01.12.2025

BSG: Keine Erfüllung des Mindestlohnanspruchs durch Firmenwagen

BSG: Keine Erfüllung des Mindestlohnanspruchs durch Firmenwagen

Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 13. November 2025, B 12 BA 8/24 R und B 12 BA 6/23 R) kann die Überlassung eines Firmenwagens als einzige Vergütung den gesetzlichen Mindestlohn nicht ersetzen. Es genügt nicht, dass Arbeitgeber die wegen der Überlassung des Firmenwagens anfallenden Sozialversicherungsbeiträge entrichten. Auch die Beiträge auf den gesetzlichen Mindestlohn sind abzuführen, so das Bundessozialgericht in einer aktuellen Pressemitteilung.

Sachverhalt

In zwei Fällen erhielten teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer von ihren Arbeitgebern das monatliche Bruttogehalt ausschließlich in Form einer Sachleistung, nämlich als Firmenwagen mit privater Nutzungsmögkeit. Die wegen der Überlassung der Firmenwagen erforderlichen Sozialversicherungsbeiträge führten die Arbeitgeber ordnungsgemäß ab. Nach Betriebsprüfungen bei beiden Arbeitgebern forderte die Deutsche Rentenversicherung Bund Beiträge mit der Begründung nach, dass die Gewährung geldwerter Vorteile nicht auf den Mindestlohnanspruch angerechnet werde. 

In der Vorinstanz gaben das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 19. Juni 2024, L 8 BA 111/20) sowie das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Urt. v. 19. April 2023, L 5 BA 1846/22) noch den Arbeitgebern Recht. Für die sozialversicherungsrechtliche Beitragsberechnung komme es lediglich auf das Entstehen des arbeitsrechtlichen Entgeltanspruchs an, unabhängig von der Art und Weise der Erfüllung. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aufgrund des Mindestlohngesetzes. Ist der Bruttolohnanspruch arbeitsvertraglich ausdrücklich in Geld bemessen, würden sich daran die zu entrichtenden Beiträge berechnen. Ob dieser Bruttolohnanspruch durch die Sachleistung arbeitsrechtlich erfüllt werde, habe sozialversicherungsrechtlich keinen Einfluss. Daher seien die Arbeitgeber in beiden Fällen ihren Beitragspflichten vollumfänglich nachgekommen. 

Entscheidung

Das Bundessozialgericht (BSG) gab den Revisionen der Beklagten, der Deutschen Rentenversicherung Bund statt. Anhand der bisher vorliegenden Informationen aus der Pressemitteilung und dem Terminsbericht des BSG wird deutlich, dass es nach dem BSG zwar tatsächlich auf das Entstehen des arbeitsrechtlich geschuldeten Entgeltanspruchs, unabhängig von der Art und Weise der Erfüllung dieses Anspruchs, ankomme. Allerdings stehe der gesetzliche Mindestlohnanspruch eigenständig neben dem arbeits- sowie tarifvertraglichen Entgeltanspruch. Dieser eigenständige Mindestlohnanspruch begründe daher auch einen eigenen Anspruch der Sozialversicherungsträger auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag, der nicht durch die bereits entrichteten Sozialversicherungsbeiträge wegen der Überlassung des Firmenwagens abgegolten sei. Zudem verlange das Mindestlohngesetz eine Zahlung von Geld, weshalb die Überlassung des Firmenwagens auch nicht den gesetzlichen Mindestlohnanspruch erfüllen könne.  

Der Umstand, dass diese Rechtsauffassung zu einem die vereinbarte Vergütung übersteigenden Zufluss durch die Überlassung des Firmenwagens führen könne, habe sozialversicherungsrechtlich keine Relevanz, entschied das BSG. Vielmehr habe gegebenenfalls eine Rückabwicklung wegen ungerechtfertigter Bereicherung zwischen den Parteien zu erfolgen. 

Anmerkung

Die Entscheidungen des BSG stehen im Einklang mit der Auffassung des BAG, dass der Mindestlohnanspruch aus § 1 Abs. 1 MiLoG eigenständig neben den arbeits- und tarifvertraglichen Entgeltanspruch trete und durch Entgeltleistung in Form von Geld erfüllt werde (BAG, Urt. v. 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16).

Arbeitgeber müssen damit rechnen, dass bei Betriebsprüfungen in Zukunft verstärkt Fälle in den Fokus der Betriebsprüfer geraten, bei denen Arbeitnehmer vorwiegend Sachbezüge erhalten und gleichzeitig nicht der Mindestlohn in Geld gewährt wird. Insoweit ist mit Beitragsnachforderungen der Sozialversicherungsträger zu rechnen.

Dr. Friederike Wolter 

Autor/in
Dr. Volker Schneider

Dr. Volker Schneider
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