06.10.2025

Das Wasserstoffbeschleunigungsgesetz – Neue Impulse für die Vergabepraxis und den ÖPNV

Blog Wasserstoffbeschleunigungsgesetz

Mit der Verabschiedung des Wasserstoffbeschleunigungsgesetzes (WasserstoffBG) durch das Bundeskabinett am 1. Oktober 2025 steht die deutsche Wasserstoffwirtschaft vor einem entscheidenden Schritt. Das Gesetz, das in Kürze in Kraft treten dürfte, setzt neue Maßstäbe für Planung, Genehmigung und insbesondere die Vergabe von Projekten im Bereich der Wasserstoffinfrastruktur. Für Unternehmen, öffentliche Auftraggeber und insbesondere den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ergeben sich daraus erhebliche Vorteile und neue Handlungsoptionen.

Beschleunigte Verfahren und vergaberechtliche Erleichterungen

Das WasserstoffBG bündelt zahlreiche Einzelregelungen zur Beschleunigung von Genehmigungs- und Vergabeverfahren. Für relevante Infrastrukturprojekte wird ein überragendes öffentliches Interesse gesetzlich festgeschrieben. Dies führt dazu, dass Vorhaben im Anwendungsbereich des Gesetzes bei Abwägungsentscheidungen besonders gewichtet sind und damit schneller genehmigt werden können. Vergaberechtlich sieht das Gesetz vorübergehende erhebliche Verfahrenserleichterungen vor, um dringliche Beschaffungen nicht durch langwierige Vergabeverfahren zu verzögern. Diese Erleichterungen gelten für Anlagen oder Leitungen einschließlich Nebenanlagen nach § 2 Absatz 1 WasserstoffBG und tragen dem hohen Beschleunigungsinteresse Rechnung.

Abweichung vom Losgrundsatz: Gesamtvergaben möglich

Ein zentrales Novum ist die Abweichung vom Grundsatz der losweisen Vergabe (§ 97 Abs. 4 GWB). Nach § 6 Abs. 2 WasserstoffBG sind Gesamtvergaben zulässig, wenn wirtschaftliche, technische oder zeitliche Gründe vorliegen. Besonders hervorzuheben ist, dass die besondere Eilbedürftigkeit wasserstoffrelevanter Projekte ausdrücklich als legitimer Grund für eine Gesamtvergabe anerkannt wird. Der Gesetzgeber will damit dem Umstand Rechnung tragen, dass Losbildungen beim öffentlichen Auftraggeber zu erhöhtem zeitlichen Aufwand führen können – sowohl im Vergabeverfahren als auch bei der Auftragsausführung.

Milderung der Unwirksamkeitsfolge

Die Regelung des § 6 Abs. 4 WasserstoffBG eröffnet zudem die Möglichkeit, von der zwingenden Unwirksamkeitsfolge des § 135 Abs. 1 GWB abzusehen. Hiernach soll gelten: Liegen zwingende Gründe des Allgemeininteresses vor – sprich: das überragende öffentliche Interesse am Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft –, können stattdessen mildere Sanktionen wie Geldbußen oder eine Verkürzung der Vertragslaufzeit verhängt werden.

Beschleunigtes Nachprüfungsverfahren

Besonderes Augenmerk darf auf § 7 WasserstoffBG und sein beschleunigtes Nachprüfungsverfahren gelegt werden: Entscheidungen können auf Antrag des Auftraggebers nach Lage der Akten getroffen werden; mündliche Verhandlungen sind nicht zwingend und können per Videokonferenz erfolgen. Die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde wird weitgehend eingeschränkt; unterlegene Bieter werden damit häufig auf Sekundärrechtsschutz (insbesondere Schadensersatz) verwiesen. Maßgeblich ist stets das „überragende öffentliche Interesse“ am zügigen Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur, das regelmäßig die Belange einzelner Antragsteller überwiegt. 

Relevanz für den ÖPNV: Chancen für wasserstoffbetriebene Busse

Gerade für ÖPNV-Unternehmen eröffnet das neue Gesetz große Chancen. Viele Verkehrsunternehmen setzen bereits auf wasserstoffbetriebene Busse als klimafreundliche Alternative. Mit dem WasserstoffBG wird der Aufbau einer leistungsfähigen Versorgungsinfrastruktur erheblich erleichtert – insbesondere was die Anbindung an Transportleitungen betrifft. Die beschleunigten Verfahren ermöglichen es ÖPNV-Betreibern so auch, schneller auf Fördermittel zuzugreifen und Projekte zügig umzusetzen.

Fazit

Das Wasserstoffbeschleunigungsgesetz dürfte ein Meilenstein für den Hochlauf der deutschen Wasserstoffwirtschaft werden. Es vereinfacht nicht nur Planungs-, Genehmigungs- und Vergabeverfahren erheblich, sondern schafft auch einen verlässlichen Rahmen für Investitionen – insbesondere im Bereich des klimafreundlichen Nahverkehrs. Unternehmen sind gut beraten, sich frühzeitig mit den neuen Regelungen vertraut zu machen und ihre Prozesse entsprechend anzupassen, um die Chancen optimal zu nutzen.

Autor/in
Dr. Stefan Mager

Dr. Stefan Mager
Partner
Essen
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