23.01.2017

Anerkennung von Klimaschutzmaßnahmen: Kalkindustrie mit Luther vor EuGH erfolgreich

Die bisherige Weigerung der Europäischen Kommission, das sogenannte Carbon Capture & Utilisation (CCU) im Bereich der Kalkindustrie als Mittel zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen anzuerkennen, ist rechtswidrig. Dies hat der Europäische Gerichtshof am 19. Januar 2017 entschieden.

Hintergrund

Die bisherige Weigerung der Europäischen Kommission, das sogenannte Carbon Capture & Utilisation (CCU) im Bereich der Kalkindustrie als Mittel zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen anzuerkennen, ist rechtswidrig. Dies hat der Europäische Gerichtshof am 19. Januar 2017 entschieden.

Zugrunde lag eine Klage des Kalkherstellers Schaefer Kalk, die als Musterverfahren für die gesamte europäische Kalkindustrie gilt. Das Industrieunternehmen ließ sich von der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft vertreten (EuGH, Urteil vom 19. Januar 2017, Rs. C-460/15, Schaefer Kalk).

„In der europäischen Kalkindustrie gibt es eine Reihe von Unternehmen, die ein besonderes Verfahren zur Reduzierung ihrer Kohlendioxidemissionen anwenden: Sie fangen das bei dem Betrieb der Kalkbrennöfen entstehende Kohlendioxid auf und leiten es dann in eine Anlage zur Herstellung von gefälltem Kalziumkarbonat weiter. Dort wird das Kohlendioxid dann chemisch umgewandelt und stofflich gebunden. Dieses Verfahren, das auch als Carbon Capture and Utilisation (CCU) bezeichnet wird, schützt das Klima, weil die Freisetzung von Treibhausgasen in die Atmosphäre verhindert wird. Zugleich kann es die Kalkhersteller finanziell entlasten, da für das umgewandelte Kohlendioxid keine teuren Emissionszertifikate im Emissionshandelssystem abgegeben werden müssen“, erläutert Dr. Stefan Altenschmidt, Rechtsanwalt und Partner im Beratungsfeld Umwelt, Planung, Regulierung der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft, den technischen und wirtschaftlichen Hintergrund des Rechtsstreits.

„Die Europäische Kommission hat allerdings bisher eine Anerkennung von CCU in der Kalkindustrie abgelehnt. In ihrer Monitoring-Verordnung hatte sie ausdrücklich festgelegt, dass auch das im Wege des CCU weitergeleitete und stofflich umgewandelte Kohlendioxid als Emission in die Atmosphäre behandelt werden muss. Die betroffenen Kalkhersteller waren hierdurch gezwungen, Emissionszertifikate zu erwerben und abzugeben, obwohl das Treibhausgas überhaupt nicht in die Atmosphäre gelangt. Brüssel begründete dies mit der Gefahr eines Schlupflochs. Die Kommission wollte verhindern, dass die Regelungen des Emissionshandelssystems hierdurch umgangen werden. Zudem meinte die Kommission, dass es den Wettbewerb zwischen den Kalkunternehmen verfälsche, wenn einige Unternehmen durch CCU ihre Emissionsmengen verringern können und hierdurch weniger Emissionszertifikate kaufen und abgeben müssen“, fasst Dr. Adina Sitzer, Rechtsanwältin bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft die Position der Brüsseler Behörde zusammen. Unterstützt wurde die Europäische Kommission im Verfahren bei dem EuGH durch die deutsche Bundesregierung und die Deutsche Emissionshandelsstelle im Umweltbundesamt (DEHSt).

Mit seiner aktuellen Entscheidung hat der EuGH die Argumente der Kommission und der deutschen Behörden zurückgewiesen und die entsprechenden Regelungen der EU-Monitoring-Verordnung (Art. 49 Abs. 1 S. 2 sowie Anhang IV Abschnitt 10 Unterabschnitt B Verordnung (EU) Nr. 601/2012) für unwirksam erklärt. Dr. Stefan Altenschmidt, Rechtsanwalt und Partner im Beratungsfeld Umwelt, Planung, Regulierung der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft: „Der EuGH hat in seinem Urteil festgestellt, dass die Europäische Kommission ihre Befugnisse aus der Emissionshandelsrichtlinie 2003/87/EG verletzt hat und CCU in der Kalkindustrie anerkennen muss. Der Gerichtshof begründet dies mit der Existenz ausreichender Überwachungsmöglichkeiten. Schlupflöcher seien daher nicht zu befürchten. Zudem werde der Wettbewerb zwischen den Unternehmen nicht verfälscht, da die Nutzung von CCU einen objektiven Unterschied zum bloßen Ausstoß des Kohlendioxids in die Atmosphäre darstellt. Mit der jetzigen Entscheidung aus Luxemburg ist klargestellt, dass Kalkhersteller, die ihre Emissionen aktiv durch CCU reduzieren, hierfür auch im europäischen Emissionshandelssystem angemessen belohnt werden.“

Prozessvertretung beim EuGH:

Für Schaefer Kalk:

Luther Rechtsanwaltsgesellschaft, Umwelt, Planung, Regulierung: Dr. Stefan Altenschmidt (Partner), Dr. Adina Sitzer (beide Düsseldorf)

Weitere Beteiligte:

Europäische Kommission: Eric White, Katarzyna Herrmann, beide Juristischer Dienst der Europäischen Kommission

Deutsche Emissionshandelsstelle im Umweltbundesamt (DEHSt): Martin Fleckner, Justitiariat der DEHSt

Bundesregierung: Thomas Henze, Dr. Kathrin Petersen, beide Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Kontakt

Dr. Stefan Altenschmidt, LL.M.
Rechtsanwalt | Partner
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Graf-Adolf-Platz 15
40213 Düsseldorf
Telefon: +49 211 5660 18737
Mobil: +49 152 016 27482
stefan.altenschmidt@luther-lawfirm.com

Autor/in
Dr. Stefan Altenschmidt, LL.M. (Nottingham)

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Partner
Düsseldorf
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