02.10.2017

Änderung des Energie- und des Stromsteuergesetzes

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Hintergrund

02.10.2017

Änderung des Energie- und des Stromsteuergesetzes

Am 4. September 2017 ist das „Zweite Gesetz zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes“ im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Das Änderungsgesetz passt das Energie- und das Stromsteuergesetz mit Wirkung ab dem 1. Januar 2018 an insbesondere beihilferechtliche Vorgaben des Europarechts an. Zudem verlängert der Gesetzgeber die Begünstigung einiger Kraftstoffe und reagiert auf die rasante Entwicklung im Bereich der Elektromobilität.

Beihilferechtlicher Teufelskreis für „Unternehmen in Schwierigkeiten“

Zur Umsetzung beihilferechtlicher Vorgaben der Europäischen Union wurden die §§ 3b EnergieStG und 2a StromStG neu aufgenommen. Der Inhalt dieser Neuregelungen sollte Unternehmen, die Entlastungen von der Energie- beziehungsweise Stromsteuer beantragen, nicht unbekannt sein:

Zur unterjährigen Inanspruchnahme von Energie- und Stromsteuerentlastungen fordert die Zollverwaltung bereits seit Jahresbeginn die Selbsterklärung, dass

  • gegenüber dem Unternehmen keine Rückforderung gewährter Beihilfen nach § 3b Abs. 1 EnergieStG beziehungsweise § 2a Abs. 1 StromStG besteht oder
  • das Unternehmen nicht „in Schwierigkeiten“ gemäß § 3b Abs. 2 EnergieStG beziehungsweise § 2a Abs. 2 StromStG ist.

Gerade der Begriff des „Unternehmens in Schwierigkeiten“ ist vielschichtig und reicht von den bekannten Insolvenztatbeständen über Verluste bestimmter Anteile der Eigenmittel bis zu bestimmten verschuldungsgraden und Zinsdeckungsverhältnissen. Die wahrheitsgemäß abzugebende Selbsterklärung, ein Unternehmen in einer solchen wirtschaftlichen Zwangslage zu sein, führt Betroffene häufig in einen Teufelskreis.

Denn während einer solchen wirtschaftlichen Zwangslage ist eine Steuerentlastung ausgeschlossen. Dies gilt auch dann, wenn bei Beantragung der Steuerentlastung die Zwangslage überwunden ist, aber vorher im Zeitraum der Nutzung von Energie beziehungsweise Strom bestand.

Umgekehrt besteht der Entlastungsanspruch, wenn ein Unternehmen nicht im Nutzungszeitraum, sondern erst bei Antragstellung in Schwierigkeiten war – eine Auszahlung der Entlastungsbeträge erfolgt dann erst, nachdem das Unternehmen die Zwangslage überwunden hat.

Eine Versagung beziehungsweise Stundung der Auszahlung von Entlastungsbeträgen verschärft regelhaft nur die bestehenden Schwierigkeiten weiter. Denn nicht selten bilden Energie- und Stromsteuerentlastungen eine tragende wirtschaftliche Säule des laufenden Geschäftsbetriebs.

Mit anderen Worten: Wer im Sinne des Energie- und des Stromsteuergesetzes einmal „Unternehmen in Schwierigkeiten“ ist, bleibt dies auch fürs Erste – und ist im schlimmsten Fall bald kein Unternehmen mehr.

Veränderungen bei Steuerbegünstigungen

Die Energie- und Stromsteuerentlastung für sogenannte mineralogische Verfahren nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) EnergieStG und gemäß § 9a Abs. 1 StomStG wird ausgedehnt – beispielsweise auf den Prozess des Kalzinierens sowie die Verwendung von Katalysatorträgern aus mineralischen Stoffen. Hingegen entfällt zum 1. Januar 2018 die Energie- und Stromsteuerentlastung für die Herstellung von mineralischen Düngemitteln.

Außerdem führt der Gesetzgeber die bisherigen Regelungen zur vollständigen Steuerentlastung aus § 53a EnergieStG und teilweisen Steuerentlastung durch § 53b EnergieStG zugunsten der Kraft-Wärme-Kopplung in einer Regelung zusammen. Die Zusammenfassung in § 53a EnergieStG schließt aus, dass aufgrund einer Versagung der vollständigen Steuerentlastung die Festsetzungsfrist für die teilweise Steuerentlastung abläuft.

Vom beihilferechtlichen Doppelförderungsverbot ist § 53a Abs. 8 EnergieStG getrieben: Danach ist ab dem Jahr 2017 eine nach § 53a EnergieStG gewährte Steuerentlastung als Betriebsbeihilfe vollständig mit einer Investitionsbeihilfe für die hocheffiziente KWK-Anlage zu verrechnen. Das bedeutet: Eine Auszahlung der laufenden Steuerentlastung erfolgt erst, nachdem der Betrag der Investitionsbeihilfe überschritten ist.

Abschmelzen der Steuervergünstigungen für Erdgas

Mit dem Änderungsgesetz verlängert der Gesetzgeber auch über den 1. Januar 2018 hinaus die Steuervergünstigung für Erdgas (CNG/LNG) bis Ende 2026. Zugleich verringert sich gemäß § 2 Abs. 2 EnergieStG diese Steuervergünstigung schrittweise ab 2024.

Vorzugsbehandlung für Batteriespeicher

Die Veränderungen des Energiemarkts infolge der Energiewende erreichen auch das Stromsteuergesetz. So ist nach § 5 Abs. 4 StromStG zukünftig eine Anerkennung stationärer Batteriespeicher als Teil des Versorgungsnetzes möglich.

Diese Anerkennung vermeidet eine anderenfalls drohende wiederholte Entstehung der Stromsteuer: Zunächst mit der Entnahme aus dem Versorgungsnetz in den Batteriespeicher, und dann erneut mit der Entnahme aus dem Batteriespeicher über das Versorgungsnetz.

Stromsteuerrechtliche Handbremse für Elektromobilität

Hingegen teilt das Stromsteuergesetz nicht allgemeine Euphorie wegen des Aufstiegs der Elektromobilität.

Hier verweist der Gesetzgeber auf die zwingenden Vorgaben der Energiesteuerrichtlinie 2003/96/EG, die zumindest bisher keine Möglichkeit einer allgemeinen Stromsteuerbegünstigung für Elektrofahrzeuge vorsieht.

Dieser Ausschluss der betrieblichen Verbräuche für Elektrofahrzeuge in den §§ 9b Abs. 1 Satz 4 und 10 Abs. 1 Satz 5 StromStG ist nur mit geringen Steuermehreinnahmen verbunden, steigert aber die bürokratische Belastung der Unternehmen durch entsprechende Mess- und Aufzeichnungspflichten ganz erheblich.

Mit einer Verordnungsermächtigung lässt der Gesetzgeber aber die Möglichkeit offen, beispielsweise nur auf Betriebsgeländen eingesetzte Nutzfahrzeuge in die bestehenden Stromsteuerentlastungen einzubeziehen.

Autorenzitat Mailänder: Die wirtschaftliche Tragweite der Selbsterklärung, ein „Unternehmen in Schwierigkeiten“ zu sein, sollte nicht unterschätzt werden. Daher ist genau zu prüfen, wie die Entwicklung zu einem „Unternehmen in Schwierigkeiten“ zu vermeiden ist – bevor eine möglicherweise unumkehrbare Entwicklung einsetzt.

 

Dr. Mathias Mailänder
Senior Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH<br/>Hamburg
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