29.03.2018

Neuer Ressortzuschnitt, neue Ministerin, neuer Fokus? – ein Ausblick auf die umweltpoliti-schen Ziele der neuen Bundesregierung

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29.03.2018

Neuer Ressortzuschnitt, neue Ministerin, neuer Fokus? – ein Ausblick auf die umweltpolitischen Ziele der neuen Bundesregierung

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne – diese Worte des Literaturnobelpreisträgers Hermann Hesse spiegeln sich in gewisser Weise bereits im neuen Namen des Bundesumweltministeriums wider, das nun statt wie bisher als Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit als Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit nach außen in Erscheinung tritt. Während die Bauzuständigkeit nach nur einer Legislaturperiode an das neue Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat abgetreten wurde, ist der Grund für die nuklearbezogene Namensänderung im beschlossenen Ausstieg aus der nuklearen Energieerzeugung zu sehen.

Nach dem Koalitionsvertrag sollen Umweltschutz und wirtschaftliche Betätigung eng aufeinander abgestimmt werden. Wenn es um umweltschutzbezogene Maßnahmen mit Einflüssen auf industrielle Rahmenbedingungen geht, sollen die Grundsätze von Kosteneffizienz und Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden. Auf den Bestand des Industriestandorts Deutschland zielt das Förderprogramm Dekarbonisierung in der Industrie ab, mit dem insbesondere die Abwanderung von Industriebetrieben infolge schärferer Umweltstandards (sog. Carbon Leakage) verhindert werden soll.

EU-Vorgaben will man zukünftig 1:1 umsetzen. Was hieraus in der Praxis wird, bleibt abzuwarten. Auch wenn die Aussage zur Novellierung der TA Luft zeitlich dann doch eher unpräzise bleibt, ist zu hoffen, dass z.B. die Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen zügig erfolgt.

An anderer Stelle geht der Koalitionsvertrag von einer stärkeren Einbindung betroffener Bürger aus. Er sieht etwa vor, den mobilitätsbezogenen Lärm deutlich zu reduzieren und hierbei die Bürger frühzeitiger einzubinden. Für den Schienennetz-Ausbau ist ein „strukturiertes Verfahren“ geplant, bei dem das Ergebnis der Bürgerbeteiligung dann sogar dem Deutschen Bundestag vorzulegen ist und ihm einzelfallbezogene Planungskompetenzen eingeräumt werden sollen. Dies lässt Parallelen zum Standortauswahlgesetz für ein atomares Endlager erkennen. Ob das Parlament dabei jedoch tatsächlich wie vorgeschlagen im Einzelfall „über das gesetzliche Maß hinausgehende Lärmschutzmaßnahmen“ festlegen kann, erscheint angesichts der grundsätzlichen Bindung der immissionsschutzrechtlichen Vorsorge an den Stand der Technik eher zweifelhaft.

Den eigentlichen Schwerpunkt auf der umweltpolitischen Agenda bildet aber wie in den vergangenen Legislaturperioden die Vereinbarkeit von anspruchsvollem Klimaschutz mit wirtschaftlicher Prosperität. Insgesamt bekennt sich auch die neue Bundesregierung zu den Klimazielen 2020, 2030 und 2050, wobei implizit die Verfehlung des Klimaziels 2020 eingestanden wird, wenn davon die Rede ist, „die Handlungslücke zur Erreichung des Klimaziels 2020 so schnell wie möglich zu schließen.“ Handlungsmaxime hierfür soll ein Zieldreieck aus Versorgungssicherheit, Sauberkeit und Wirtschaftlichkeit sein. Dass sich vor diesem Hintergrund auch die Betreiber von Industrieanlagen zukünftig mit strengeren Umweltschutzvorgaben konfrontiert sehen dürften, dürfte zu erwarten sein. So soll die Einhaltung der Klimaschutzziele 2030 im nächsten Jahr mit einem Klimaschutzgesetz verbindlich festgeschrieben werden.

Nachdem der endgültige Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie in den letzten beiden Legislaturperioden eingeleitet worden ist, zeichnet sich ein vergleichbares Szenario nun auch für die Kohlestromerzeugung ab. So soll eine neu zu gründende Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ bereits bis Ende dieses Jahres einen Aktionsplan ausarbeiten, der neben allgemeinen Maßnahmen zur Einhaltung der Klimaziele auch speziell solche zur schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung vorsehen soll, und zwar unter Nennung eines Abschlussdatums. Hiervon dürfte auch Nordrhein-Westfalen besonders betroffen sein.

Da passt es gut, dass die neue Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) aus Nordrhein-Westfalen kommt und die Schwierigkeiten eines kohlebedingten Strukturwandels kennt. Als ehemalige nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerin hat sie bewiesen, die ihrem Ressort zugeordneten Angelegenheiten hartnäckig und engagiert im politischen Tagesgeschäft zu vertreten – eine Eigenschaft, die der Verfasser bereits aus persönlicher Erfahrung kennt: Anfang der 1990er-Jahre forderte er als Spitzenkandidat der Junge Union-Hochschulgruppe die heutige Ministerin und damalige Vorsitzende des AStAs an der Ruhr-Universität Bochum bei den Wahlen zum Studentenparlament heraus.

 

 

Dr. Stefan Altenschmidt, LL.M. (Nottingham)
Partner
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Düsseldorf
Telefon +49 211 5660 18737
stefan.altenschmidt@luther-lawfirm.com