23.03.2020

Pandemie erfordert pragmatischen Umgang mit der Medizinprodukteverordnung

Hintergrund

In dieser Zeit der Pandemie erreichen uns täglich Meldungen über Versorgungsengpässe bei Arzneimitteln und Medizinprodukten. Bei Medizinprodukten kann sich die Situation deutlich verschärfen, wenn die Medizinprodukteverordnung (MP-VO) wie geplant ab Mai 2020 Geltung erlangt.

Bereits vor der Pandemie lastete erheblicher Druck auf den Medizinprodukte-Herstellern, da die für die Konformitätsbewertung erforderlichen Benannten Stellen mehrheitlich nicht re-zertifiziert sind oder durch den Brexit dauerhaft wegfallen. Zudem stehen für die Umsetzung der Medizinprodukteverordnung wesentliche Rechtsakte und Leitlinien weiterhin aus und sind angesichts der aktuellen Krise und der damit einhergehenden Belastung der Verwaltung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten.

Erforderlich ist nun eine breit angelegte Übergangsregelung. Diese können nicht nur durch die EU sondern auch durch die Bundesregierung initiiert werden. Die Basis bietet Art. 59 MP-VO. Danach kann jede zuständige Behörde im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme eines Produkt, das kein Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen hat, genehmigen, wenn dessen Verwendung im Interesse der öffentlichen Gesundheit, der Patientensicherheit oder -gesundheit liegt. Diese auf spezifische Produkte und Einzelentscheidungen ausgerichtete Regelung gilt es nun zu nutzen, um zumindest nach altem Recht zertifizierte Produkte in der Versorgung zu halten.

Über eine solche Entscheidung muss der Mitgliedstaat die Kommission sowie die übrigen Mitgliedstaaten unterrichten. Die Kommission kann in begründeten Fällen äußerster Dringlichkeit die Genehmigung des einzelnen Mitgliedstaats durch sofort geltende Durchführungsrechtsakte für einen begrenzten Zeitraum auf das gesamte Gebiet der Union ausweiten. Es steht völlig außer Frage, dass der Verordnungsgeber bei dieser Regelung einzelne Produkte in Ausnahmefällen im Blick hatte. Dies belegt auch der Wortlaut der Verordnung. Dennoch bietet diese Regelung eine Grundlage, um in einer außerordentlichen Lage für den Gesundheitssektor in einem durch die MP VO klar strukturierten Verfahren Lösungen im Interesse der Patienten zu finden und neue Versorgungsengpässe abzuwenden. Für die Medizinproduktehersteller wäre es ein wichtiges Signal um in unsicherer Zeit ein Stück Planungssicherheit zurückzugewinnen..

Foto: Pixabay

Autor/in
Cornelia Yzer

Cornelia Yzer
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