23.01.2019

Änderungen im Umwandlungsrecht – Letzte Rettung der Limiteds nach dem Brexit?

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Hintergrund

23.01.2019

Änderungen im Umwandlungsrecht – Letzte Rettung der Limiteds nach dem Brexit?

Als Folge des Brexits droht zahlreichen Gesellschaftern von britischen Limiteds (Ltd.), die ihren  Verwaltungssitz in Deutschland haben, eine unbeschränkte persönliche Haftung. Auf dieses Dilemma hat der deutsche Gesetzgeber mit den am 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Änderungen im Umwandlungsgesetz reagiert.


Das Problem

Aufgrund des Brexits können sich britische Gesellschaften künftig nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit berufen. Dies bedeutet, dass britische Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland nicht länger als britische Kapitalgesellschaft (mit beschränkter Haftung), sondern fortan als deutsche Personengesellschaft (OHG/GbR) anerkannt werden, deren Gesellschafter unbeschränkt und persönlich für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften.


 

Bisherige Handlungsoptionen


Die bislang verfügbaren Handlungsoptionen, um die britische Ltd. bzw. deren Geschäft in eine deutsche Gesellschaft zu überführen, sind jeweils mit gewissen Nachteilen und Unwägbarkeiten verbunden.

  • Der Asset Deal setzt gemäß §§ 414 ff. BGB die Zustimmung der Gläubiger voraus und führt zur Aufdeckung stiller Reserven der Gesellschaft.
  • Der grenzüberschreitende Formwechsel ist mangels gesetzlicher Regelungen und wegen des notwendigen Mitwirkens britischer Behörden von Unsicherheiten in der Umsetzung geprägt.
  • Für die grenzüberschreitende Verschmelzung auf eine Kapitalgesellschaft besteht mit den §§ 122a ff. UmwG zwar ein kodifizierter Rechtsrahmen, allerdings ist ihre Umsetzung wegen des notwendigen Verfahrens vor dem High Court of Justice inklusive zwangsweiser Anwaltsvertretung oftmals mit einem recht hohen Kostenaufwand verbunden. Hinzu kommt, dass eine grenzüberschreitende Verschmelzung bislang z.B. nur auf eine GmbH, nicht hingegen (wegen des sog. Sacheinlageverbots) auf eine UG möglich ist.
  • Interessant ist das Konzept der sog. Anwachsung. Dabei werden von den Gesellschaftern der Ltd. alle Anteile an der Ltd. auf eine deutsche Gesellschaft (z.B. UG/GmbH) übertragen. Alleingesellschafterin der Ltd. wird somit die deutsche UG/GmbH. Mit dem Brexit wird die Ltd. automatisch zu einer Personengesellschaft (s. oben). Da eine Personengesellschaft aber zwingend mindestens zwei Gesellschafter haben muss, erlischt die „Ltd./Personengesellschaft“ und deren Vermögen und Verbindlichkeiten gehen automatisch auf die UG/GmbH über. Nachteil dieser Option ist allerdings, dass die Übertragung des Geschäfts der Ltd. (anders als bei einer Verschmelzung, die im Handelsregister eingetra-gen wird) in keinem Register dokumentiert wird.

 

Helfen die Änderungen im Umwandlungsgesetz?

Die negativen Auswirkungen des Brexits auf britische Limiteds nahm der Gesetzgeber zum Anlass, zum 1. Januar 2019 die §§ 122a ff. des Umwandlungsgesetzes zu ändern. Wesentlich sind zwei Veränderungen:

 

  • Zunächst ist nunmehr auch die grenzüberschreitende Verschmelzung auf Personenhandelsgesellschaften zulässig. Dadurch soll den Gesellschaftern der Limiteds die kostengünstige Möglichkeit der Verschmelzung auf eine KG (UG & Co. KG oder GmbH & Co. KG) ermöglicht werden, um der persönlichen unbeschränkten Haftung zu entgehen.
  • Weiterhin sieht der neu geschaffene § 122m UmwG eine solche grenzüberschreitende Verschmelzung selbst nach dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU oder dem Ablauf einer eventuell vereinbarten Übergangsfrist vor, sofern der Verschmelzungsplan vor dem Ablauf dieses Zeitpunktes bereits notariell beurkundet wurde und die Verschmelzung innerhalb von zwei Jahren zur Registereintragung angemeldet wird.


Ob diese Gesetzesänderungen allerdings wirklich helfen, ist fraglich, da es für die grenzüberschreitende Verschmelzung auch der Mitwirkung der britischen Behörden bedarf. Die für den Vollzug erforderliche Verschmelzungsbescheinigung wird durch das englische Companies House ausgestellt, dessen Kooperationsbereitschaft allerdings ungewiss ist. Darüber hinaus dürften relativ hohe Kosten anfallen, da im Rahmen der grenzüberschreitenden Verschmelzung zwangsweise ein Gerichtsverfahren vor dem High Court of Justice in London unter anwaltlicher Vertretung durchzuführen ist.
 

Fazit

Die gesetzlichen Neuerungen sind vom Gesetzgeber gut gemeint. Trotz des erweiterten Handlungsspielraums der Gesellschafter einer Ltd. bleiben im Ergebnis aber Zweifel an ihrem praktischen Nutzen.


Weiterlesen:

Blunk, Brexit ante portas – Was bietet der Referentenentwurf zur Änderung des Umwandlungsrechts?

Mentzel, Das Ende der Limited in Deutschland?

von Massenbach/Ader, Brexit-Verhandlungen vertagt – Wie es jetzt weitergeht

Autor/in
Dr. Cédric Müller, LL.M. (Bristol)

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Alexander Masson, LL.B.

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