19.12.2017

E-Justice-Gesetz reformiert elektronischen Rechtsverkehr

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Hintergrund

19.12.2017

 

E-Justice-Gesetz reformiert elektronischen Rechtsverkehr

Zum Jahreswechsel wird die elektronische Zustellung im deutschen Prozessrecht durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten reformiert. Für „professionelle Verfahrensbeteiligte“, wie Rechtsanwälte, Behörden oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, bedeutet das E-Justice-Gesetz nicht nur Organisationsaufwand, sondern bringt auch neue Verpflichtungen mit sich.

Ausgangslage

Das Führen eines Zivilprozesses vor deutschen Gerichten ist bisher ein sehr „papierlastiges“ Unterfangen. Zwar haben zahlreiche Gerichtsbarkeiten in den Bundesländern mittlerweile einen elektronischen Zugangskanal eröffnet, sodass die Verfahrensbeteiligten ihre Schriftsätze grundsätzlich in digitaler Form bei Gericht einreichen können. Mangels einer dahingehend bundeseinheitlichen Regelung besteht jedoch ein regelrechter Flickenteppich. Mit § 130a Abs. 2 ZPO existiert zwar eine Verordnungsermächtigung, den elektronischen Rechtsverkehr (ERV) einzuführen. Manche Länder installierten daraufhin einzelne Pilotgerichte, andere wiederum ließen den ERV jedoch nur in Mahn- und Registersachen zu. Für den Praktiker bedeutet dies den Umstand, dass er sich bei jedem Gericht einzeln informieren muss, ob es den elektronischen Rechtsverkehr akzeptiert oder nicht. Daneben fehlt es an einer einheitlichen Regelung bezüglich der elektronischen Erreichbarkeit der anderen Verfahrensbeteiligten. Die Geschäftsstellen der Gerichte drucken elektronisch empfangene Dokumente deswegen in der Regel aus und versenden diese per Briefpost an die Verfahrensbeteiligten.

Neue Regelung zum Jahreswechsel

Dem will der Gesetzgeber mit einer Reform des elektronischen Rechtsverkehrs hin zu einer bundeseinheitlichen Regelung abhelfen. Die elektronische Übermittlung von Schriftsätzen an die Zivilgerichte bleibt danach zwar zunächst freiwillig. Obligatorisch soll sie insbesondere für Rechtsanwälte und Behörden jedoch spätestens zum 1. Januar 2022 werden.

Gleichwohl erfolgt für eine Gruppe von Verfahrensbeteiligten bereits zum 1. Januar 2018 eine wichtige Neuregelung. Betroffen sind diejenigen, bei denen eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis möglich ist. Das sind neben den Organen der Rechtspflege insbesondere Steuerberater, Behörden, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts oder „sonstige Personen, bei denen aufgrund ihres Berufes von einer erhöhten Zuverlässigkeit ausgegangen werden kann“. Hierunter versteht die Rechtsprechung etwa öffentlich bestellte Sachverständige, Wirtschaftsprüfer, Steuerbevollmächtigte, vereidigte Buchprüfer, aber auch Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Buchprüfungsgesellschaften. Für sie alle besteht zum 1. Januar 2018 die Verpflichtung einen „sicheren Übermittlungsweg“ für die Zustellung elektronischer Dokumente zu eröffnen. „Sicher“ bedeutet dabei, dass der Absender durch den Übertragungsweg authentifiziert wird. Nach dem Willen des Gesetzgebers müssen diese professionellen Beteiligten dem Gericht – sofern noch nicht bekannt – zu Beginn eines Verfahrens oder vorab generell unaufgefordert die elektronische Postfachadresse für zumindest einen sicheren Übermittlungsweg mitteilen.

Die Zustellung eines elektronischen Dokuments über den „sicheren Übermittlungsweg“

Die „sicheren Übermittlungswege“ definiert der Gesetzgeber im neu gefassten § 130a Abs. 4 ZPO. Bei den wichtigsten sicheren Übermittlungswegen handelt es sich um:

  • die absenderauthentifizierte De-Mail
  • das besondere elektronische Anwaltspostfach
  • das besondere Behördenpostfach

Über diese Wege kann ein elektronisches Dokument, das zusätzlich mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortlichen Person versehen oder von dieser signiert sein muss, übermittelt werden. Zur Zustellung versendet das Gericht das elektronische Dokument zusätzlich mit einem elektronischen Empfangsbekenntnis in strukturierter maschinenlesbarer Form. Bestätigt der Empfänger den Erhalt des Dokuments, erkennt dessen Software automatisch das vom Gericht übersendete Empfangsbekenntnis und verifiziert dieses.

Ein wichtiger Schritt hin zu einer effizienten Prozessführung

Mit dem Jahreswechsel geht das deutsche Prozessrecht einen ersten Schritt in Richtung eines verpflichtenden elektronischen Rechtsverkehrs. Langfristig wird damit eine Effizienzsteigerung der Prozessführung einhergehen. Von der Änderung betroffen sind zunächst nur die zuvor genannten professionellen Verfahrensbeteiligten. Für diese besteht jetzt ein unmittelbarer Handlungsbedarf. Sie sind verpflichtet, einen sicheren Übermittlungsweg für die Zustellung elektronischer Dokumente vorzuhalten. Für Anwälte bedeutet dies zum Beispiel, das besondere elektronische Anwaltspostfach freizuschalten. Bei etwaigen Verstößen hiergegen bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung positionieren wird. Um Haftungsfälle oder Sanktionen von vornherein zu vermeiden, sollten insbesondere die Organisationsverantwortlichen umgehend tätig werden.

 

Dr. Stephan Bausch, D.U.
Partner
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Jaschar S. Stölting
Associate
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