05.09.2019

Mieterdaten, Due Diligence und DSGVO – Widerstreitende Interessen bei Immobilientransaktionen

Hintergrund

Im Vorfeld von Immobilientransaktionen wird dem potenziellen Käufer regelmäßig Einblick in mietvertragliche Dokumente gewährt. Die Mietsituation ist zentral für das vertragliche Risikomanagement und die Kaufpreisverhandlung. Dabei kommt es neben der Darstellung wertbildender Faktoren regelmäßig auch zur Offenlegung personenbezogener Daten der Mieter. Doch inwiefern ist diese bisher übliche Offenlegung von Mieterdaten datenschutzrechtlich zulässig und inwieweit erfordert die DSGVO eine Anpassungen der bisherigen Praxis? Der folgende Beitrag gibt Aufschluss.

Anwendbarkeit der DSGVO

Soweit im Rahmen der Due Diligence personenbezogene Daten offengelegt werden, ist die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auf diese anwendbar. Bei Immobilientransaktionen stellen insbesondere die Angaben in der klassischen Mieterliste und in den Mietverträgen, wie Namen der Mieter, Anschrift und die Belegenheit der Wohnung, personenbezogene Daten dar. Soweit es sich bei dem Mieter nicht um eine natürliche Person, sondern eine juristische Person handelt, ist die DSGVO dagegen in der Regel nicht einschlägig. Bei Großkunden, wie Banken oder Supermarktketten, ergeben sich daher in der Regel keine datenschutzrechtlichen Herausforderungen, da die DSGVO auf solche Gesellschaften keine Anwendung findet.

Die DSGVO ist außerdem nicht anwendbar, sofern die Daten keinerlei Personenbezug aufweisen. Bei anonymen oder statistischen Daten stellen sich die folgenden Herausforderungen somit nicht. Anonymisiert sind die Daten aber nur dann, wenn die dahinterstehende Person nicht mehr identifiziert werden kann. Davon zu unterscheiden ist die bloße Pseudonymisierung, bei der die Hinzuziehung zusätzlicher Informationen zur Identifikation genügt. Bei pseudonymisierten Daten ist der erforderliche Personenbezug weiterhin vorhanden.

Zulässigkeit der Datenverarbeitung

Falls die betroffenen Daten der DSGVO unterfallen, stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit der Verarbeitung. Wird im Rahmen der Due Diligence beispielsweise eine Mieterliste offengelegt, so liegt eine Verarbeitung der personenbezogenen Daten vor. Eine solche Datenverarbeitung muss stets von einem Erlaubnistatbestand gedeckt sein. Problematisch ist allerdings, auf welche gesetzliche Grundlage eine solche Datenverarbeitung gestützt werden kann.

Zwar könnte die Verarbeitung der Mieterdaten durch eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 a) DSGVO gedeckt werden, allerdings wäre die Einholung der Einwilligung sämtlicher betroffener Mieter wenig praktikabel und außerdem mit dem Makel der jederzeitigen Widerruflichkeit behaftet. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b) DSGVO, der die Verarbeitung von Daten zur Erfüllung eines Vertrages oder auf Verlangen des Betroffenen im Rahmen vorvertraglicher Maßnahmen gestattet, kommt ebenfalls nicht in Betracht, da die Verarbeitung in der Due Diligence weder aufgrund eines Vertrages mit dem Mieter noch auf dessen Anfrage erfolgt.

Die Verarbeitung könnte durch ein berechtigtes Interesse nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 f) DSGVO legitimiert sein. Dabei dürften den Interessen an der Verarbeitung keine überwiegenden Interessen der betroffenen Personen gegenüberstehen. Bei der Interessenabwägung ist zu beachten, dass besonders sensible Daten schwerer ins Gewicht fallen. Deren Offenlegung sollte daher möglichst vermieden werden. Grundsätzlich ist die rechtliche Bewertung eines kostenintensiven Kaufgegenstands als berechtigtes Interesse anerkannt. Hierbei gilt, dass die Interessen der Vertragsparteien der Transaktion umso höher wiegen, je näher der Eigentumsübergang an der Immobilie rückt und je weniger Kaufinteressenten noch an der Transaktion beteiligt sind. Das Interesse der Mieter daran, dass die Daten nicht offengelegt werden, wird demgegenüber zunehmend geringer, da der Erwerber mit der Eintragung im Grundbuch ohnehin ihr neuer Vertragspartner wird.

Denkbar ist auch, die Datenverarbeitung im Vorfeld der Transaktion auf eine zulässige Zweckänderung nach Art. 6 Abs. 4 i. V. m. Art. 6 Abs. 1 S. 1 b) DSGVO zu stützen, da die Verarbeitung der Daten im Rahmen der Due Diligence zu einem anderen Zweck erfolgt als zu dem sie ursprünglich erhoben wurden. Die Verarbeitung der Daten im Rahmen der Due Diligence zu einem neuen Zweck ist dann zulässig, wenn dieser mit dem ursprünglichen Zweck vereinbar ist. Bei der Beurteilung der Zweckkompatibilität sind verschiedene Kriterien zu berücksichtigen, wie die bestehenden Verbindungen zwischen den beiden Zwecken, der Zusammenhang, in welchem die personenbezogenen Daten erhoben wurden, die Art der Daten, die möglichen Folgen der beabsichtigten Weiterverarbeitung und das Vorhandensein geeigneter Garantien.

Stets gilt, dass die Datenübertragung nur im erforderlichen Rahmen gestattet. Dies folgt aus dem gesetzlichen Grundsatz der Datenminimierung in Art. 5 Abs. 1 c) DSGVO. Wird den schutzwürdigen Mieterinteressen durch eine Pseudonymisierung ausreichend Rechnung getragen, so wird die Datenverarbeitung in der Regel zulässig sein.

Empfehlungen für die Praxis

Es sollten nur solche Daten offengelegt werden, die wirtschaftlich für die Transaktion relevant sind. Entsprechend des gebotenen Grundsatzes der Datenminimierung sollte der Personenbezug bei allen mieterbezogenen Unterlagen weitestgehend aufgehoben und insgesamt möglichst schonend mit den Daten umgegangen werden (insbesondere durch Pseudonymisierung). Zudem können eine Verschwiegenheitsvereinbarung, eine Verschlüsselung der Datenübertragung sowie eine Geheimhaltungs- und Löschpflicht die Eingriffsintensität verringern. Zur Vorbereitung einer möglichen Immobilientransaktion in der Zukunft empfiehlt es sich zudem, bereits zum Zeitpunkt der Datenerhebung vor Abschluss des Mietvertrages in den Datenschutzhinweisen nach Art. 13 DSGVO darauf hinzuweisen, dass die Daten im Falle einer anstehenden Veräußerung auch gegenüber Dritten offengelegt werden können.

Insgesamt sollte im Rahmen von Immobilientransaktionen verstärkt auf den Datenschutz geachtet werden. Vor der Offenlegung entsprechender Daten sollte die Zulässigkeit mithilfe einer Interessenabwägung überprüft werden. Bei Berücksichtigung dieser Anhaltspunkte sprechen jedoch gute Gründe für die Konformität mit dem Datenschutzrecht.

Weiterlesen: Vertiefend mit diesem Thema beschäftigen sich die Autoren Johannes Klausch LL.M. und Dr. Silvia Hartmann in ihrem Beitrag „Datenschutz im Rahmen von Immobilientransaktionen“ im Betriebsberater (BB 2019, 1030-1035).

 

Johannes Klausch, LL.M. (London)
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Dr. Silvia Hartmann
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