06.05.2025
Die US-Zölle auf Importe aus allen Ländern haben die globale Wirtschaft stark verunsichert. Für die EU sollen nach Aussage von US-Präsident Trump Zölle in Höhe von 20 % für Exporte in die USA gelten. Kurz danach setzte US-Präsident Trump für 90 Tage die flächendeckenden Zölle auf 10 % herab, um den Ländern Gelegenheit zur Verhandlung zu geben. Nahezu sicher ist nur eines: Es wird höhere Zölle geben. Unternehmen sollten sich daher bereits jetzt mit den Auswirkungen der höheren Zölle auf ihre Handelsgeschäfte auseinandersetzen. Die Zölle betreffen insbesondere Produkte aus Schlüsselindustrien wie Technologie, Stahl, Aluminium, Automobil und Agrarwirtschaft. Hier hatten die USA bereits im Februar 2025 Zölle in Höhe von 25 % auf Einfuhren dieser Produkte angekündigt.
In erster Linie sollten Unternehmen die Gültigkeit ihrer Verträge unter den neuen Bedingungen prüfen und klären, wie die Kosten dieser Zölle zwischen den Parteien vertraglich aufzuteilen sind. Dies hängt vom anwendbaren Recht des Vertrags und den Vertragsbedingungen selbst ab.
In der Praxis wird in den meisten Verträgen ausdrücklich oder stillschweigend geregelt, welche Partei die Kosten für Transport und Zoll trägt, nicht selten durch die Aufnahme einer Incoterms®-Klausel der Internationalen Handelskammer (ICC). Grundsätzlich ist danach der Käufer für die Einfuhrfreimachung und der Verkäufer für die Ausfuhrfreimachung verantwortlich. Sofern die Vertragsparteien die Incoterms®-Klausel „Delivered Duty Paid“ (DDP) vereinbart haben, trägt der Verkäufer alle Kosten für Einfuhr- und Ausfuhrzölle bis zum Lieferort, in der Regel die Betriebsstätte des Käufers. Damit trägt der Verkäufer bei dieser Klausel ebenfalls das zollrechtliche Risiko im grenzüberschreitenden Verkehr. Spiegelbildlich zu der Incoterms®-Klausel DDP obliegt die Zollfreimachung bei Vereinbarung der Incoterms®-Klausel Ex Works (EXW) vollständig dem Käufer.
In Abwesenheit einer vertraglichen Zollvereinbarung trägt gemäß der Zweifelsfallregelung des § 448 Abs. 1 BGB bei Kaufverträgen der Verkäufer die Kosten der Übergabe, während der Käufer die Abnahme- und Versandkosten an einen anderen Ort als den Erfüllungsort trägt. Bei grenzüberschreitenden Versendungskäufen gemäß § 447 Abs. 2 BGB trägt der Käufer alle nach der Übergabe an die Transportperson entstehenden Transportkosten, einschließlich zusätzlicher Kosten wie Steuern und Zölle nach Verlassen des Erfüllungsortes.
Ein gesetzliches Recht auf Preisanpassung zwischen Vertragsparteien besteht in der Regel nur bei einem groben Missverhältnis zwischen der vertraglich vereinbarten Leistung und dem Leistungsinteresse der anderen Partei. Bei unerwarteten Leistungserschwerungen, die zu einer bloßen Störung des Äquivalenzverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung führen, was bei einer kurzfristigen Erhöhung von Zollgebühren der Fall sein dürfte, kann die betroffene Partei ihre Leistung nicht aufgrund einer etwaigen Unmöglichkeit ihrer Leistung nach § 275 Abs. 2 BGB verweigern. Die Erhöhung von Zollgebühren stellt keine grobe Unverhältnismäßigkeit für die betroffene Partei dar.
Für die Geltendmachung eines Rechts auf Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB fehlt es bei erhöhten Zöllen an einer schwerwiegenden, wesentlichen Änderung, in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existenziell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt. Vorhersehbare Änderungen begründen darüber hinaus grundsätzlich kein Recht auf Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB, da die zum normalen Vertragsrisiko gehörenden Störungen zu Lasten der betroffenen Partei gehen. Lieferverträge beinhalten stets ein gewisses Risiko hinsichtlich Preisschwankungen oder gestiegener Transportkosten, etwa wenn die Vertragsparteien Festpreise vereinbaren.
Erhöhte Zölle stellen zudem auch keinen Fall höherer Gewalt (Force Majeure) dar. Höhere Gewalt wird definiert als ein von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes und auch durch die äußerste, vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis. Durch höhere Zölle ist eine Vertragspartei allerdings in der Regel nicht an ihrer Leistung gehindert, sofern durch die Zölle lediglich höhere Kosten verursacht werden.
Vereinbarte Hardship-Klauseln in Verträgen erlauben eine Anpassung der Vertragsbedingungen bei veränderten Umständen. Die Schwierigkeit hierbei liegt jedoch in dem Erfordernis einer klaren Definition, was unter einem sogenannten Härtefall zu verstehen ist, um unerwünschte Auswirkungen von Zolländerungen zu vermeiden. Die Einstufung erhöhter Zölle als Härtefall hängt von der individuellen Ausgestaltung und Interpretation der Klausel ab, da es keine festen Grenzen gibt.
In der Praxis gängig ist schließlich die Vereinbarung von Preisanpassungsklauseln, um in langfristigen Vertragsverhältnissen Flexibilität zu gewährleisten. Die genaue Formulierung der Klausel ist entscheidend, da die Rechtsprechung strenge Anforderungen an die Wirksamkeit der Klausel stellt, insbesondere bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nach § 307 BGB und nach den Regelungen des Preisklauselgesetzes (PreisklG). Eine wirksame Preisanpassungsklausel muss transparent sein und darf die Vertragsparteien nicht unangemessen benachteiligen, etwa durch einseitige Preissteigerungen bei Kostenerhöhungen ohne entsprechende Senkung des Preises im Falle von Kostensenkungen oder etwa wenn nur eine Partei die Anpassung verlangen kann. Eine präzise Formulierung und detaillierte Ausarbeitung der Preisanpassungsklausel sind daher essentiell.
Insgesamt ist es entscheidend, dass Unternehmen, die von den neuen US-Zöllen betroffen sind, jetzt proaktiv handeln und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um ihre internationalen Geschäftsmodelle zu schützen. Faire Regelungen zur Preisanpassung, Lieferzeitverlängerung und Haftungsbegrenzung können den Vertragsparteien helfen, flexibler auf die veränderten Handelsbedingungen zu reagieren und ihre langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.
Dr. Christoph von Burgsdorff, LL.M. (Essex)
Partner
Hamburg
christoph.von.burgsdorff@luther-lawfirm.com
+49 40 18067 12179
Luisa Kramer
Associate
Hamburg
luisa.kramer@luther-lawfirm.com
+49 40 18067 18792