Cannabis und Völkerrecht

Die Legalisierung von Cannabis wird die Ampelkoalition vor rechtliche Herausforderungen stellen. Dabei wird sich die Koalition auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob sich eine Legalisierung von Cannabis mit den eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen vereinbaren lässt.  

Deutschland ist mehreren völkerrechtlichen Verträgen über den Umgang mit Suchtstoffen beigetreten, wie beispielsweise dem „Übereinkommen vom 21. Februar 1971 über psychotrope Stoffe“ und dem „Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen“. Besonders relevant für die Regulierung von Cannabis ist das „Einheitsübereinkommens von 1961 über Suchtstoffe“, das für die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1974 in Kraft getreten ist.

Das Übereinkommen legt fest, welche Suchtstoffe unter internationaler Kontrolle stehen. Zudem regelt es die Kontroll- und Überwachungspflichten der Vertragsstaaten beim Anbau von Suchtstoffen. Das Einheits-Übereinkommen erlaubt nur den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken, lehnt eine Legalisierung zu Genusszwecken jedoch ab. Dies wirft die Frage auf, wie eine Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken erfolgen kann, ohne dabei völkerrechtliche Pflichten zu verletzen.

Der Entwurf des Cannabis-Kontrollgesetz aus dem Jahr 2015 sah vor, dass ein Austritt (und anschließender Wiedereintritt) notwendig sei. Bei einem Wiedereintritt könnte ein Vorbehalt gegen die restriktiven Vorschriften für Cannabis eingelegt werden. Beispiele für die Ausgestaltung des Vorbehalts liefern die Staaten Indien, Pakistan und Bangladesch. Auch Bolivien hatte in der Vergangenheit bei der Legalisierung des Kauens von Kokablättern diesen Weg gewählt. Bolivien informierte im Juni 2011 den Generalsekretär über seine Entscheidung, das Einheitsübereinkommen zu verlassen. Die Kündigung wurde zum 1. Januar 2012 wirksam. Direkt an diesem Tag trat Bolivien dann dem Übereinkommen erneut bei, nun jedoch mit dem Vorbehalt, den Konsum von Kokablättern zu kulturellen und medizinischen Zwecken zu erlauben. Ebenso könnte Deutschland auch bei der Legalisierung von Cannabis vorgehen. Ein Vorbehalt zur Gestattung des Cannabiskonsums auch für nichtmedizinische Zwecke ist nach Art. 49 des Übereinkommens ausdrücklich möglich.

Dahingegen dürfte die von Kanada und Uruguay gewählte Methode zwar rechtlich möglich sein, ein solches Vorgehen wird aber nicht empfohlen. Kanada und Uruguay haben Cannabis legalisiert ohne eine völkerrechtliche Konformität herzustellen. Obwohl in beiden Ländern der Konsum von Cannabis zu Genusszwecken legalisiert wurde, wurden keine Schritte unternommen, um den Widerspruch zwischen der nationalen Gesetzeslage und den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes zu lösen. Der Internationale Suchtstoffkontrollrat, zuständig für die Einhaltung des Einheitsübereinkommens, rügt aus diesem Grund jährlich die Cannabisregulierung der beiden Staaten und ruft diese zur Einhaltung ihrer völkerrechtlichen Pflichten auf. Auch wenn der Suchtstoffkontrollrat keine empfindlichen Sanktionen wie beispielsweise Bußgelder gegen vertragsbrüchigen Staaten verhängen kann, dürfte es außer Frage stehen, dass ein solch anhaltender Verstoß gegen völkerrechtliche Pflichten für die Bundesrepublik nicht in Betracht kommen sollte.

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