auszugehen, dass unter normalen Umständen eine Due Diligence durchzuführen sein wird, und deren Unterlassen eine Pflichtverletzung darstellen dürfte. Insbesondere wenn einer Unternehmensakquisition wegen ihrer Größe und Auswirkung auf die Unternehmensstrategie des Erwerbers grundsätzliche Bedeutung zukommt, muss eine der wirtschaftlichen Tragweite des Geschäftes angemessene und ausreichende Prüfung und Analyse der Vorteile und Risiken der Investitionsentscheidung stattfinden.

Gesellschafterfreigabe
In der Regel muss sich ein Geschäftsführer eine Akquisition im Vorhinein durch Gesellschafterbeschluss genehmigen lassen, ansonsten droht auch hier die persönliche Haftung. Dies muss auf Basis einer ordentlichen Vorlage an die Gesellschafter bzw. den Aufsichtsrat erfolgen, die in die Lage versetzt, eine Entscheidung über den Kauf unter Berücksichtigung aller Chancen und Risiken treffen zu können. Ist die Vorlage sachlich unzutreffend oder unvollständig kann die Genehmigung ins Leere laufen. Aus Sicht des Geschäftsführers empfiehlt es sich daher, die Grundlagen für die Kaufentscheidung umfangreich zu dokumentieren, damit die Gesellschafter auf ausreichender Informationsbasis entscheiden können.
 

Geschäftsführer der Veräußerer

Auch auf Veräußererseite können Bewertungsfragen und Kaufpreisfindung haftungsträchtig sein. Veräußert der Geschäftsführer das Unternehmen z.B. unter dem tatsächlichen Unternehmenswert, kann die veräußernde Gesellschaft einen Ersatz des entstandenen Schadens verlangen. Es kann sich daher empfehlen, externe Berater für die Unternehmensbewertung zu engagieren, insbesondere um der Business Judgment Rule gerecht zu werden. Denn auch die Verkaufsentscheidung muss auf angemessener Informationsgrundlage beruhen.

Bei der Vertragsgestaltung können sich zusätzliche Haftungsrisiken ergeben, die mittelbar die Ge-schäftsführer treffen können. So wird sich der Erwerber insbesondere umfangreiche Garantien geben lassen. Zwar werden in der Regel im Kaufvertrag Haftungshöchstbeträge vereinbart. Abhängig von der Verkaufskonstellation können diese aber bis zu 100% des Kaufpreises betragen. Hinzu kommen üblicherweise nicht limitierte Freistellungen für besondere Sachverhalte, wie z.B. Steuern und Altlasten. Wenn der Geschäftsführer pflichtwidrig bekannte Informationen im Transaktionsprozess nicht ausreichend berücksichtigt, kann auch der Geschäftsführer persönlich haften, in der Regel aber nur gegenüber der veräußernden Gesellschaft.  Diese Risiken können durch eine Due Diligence auf Verkäuferseite frühzeitig identifiziert und, soweit möglich, minimiert werden. Eine allgemeine Verpflichtung zur Durchführung einer sog. Vendor Due Diligence kann daraus aber nicht abgeleitet werden.
 

 

 

Fabian Mimberg, LL.M.
Rechtsanwalt
Senior Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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