19.11.2021

Novelle des Verpackungsrechts – Erweiterte Pflichten für Unternehmen

Hintergrund

Am 3. Juli 2021 trat das novellierte Verpackungsgesetz in Kraft. Eine Anpassung des Gesetzes war wegen der europäischen Einwegkunststoffrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/914) und der novellierten, europäischen Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie (EU) 2018/851) zu Änderung der Richtlinie 2008/98/EG notwendig. Der Gesetzgeber nahm die Notwendigkeit der Anpassung an das europäische Recht zum Anlass, weitere Änderungen am Verpackungsgesetz vorzunehmen.

Das Verpackungsgesetz richtet sich vornehmlich an Hersteller und Inverkehrbringer verpackter Waren. Die Novelle enthält insbesondere zahlreiche Änderungen und eine Ausweitung der Pflichten, sodass gerade Unternehmen sich mit der Gesetzesänderung beschäftigten sollten. Andernfalls droht bei einem Pflichtenverstoß ein hohes Bußgeld.

Überblick über Änderungen

Das neue Verpackungsgesetz erweitert die bereits bestehenden Pflichten. Zusätzlich treten neue Pflichten hinzu.

Insbesondere im Hinblick auf die Registrierungs-, Transparenz- und Informationspflichten wird der Regelungsbereich ausgeweitet, aber auch im Hinblick auf das Flaschenpfand enthält das Verpackungsgesetz neue Regelungen.

Es entstehen zudem neue Pflichten und Mindestregelungen etwa in Hinblick auf den Versandhandel, die Verwendung von Rezyklaten oder die Verwendung von Mehrwegprodukten. Nicht alle Regelungen traten bereits am 3. Juli 2021 in Kraft. Einige Regelungen erlangen erst in den kommenden Jahren Bedeutung. Umso wichtiger ist es, bereits jetzt die richtigen Schritte einzuleiten, um auf die Änderungen vorbereitet zu sein. Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich auf die Hersteller / Händlerpflichten.

Welche Änderungen gelten bereits jetzt?

Durch das neue Verpackungsgesetz sind unmittelbar einige Pflichten für Hersteller und Händler entstanden. Die nachfolgenden Pflichten sind seit dem 3. Juli 2021 in Kraft. Hersteller oder in der Lieferkette nachfolgende Vertreiber von Verpackungen (§ 15 Abs. 4 S. 1 VerpackG) und auch Hersteller und nachfolgende Vertreiber von Einweggetränkeverpackungen (§ 31 Abs. 5 VerpackG) müssen die finanziellen und organisatorischen Mittel vorhalten, um ihren Pflichten nach § 15 Abs. 1 VerpackG nachkommen zu können. Somit müssen Hersteller und Händler für die Bewirtschaftung Verantwortung übernehmen.

Die Mengenstromnachweise müssen nun elektronisch bei der Zentralen Stelle hinterlegt (§ 17 Abs. 3 VerpackG) und mit einer elektronischen Signatur versehen werden. Für Hersteller ohne Niederlassung in Deutschland besteht nunmehr die Möglichkeit der Bevollmächtigung eines Dritten. Dieser Dritte kann dann alle Verpflichtungen nach dem Verpackungsgesetz mit Ausnahme der Registrierung nach § 9 VerpackG übernehmen.

Welche Änderungen treten in den kommenden Jahren ein?

Diese Regelungen treten im kommenden Jahr in Kraft:

Bis zur Gesetzesänderung waren nur Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen mit schadstoffhaltigen Füllgütern und Umverpackungen nachweispflichtig hinsichtlich der Erfüllung der Rücknahme- und Verwertungsanforderungen. Diese Nachweispflicht wird ab dem 1. Januar 2022 auf Hersteller von Transportverpackungen, Verkaufs- und Umverpackungen und Mehrwegverpackungen, die typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfallen, ausgeweitet (§ 15 Abs. 1 Nr. 5 VerpackG). Die Meldung ist jährlich bis zum 15. Mai für die im vorangegangenen Kalenderjahr in Verkehr gebrachten sowie zurückgenommenen und verwerteten Verpackungen in nachprüfbarer Form zu dokumentieren.

Weiterhin wird zum 1. Januar 2022 die Pfandpflicht auf PET-Flaschen und Aluminiumdosen ausgeweitet (§ 31 Abs. 4 VerpackG). Grundsätzlich gilt die Pfandpflicht für alle Einwegkunststoffgetränkeflaschen und Getränkedosen. Es gibt aber Übergangsfristen für bestimmte Produkte. So gilt für Milch- und Milcherzeugnisse die Pfandpflicht erst ab dem 1. Januar 2024. Gemeint sind Milch- und Milcherzeugnisse, denen andere Stoffe zugesetzt werden (zum Beispiel Taurin bei Molke-Energydrinks). Weiterhin ausgenommen sind Milcherzeugnisse nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Milch- und Margarinengesetz, also solche Erzeugnisse, die ausschließlich aus Milch hergestellt werden und denen nur Zusatzstoffe hinzugefügt werden, die einen Milchbestandteil nicht vollständig oder teilweise ersetzen. Einwegkunststoffgetränkeflaschen und -dosen, die bis zum 1. Januar 2021 in den Verkehr gebracht worden sind, sind von der Pfandpflicht ausgenommen. Diese Übergangsfrist läuft am 30. Juni 2022 aus. Wie sich aus § 12 Abs. 2 VerpackG ergibt, sind die Abfüller nunmehr auch zur Registrierung bei der Zentralen Stelle verpflichtet.

Ab dem 1. Juli 2022 wird die Pflicht zur Registrierung bei der Zentralen Stelle auf alle Hersteller ausgeweitet. Bisher galt die Pflicht zur Registrierung nur für Hersteller von systembeteiligungspflichten Verpackungen. Systembeteiligungspflichtige Verpackungen sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 8 VerpackG „mit Ware befüllte Verkaufs- und Umverpackungen, die nach Gebrauch typischerweise beim privaten Endverbraucher anfallen“. Gerade im gewerblichen Bereich (B2B) ist damit eine Registrierungspflicht verbunden. Aber auch schon registrierte Hersteller von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen müssen sich jetzt zudem für die nicht systembeteiligungspflichtigen Verpackungen registrieren. Ausgenommen von der Registrierungspflicht bleiben weiterhin Hersteller von noch unbefüllten Verpackungen.

Betreiber elektronischer Marktplätze und Fulfilment-Dienstleister müssen ab dem 1. Juli 2022 prüfen, ob die vertraglich gebundenen Hersteller ihre Pflichten aus dem Verpackungsgesetz erfüllen, also ob sie bei LUCID registriert und ob sie bei einem System beteiligt sind (§ 7 Abs. 7 Satz 2 VerpackG). Bei Verstößen hiergegen dürfen die jeweiligen Hersteller ihre Waren nicht auf den Plattformen vertreiben.

Diese Regelungen sind bereits in Kraft getreten, entfalten aber erst Wirkung in der Zukunft:

Letztvertreiber, die Einwegverpackungen mit Lebensmitteln befüllen sind ab dem 1. Januar 2023 verpflichtet, zusätzlich Mehrwegverpackungen anzubieten (§ 33 Abs. 1 VerpackG). Ausgenommen sind kleine Unternehmen und Verkaufsautomaten, die jedoch eine Befüllung eigener Behältnisse des Endverbrauchers ermöglichen müssen (§ 34 Abs. 1 VerpackG).    

Ab dem 1. Januar2025 müssen PET-Flaschen zu mindestens 25 Prozent aus Kunststoffrezyklat hergestellt werden (§ 30a Abs. 1 S. 1 VerpackG). Diese Pflicht kann entweder pro Flasche (§ 30a Abs. 1 VerpackG) oder pro Gesamtmasse der pro Jahr in Verkehr gebrachten Flaschen erfüllt werden (§ 30a Abs. 2 VerpackG). Zudem müssen ab diesem Zeitpunkt auch 77% der kalenderjährlich erstmals in Verkehr gebrachten Einwegkunststoffflaschen getrennt gesammelt werden (§ 1 Abs. 3 S. 4 VerpackG).

Ab dem 1. Januar 2029 wird die Pflicht zur getrennten Sammlung auf 90% der kalenderjährlich erstmals in Verkehr gebrachten Einwegkunststoffflaschen erweitert (§ 1 Abs. 3 S. 4 VerpackG).  

Ab dem 1. Januar 2030 müssen alle Einwegkunststoffflaschen zu mindestens 30% aus Kunststoffrezyklat bestehen (§ 30a Abs. 1 S. 2 VerpackG).

Ausblick

Durch die Novelle des Verpackungsgesetzes werden die bestehenden Pflichtenkreise der Hersteller erheblich erweitert. Dies führt sowohl zu einer höheren Transparenz der Registrierung, als auch zu einer effektiveren Durchsetzung der Systempflicht gegenüber ausländischen Vertreibern. Gleichzeitig unterstreichen die Ausweitung der Pfandpflicht, die Mindestrezyklateinsatzquote und die Pflicht zum Angebot von Mehrwegverpackungen langfristige Veränderungsprozesse in der Verpackungsbranche hin zu einer kreislaufbasierten Wirtschaft. Indem sie langfristige Ziele formuliert, gibt die Novelle zwar Planungssicherheit, stellt aber auch erhöhte Anforderungen an die Teilnehmer dieses Wirtschaftskreises.   

Autor/in
Christoph Schnoor

Christoph Schnoor
Senior Associate
Hamburg
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