18.07.2019

Wettbewerbsverbote und Treuepflichten: Ein Überblick für Geschäftsführer und Gesellschafter

Klauseln zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten sind verbreitet und bekannt. Doch auch während ihrer Beschäftigung unterliegen Geschäftsführer/Vorstandsmitglieder selbst ohne eine entsprechende vertragliche Regelung weitreichenden Treuepflichten und Wettbewerbsverboten. Ähnliches gilt für Gesellschafter. Dieser Beitrag soll (potenziell) Betroffenen eine erste Orientierung geben.

Hintergrund

Vereinbarte Nachvertragliche Wettbewerbsverbote

Vertragsklauseln, welche Geschäftsführern Wettbewerbsverbote für die Zeit nach ihrer Tätigkeit auferlegen, sind verbreitet und ein häufiger Streitpunkt. Regelmäßig geht es dabei um ihre Reichweite und Wirksamkeit. Die Rechtsprechung betrachtet ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Mitglieder der Geschäftsleitung nur dann als zulässig, wenn es dem Schutz eines berechtigten Interesses der Gesellschaft dient und auf der Seite des Betroffenen dessen Berufsausübung bzw. wirtschaftliche Betätigung nicht unbillig erschwert. Letztlich ist damit eine Interessenabwägung erforderlich.

Ein berechtigtes Interesse der Gesellschaft am Verbot wettbewerblicher Tätigkeit liegt nicht bereits in der pauschalen Verhinderung etwaiger Vorteile für Wettbewerber oder der Stärkung der Konkurrenz; vielmehr muss das Schutzinteresse konkret betroffen sein, etwa weil der Ausscheidende Geschäftskontakte zu Stammkunden unterhält oder betriebsinterne, schützenswerte Kenntnisse hat. Das dürfte zwar regelmäßig der Fall sein, gleichwohl kann auf dieser Grundlage kein globalgalaktisches Verbot für den Ausscheidenden vereinbart werden, nie wieder und nirgendwo sein Know-how und seine Kontakte für eine Erwerbstätigkeit einzusetzen. Zeitlich ist das Verbot – abgesehen von besonderen Einzelfällen – auf nicht mehr als zwei Jahre zu beschränken, wenn nicht gar wegen der Schnelllebigkeit der Branche ein kürzerer Zeitraum angemessen ist. Auch gegenständlich und örtlich darf das Verbot nicht über das aus den Umständen des Einzelfalls Gebotene hinausgehen. So kann Wettbewerb nur zu Unternehmen mit ähnlichen Produkten auf dem gleichen (regionalen) Markt entstehen. Sachliche Beschränkungen ergeben sich für die Gesellschaft etwa aus ihrem satzungsgemäßen Unternehmensgegenstand. Vor dem beschriebenen Hintergrund kommt auch ein weltweites Wettbewerbsverbot nur dann in Betracht, wenn die Gesellschaft auch tatsächlich überall tätig ist.

 

Gesetzliche Treuepflichten und Wettbewerbsverbote

Auch ohne explizite vertragliche Regelung bestehen Wettbewerbsverbote bestimmten Umfangs und generelle Treuepflichten für die Zeit der Tätigkeit des Geschäftsleiters für die Gesellschaft. Der Geschäftsführer und das Vorstandsmitglied einer Kapital- bzw. der geschäftsführende Gesellschafter einer Personengesellschaft unterliegen auch ohne ausdrückliche Vereinbarung gesetzlichen Pflichten und Verboten, deren Reichweite sich abhängig von der Gesellschaftsform unterscheidet. Die Bandbreite umfasst das Verbot von eigenen Geschäften im konkreten Betätigungsfeld der Gesellschaft bis hin zum Verbot, überhaupt irgendein anderes Handelsgewerbe zu betreiben. Auch eine wirtschaftliche oder mitgliedschaftliche Beteiligung an dem Unternehmen eines Wettbewerbers oder die Gründung bzw. Finanzierung eines solchen bzw. eine parallele Tätigkeit in deren Geschäftsleitung, kann eine Pflichtverletzung darstellen.
Im Rahmen der Treuepflichten sind vor allem Geschäftsgeheimnisse der Gesellschaft zu wahren und Geschäftschancen, die der Sphäre der Gesellschaft zugeordnet sind, sind eben dort zu verfolgen und nicht für persönliche Interessen an sich zu ziehen.

Um die Reichweite und die Anwendungsfälle der gesetzlichen Pflichten und Verbote zu präzisieren, bietet sich sowohl für die Gesellschaft als auch für den Geschäftsleiter gleichwohl eine individuelle vertragliche Lösung an, die den konkreten Bedürfnissen Rechnung trägt.

 

Treuepflichten und Wettbewerbsverbote für Gesellschafter

Für Gesellschafter bestehen Wettbewerbsverbote in einem zurückgenommenen Umfang und mit unterschiedlicher Reichweite. Als Faustregel gilt: Je persönlicher die Gesellschaftsstruktur, desto strenger sind die Gesellschafterpflichten. So unterliegt die persönlich haftende Komplementärin der Kommanditgesellschaft, die zugleich und anders als die Kommanditisten auch zur Geschäftsführung befugt ist, weitreichenderen Betätigungsverboten, als etwa der Gesellschafter einer kapitalistischen Gesellschaftsform. Im Grundsatz sind Verbote auch bei den Anteilsinhabern Ausdruck ihrer Treuepflichten, sodass auch der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft regelmäßig pflichtwidrig handelt, wenn er Geschäftsgeheimnisse preisgibt, oder für die Gesellschaft wichtige Geschäfte, welche ihm in seiner Rolle als Gesellschafter seiner Gesellschaft angetragen wurden, an sich zieht (oder einer anderen seiner Beteiligungsgesellschaft zuschiebt).

 

Folgen von Verstößen

Bei Verletzung der genannten Pflichten und Verbote stehen der Gesellschaft und ggf. Mitgesellschaftern Unterlassungs- und ggf. Schadensersatzansprüche zu. Außer der Haftung kann bei der treuwidrigen Vergabe von Geschäftschancen der Gewinn abgeschöpft werden. Dem pflichtverletzenden Geschäftsführer droht als persönliche Konsequenz die Abberufung aus dem Geschäftsführeramt, ggf. verbunden mit einer fristlosen Kündigung des Dienstverhältnisses.

Bei der Frage, ob die Gesellschaft ihre Organe wegen festgestellter Pflichtverletzungen in die Haftung nehmen sollte, dürfen Wechselwirkungen nicht außer Acht gelassen werden: So kann der Verzicht auf Ausgleichsansprüche gegen Gesellschafter ggf. eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen. Bei der Frage, ob ein Vorstandsmitglied haftbar gemacht wird, trifft den hierfür zuständigen Aufsichtsrat eine Legalitätspflicht; seine Entscheidungsmacht ist also insofern eingeschränkt.
 

Wie sich absichern?

Bei dem Thema Wettbewerbsverbote und Treuepflichten verbieten sich Pauschalisierungen, denn Vieles lässt sich nur im konkreten Einzelfall beurteilen. Vertragliche Wettbewerbsklauseln sollten vor Vertragsschluss gründlich geprüft werden. Hier zu „pokern“ ist angesichts der drohenden Nichtigkeit nicht angebracht. Allerdings erlauben Sie, das individuelle Rechtsverhältnis bedarfsgerecht zu gestalten.

Bestehen Unsicherheiten über die Reichweite gesetzlicher Wettbewerbsverbote und Treuepflichten, so bietet es sich an, auch diese explizit zu regeln. Sofern es nur um einen ganz bestimmten Fall geht, kann dies meist durch einfachen Gesellschafterbeschluss oder die Zustimmung des Aufsichtsrates erfolgen. Grundsätzliche Regelungen des Verhältnisses der Organe zueinander und zur Gesellschaft bedürfen einer Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag.

 

Susanne Abraham
Rechtsanwältin
Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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