28.04.2016

EPR-Newsletter, April 2016

EuGH: Sektorübergreifender Korrekturfaktor im Emissionshandel muss wahrscheinlich verschärft werden

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Hoffnung der europäischen Industrie auf eine Herabsetzung des sektorübergreifenden Korrekturfaktors bei der kostenlosen Zuteilung der Emissionszertifikate für die Jahre 2013 bis 2020 wurde heute enttäuscht: Der Europäische Gerichtshof erklärte die Festlegung des Korrekturfaktors im Beschluss der Europäischen Kommission 2013/448/EU vom 5. September 2013 zwar für unwirksam und forderte dessen Neufestsetzung. Zugleich machte er aber auch deutlich, dass der neue Korrekturfaktor voraussichtlich noch strenger als bisher ausfallen wird. Immerhin begrenzte der EuGH aber die wahrscheinliche Verschärfung der Kürzung der Zuteilungen auf die Jahre 2017 bis 2020. Die bisher für die Jahre 2013 bis 2016 ausgegebenen Berechtigungsmengen dürfen danach aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht verringert werden. Der Gerichtshof räumte der Europäischen Kommission eine zehnmonatige Frist zur Neufestsetzung des Korrekturfaktors ein. In einer ersten Reaktion kündigte das Bundesumweltministerium bereits den Erlass entsprechender Änderungsbescheide durch die DEHSt im Anschluss an die Brüsseler Neufestlegung an.

Die Luxemburger Richter folgten in ihrer Entscheidung zu Vorabentscheidungsersuchen aus mehreren Mitgliedstaaten (u.a. verb. Rs. C-191/14 und C-192/14, Borealis Polyolefine und OMV Refining & Marketing) weitgehend dem Schlussantrag der Generalanwältin Kokott vom 12. November 2015. Diese war bereits zur Überraschung vieler Beteiligter von einer zu hohen Bemessung des Industrie-Budgets für die Zuteilung kostenloser Emissionszertifikate ausgegangen. Die Kommission habe insofern unter Verstoß gegen die Emissionshandelsrichtlinie für die Ermittlung der Höchstmenge der Zertifikate teilweise Emissionen von erst seit 2013 in das Emissionshandelssystem einbezogenen Tätigkeiten in solchen Anlagen berücksichtigt, die bereits zuvor wegen anderer Tätigkeiten emissionshandelspflichtig waren. Die hieran anknüpfende Rüge des Gerichtshofs zielt insbesondere auf die aus Deutschland erfolgten Datenmitteilungen, die nach Meinung der europäischen Richter nicht den Vorgaben des europäischen Rechts entsprochen haben. Die Kommission hätte - so der Gerichtshof - dafür Sorge tragen müssen, dass die Mitgliedstaaten ihr die Daten übermitteln, auf die es ankommt. Die insbesondere von zahlreichen Industrieunternehmen gegen die Kürzungshöhe vorgebrachten Argumente wurden durch Luxemburg hingegen im Wesentlichen mit einem auf den Grundansatz der Emissionshandelsrichtlinie bezogenen Argument zurückgewiesen: Ein strenger Korrekturfaktor diene dem Ziel der Verringerung der Treibhausgasemissionen.

Eine wichtige Frage lässt das heutige Urteil indes weiterhin unbeantwortet: Ob der sektorübergreifende Korrekturfaktor auch in Sektoren, für die ein Risiko von Carbon Leakage besteht, zur Anwendung kommen darf, geht aus der Urteilsbegründung nicht hervor. Hierzu ist aber bei dem EuGH ein weiteres Vorabentscheidungsverfahren anhängig, dessen Entscheidung noch auf sich warten lässt.

Das heutige Urteil des Gerichtshofs kann hier abgerufen werden.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Luther-Team für Environment Planning Regulatory (EPR)

Dr. Stefan Altenschmidt         Dr. Gernot-Rüdiger Engel         Dr. Martin Fleckenstein

Dr. Rut Herten-Koch         Dr. Stefan Kobes         Claudia Schoppen