12.11.2025
Im internationalen Handel sind Banksicherheiten unverzichtbar. Aufgrund des stagnierenden Wirtschaftswachstums in vielen europäischen Ländern geraten zahlreiche Unternehmen unter Druck. Die Folge sind nicht erfüllte Handelsverträge und Streitigkeiten um bereitgestellte Banksicherheiten. Wissen, worauf man in einem solchen Streitfall achten muss, ist entscheidend. Im Folgenden vergleichen wir die rechtlichen Rahmenbedingungen und die in Betracht kommenden Handlungsoptionen in Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich – je nach Art der Sicherheit und Rolle der Parteien.

Neben Dokumenteninkasso und Bankbürgschaften sind Bankgarantien in ihren unterschiedlichen Formen ein etabliertes Instrument zur Sicherung von Zahlungs- und Leistungsverpflichtungen, insbesondere im grenzüberschreitenden Handel. In Deutschland ist die Bankgarantie „auf erstes Anfordern” das Instrument der Wahl, da sie schnelle Liquidität verspricht. Im Gegensatz zu akzessorischen Sicherungsinstrumenten prüft die Bank, die eine Bankgarantie „auf erstes Anfordern” gewährt, die zugrunde liegende Forderung vor der Auszahlung nicht; sie verweigert die Zahlung nur in Fällen des offensichtlichen Rechtsmissbrauchs.
Unternehmen, die als Garantiegläubiger auftreten, sind jedoch gut beraten, eine Garantie auf erstes Anfordern nicht in Anspruch zu nehmen, ohne zuvor die vertraglichen Voraussetzungen der Garantievereinbarung und die des zugrunde liegenden Hauptvertrags zu prüfen. Hierdurch kann ein kostspieliger und zeitaufwändiger Rückforderungsprozess vermieden werden, der vom Garantieschuldner eingeleitet werden könnte. In diesem Zusammenhang sollten auch auf den ersten Blick unbedeutende Bestimmungen zum anwendbaren Recht und zur internationalen Zuständigkeit sorgfältig geprüft werden. Oftmals werden die Parteien von diesen Aspekten überrascht, beispielsweise wenn der Begünstigte die Zahlung verlangt, sich jedoch mit einem „ungünstigen” Rechtssystem an einem strategisch ungünstigen Gerichtsstand konfrontiert sieht, das den Begriff des Rechtsmissbrauchs übermäßig weit auslegt.
Kommt der Garantiegläubiger zu dem Schluss, dass der Garantiefall eingetreten ist, sollte er schnell und ohne vorherige Benachrichtigung des Garantieschuldners handeln und die Zahlung des Garantiebetrags von der Bank verlangen. Andernfalls könnte der Garantieschuldner einen Antrag auf einstweilige Verfügung vorbereiten.
Für den Garantieschuldner kann es ratsam sein, vor Gericht eine einstweilige Verfügung gegen die Bank oder den Vertragspartner zu beantragen, um die Auszahlung der Garantiesumme zu verhindern. Dies kann zweckmäßig sein, wenn die Zahlungsfähigkeit des Schuldners selbst in Frage steht oder wenn zu befürchten ist, dass der Vertragspartner während eines langwierigen Rückforderungsprozesses in Zahlungsschwierigkeiten gerät. Ob eine einstweilige Verfügung Aussicht auf Erfolg hat, hängt von den vertraglichen Bestimmungen der Garantievereinbarung zwischen der Bank und dem Begünstigten sowie von dem auf dieses Verhältnis anwendbaren Recht ab. Die Bürgschaftsvereinbarung kann detaillierte Bestimmungen enthalten, die eine Verweigerung der Zahlung ermöglichen, wie beispielsweise die Anforderung eines (schiedsgerichtlichen) Urteils gegen den Begünstigten. Enthält die Bürgschaftsvereinbarung jedoch keine solchen Bestimmungen, kann die Zahlung im Rahmen einer auf erstes Anfordern fälligen Bürgschaft in der Regel nur in Fällen von Rechtsmissbrauch verhindert werden, der mit „liquiden“ Beweismitteln nachzuweisen ist. Ein solcher Missbrauch könnte beispielsweise vorliegen, wenn der Begünstigte und die Bank die Rückgabe der Garantie zu einem bestimmten Zeitpunkt vereinbart hatten, der Begünstigte die Garantie jedoch nach diesem Zeitpunkt in Anspruch nimmt. In jedem Fall aber ist zügiges Handeln entscheidend, denn die Garantiebank wird die garantierte Summe in der Regel innerhalb weniger Tage auszahlen.
Ist die Garantiesumme bereits ausgezahlt, könnte der Garantieschuldner die Belastung seines Kontos anfechten, wenn die Zahlung gemäß den Bedingungen der Garantievereinbarung nicht autorisiert war oder wenn ein Fall des Missbrauchs vorliegt. Darüber hinaus könnte die Bank für Schäden haftbar gemacht werden, wenn sie den Schuldner nicht unverzüglich über die Forderung informiert und ihm damit die Möglichkeit genommen hat, die Zahlung zu verhindern.
Aus Sicht der garantiegebenden Bank führt die Inanspruchnahme der Garantie zu einem Dilemma: Einerseits muss die Bank ihre Verpflichtung aus der Garantie gegenüber dem Garantiegläubiger erfüllen. Andererseits muss sie ihr Vertragsverhältnis mit dem Garantieschuldner beachten und Zahlungen ohne ordnungsgemäße Begründung vermeiden, da sie sonst den Regressbetrag nicht rechtmäßig vom Konto des Schuldners abbuchen könnte. Neben der Prüfung der wesentlichen Vertragsunterlagen und der Korrespondenz der Parteien ist es für die Bank ratsam, eine angemessene Frist verstreichen zu lassen, bevor sie die Auszahlung vornimmt – insbesondere um festzustellen, ob eine einstweilige Verfügung erlassen wurde, die die Auszahlung der Garantie untersagt. Auch aus wirtschaftlicher Sicht ist Zurückhaltung oft mit weniger Risiken verbunden, da der potenzielle Verlust des Garantiegläubigers in der Regel aus den Kosten für eine Ersatzfinanzierung (z. B. Darlehenszinsen) besteht, während eine ungerechtfertigte Auszahlung zum Verlust des gesamten Garantiebetrags führen kann, wenn sich eine Rückforderung später als unmöglich erweist.

Die in Deutschland üblichen Banksicherheiten gibt es auch im französischen Recht. Das in Frankreich weit verbreitete Instrument zur Absicherung von Handelsgeschäften ist die „garantie autonome”, die der deutschen Garantie „auf erstes Anfordern” sehr ähnlich ist. Wie ihr deutsches Pendant ist die „garantie autonome” abstrakt und unabhängig vom zugrunde liegenden Hauptvertrag und zielt auf schnelle Liquidität ab. Die „garantie autonome“ entsteht durch eine einseitige Erklärung des Garanten. Dabei ist darauf zu achten, dass sie inhaltlich klar von einer Bankbürgschaft („cautionnement“) abgegrenzt wird, da sonst die Gefahr einer nachträglichen Umdeutung der Sicherheit besteht.
Forderungen im Rahmen einer „garantie autonome“ müssen allen in der Garantieerklärung festgelegten formellen Anforderungen sowie den im Hauptvertrag vereinbarten Garantiebedingungen entsprechen. Darüber hinaus darf auch nach französischem Recht die Zahlung nur in Fällen offensichtlichen Missbrauchs verweigert werden. Nach französischer Rechtsprechung ist dies beispielsweise dann der Fall, wenn der Begünstigte selbst seinen Verpflichtungen aus dem Hauptvertrag nicht nachgekommen ist.
Genau wie in Deutschland erlaubt das französische Recht dem Garantieschuldner, einen Eilantrag auf einstweilige Verfügung beim „juge des référés“, dem zuständigen Richter, zu stellen, um eine missbräuchliche Inanspruchnahme zu verhindern. Dieses Vorgehen ist wirkungsvoll, da es die Durchsetzung der Garantie erheblich verzögern kann, insbesondere wenn es um erhebliche Beträge oder technische Streitigkeiten geht, selbst wenn Gerichtsentscheidungen in der Regel schnell ergehen.
Aus Sicht des Garantiegläubigers ist das französische System darauf ausgelegt, die schnelle Durchsetzbarkeit von Bürgschaften zu fördern, wobei der Schwerpunkt auf der Abstraktheit der Bankgarantie liegt. In der Praxis erfordert das zweckmäßige Vorgehen jedoch oft eine sorgfältige Abwägung der Interessen des Schuldners und der Bank, da eine schnelle Auszahlung nicht immer gewährleistet ist.
Aus Sicht der Bank ist die gesetzliche Zahlungsverpflichtung zwar klar, doch in der Praxis handeln Banken mit Vorsicht, um eine Haftung aus unrechtmäßiger Inanspruchnahme zu vermeiden. In der Regel benachrichtigen sie den Schuldner nach Erhalt einer Aufforderung und halten die Auszahlung der Garantiesumme kurzzeitig zurück, um dem Schuldner Zeit zum Handeln zu geben, wodurch der gesamte Prozess eine weitere Ebene in Bezug auf Zeitplanung und Strategie erfährt.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass französische Gerichte in einigen Streitfällen französisches Recht auf Streitigkeiten über Garantien angewendet haben, wenn das französische Recht den Hauptvertrag regelt, gleichwohl die Garantievereinbarung ausdrücklich einem anderen Recht unterlag.

In Italien ist die „garanzia autonoma” oder „garanzia a prima richiesta” weit verbreitet, insbesondere bei öffentlichen Aufträgen und Handelsverträgen. Wie ihre deutschen und französischen Pendants ist sie eine nicht akzessorische Garantie, sodass Einreden aus dem Hauptvertrag die Auszahlung nicht verhindern können. Wie in Frankreich ist eine präzise Formulierung bei der Garantieerklärung unerlässlich, um eine Umdeutung in eine akzessorische Bürgschaft zu vermeiden, die das Risiko von Einreden aus dem Hauptvertrag birgt.
Vor der Auszahlung prüfen italienische Banken nur zwei eng definierte Ausnahmen („exceptio doli“): Arglist und Missbrauch. Infolgedessen hat der Garantieschuldner nur wenig Spielraum für ein frühzeitiges Eingreifen. Anders als in Deutschland und Frankreich sind vorbeugende Rechtsbehelfe durch einstweilige Verfügungen in Italien selten und unterliegen strengen Anforderungen, insbesondere einer hohen Beweislast. Darüber hinaus neigen italienische Gerichte dazu, den Zweck der „garanzia autonoma” als Instrument zur sofortigen Liquiditätsbeschaffung zu betonen, sodass eine vorbeugende gerichtliche Kontrolle von Garantiezahlungen selten gewährt wird. Folglich ist der Rechtsschutz für den Schuldner in Italien weitgehend reaktiv in Form von Rückforderungs- oder Schadensersatzansprüchen nach erfolgter Auszahlung.
Dementsprechend bietet die autonome Garantie einen hochwirksamen und sofortigen Schutz gegen das Risiko der Nichterfüllung für den Garantiebegünstigten. Die Verpflichtung der Bank zur Zahlung auf erstes Anfordern gewährleistet Vertrauen und Liquidität ohne die Verzögerungen durch Rechtsstreitigkeiten oder den Nachweis eines Verstoßes. Diese Autonomie hat jedoch Grenzen: Der Begünstigte muss in gutem Glauben und nicht missbräuchlich handeln, da betrügerische oder opportunistische Forderungen die „exceptio doli“ auslösen und zu einer Schadensersatzpflicht führen können.
Die garantierende Bank ist verpflichtet, auf erste Anforderung zu zahlen, sofern die formellen Voraussetzungen erfüllt sind. Dies gewährleistet zwar Effizienz in den Geschäftsbeziehungen, setzt die Bank jedoch auch Zahlungsrisiken aus, insbesondere wenn der Schuldner seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist. Der Schutz der Bank beschränkt sich dann auf Fälle der „exceptio doli“.

In Österreich spielen Bankbürgschaften eine untergeordnete Rolle, was in erster Linie auf die dortige staatliche „Stempelgebühr“ in Höhe von 1 % des gesicherten Betrags zurückzuführen ist, die vom Bürgschaftsschuldner zu entrichten ist. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist die Garantie „auf erstes Anfordern“ die bevorzugte Sicherheit bei österreichischen Handelsverträgen und Bauprojekten. Wie die oben genannten Gegenstücke ist auch die österreichische Version nicht akzessorisch. Darüber hinaus kennt Österreich die sogenannte „einfache Garantie”, die zwar generell abstrakt ist, aber vom Begünstigten verlangt, dass er vor der Zahlung das Eintreten des gesicherten Ereignisses nachweist. Da sie nicht auf erstes Anfordern zahlbar ist, kommt ihr in der Praxis allerdings nur eine geringe Bedeutung zu.
Ein typischer Streitfall im Zusammenhang mit einer Garantie auf erstes Anfordern in Österreich entsteht, wenn ein Bauunternehmer seine Bank beauftragt, eine Garantie zugunsten des Kunden zur Sicherung der Bauleistung auszustellen. Die Bank verpflichtet sich, den Kunden – den Gläubiger – auf erste schriftliche Aufforderung hin ohne weitere Prüfung zu bezahlen. Wenn der Kunde später unter Berufung auf einen Mangel oder eine Verzögerung die Zahlung verlangt, muss die Bank unverzüglich zahlen – unabhängig davon, ob tatsächlich ein Mangel oder eine Verzögerung vorliegt oder nicht. Der Bauunternehmer als Garantieschuldner kann die Zahlung der Bank nicht direkt beanstanden, sondern muss stattdessen rechtliche Schritte gegen den Auftraggeber einleiten. Dies verdeutlicht das im österreichischen Recht zentrale Prinzip „erst zahlen, dann prozessieren“.
Bei Streitigkeiten über Sicherheiten entsprechen die verfügbaren Rechtsbehelfe und strategischen Überlegungen denen des deutschen Rechts. Der Schuldner kann eine einstweilige Verfügung bei Gericht beantragen, um die Zahlung zu blockieren. Für die Bank bleibt es nach österreichischem Recht umstritten, ob sie den Garantieschuldner vor der Auszahlung benachrichtigen muss, um eine einstweilige Verfügung zu ermöglichen. In der Praxis fordern Banken jedoch ganz regelmäßig im Rahmen ihrer vertraglichen Sorgfalts- und Treuepflichten eine Stellungnahme des Garantieschuldners ein, bevor sie die Auszahlung vornehmen.
Der Vergleich zeigt, dass die abstrakte Garantie „auf erstes Anfordern“ und ihre Pendants in allen verglichenen Rechtsordnungen das bevorzugte Sicherungsinstrument sind. Die den Beteiligten zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe und strategischen Überlegungen im Falle einer Streitigkeit sind ebenfalls weitgehend ähnlich:
Für den Garantiegläubiger lautet die wichtigste Empfehlung einheitlich: Die Garantie sollte nicht in Anspruch genommen werden, ohne vorab sowohl die Garantievereinbarung als auch die materiellen Anforderungen des Hauptvertrags sorgfältig zu prüfen. Nur so können kostspielige Rückforderungsprozesse vermieden werden. In diesem Zusammenhang sollten auch die Bestimmungen zum anwendbaren Recht und zur internationalen Zuständigkeit sorgfältig geprüft werden, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Sobald der Garantiefall eingetreten ist, sollte der Gläubiger schnell handeln und die Zahlung der Garantiesumme von der Bank verlangen, bevor der Garantieschuldner eine einstweilige Verfügung vorbereiten kann.
Für Garantieschuldner kann eine einstweilige Verfügung vor staatlichen Gerichten ein wirksames und zweckmäßiges Mittel sein, um die Zahlung zu verhindern – mit der Einschränkung, dass Italien nur eingeschränkt vorbeugenden Rechtsschutz bietet. Bei der Beurteilung ihrer Position sollten Schuldner den Umfang der Bürgschaft, die abgedeckten Verpflichtungen, etwaige Fristen und die Bedingungen für die Rückgabe der Sicherheit genau prüfen. Wird die Bürgschaft zu einem Zeitpunkt in Anspruch genommen, in dem der Begünstigte bereits zur Rückgabe der Bürgschaft verpflichtet ist, könnte der Schuldner erfolgreich einen Rechtsmissbrauch geltend machen. In der Praxis muss sich der Schuldner zudem bewusst sein, dass in der Regel nur ein kurzes Zeitfenster zur Verfügung steht, um die Auszahlung zu verhindern – schnelles Handeln ist daher unerlässlich.
Aus Sicht der garantiegebenden Bank kann es über eine gründliche Prüfung der wichtigsten Dokumente hinaus ratsam sein, mit der Auszahlung des Garantiebetrags eine angemessene Zeit zu warten, da in der Zwischenzeit eine einstweilige gerichtliche Verfügung zur Auszahlung erlassen werden könnte.
Dr. Stephan Bausch, D.U.
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