13.11.2017

Neues Marktmissbrauchsregime für den Emissionshandel – Haben Sie schon geprüft, ob Sie betroffen sind?

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Hintergrund

13.11.2017

Neues Marktmissbrauchsregime für den Emissionshandel – Haben Sie schon geprüft, ob Sie betroffen sind?

 

Ab dem 3. Januar 2018 gilt mit der EU-Marktmissbrauchsverordnung Nr. 596/2014/EU („MAR“) ein neues regulatorisches Regime für Finanzmärkte. Einbezogen wird dabei erstmals das Klimaschutzinstrument des europäischen Emissionshandels. Damit kommen auf große Anlagen- und Luftverkehrsbetreiber im EU-Emissionshandelssystem neue Pflichten zu. Betroffen hiervon ist auch der Umgang mit Insider-Informationen zum technischen Betrieb der Anlagen. Verstöße gegen die neuen Anforderungen können mit signifikanten Bußgeldern und Strafen geahndet werden.

Wer ist betroffen?

Betroffen sind die Betreiber von emissionshandelspflichtigen Anlagen oder Luftverkehrstätigkeiten,  deren Emissionen eine Kohlendioxid­äquivalent-Mindestschwelle von 6 Millionen t pro Jahr überschreiten oder deren thermische Nennleistung die Mindestschwelle von 2.430 MW überschreitet (sogenannte „Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate“). Bei der Ermittlung dieser Schwellenwerte kommt es auf eine EU-weite Konzernbetrachtung an. Damit wird der Kreis der betroffenen Markteilnehmer auf solche Akteure begrenzt, von denen anzunehmen ist, dass sie den Preis von Emissionszertifikaten und hiermit verbundenen Finanzinstrumenten erheblich beeinflussen können.

Welche Pflichten bestehen?

  • Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen: Künftig ergibt sich die Ad-hoc-Publizitätspflicht von Insiderinformationen. Denn die MAR verpflichtet alle Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate, Insiderinformationen an den Markt weiterzugeben, damit die anderen Marktteilnehmer nicht gegenüber Unternehmensinsidern benachteiligt werden.
    Der Begriff der Insiderinformationen wird in der MAR definiert als nicht öffentlich bekannte präzise Informationen mit Emissionszertifikat-Bezug und Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung. Letzteres ist anzunehmen, wenn ein verständiger Anleger diese Information bei seiner Anlageentscheidung nutzen würde. Die Offenlegungspflicht betrifft physische (Betreiber-)Aktivitäten, insbesondere die Kapazität und Nutzung von Anlagen sowie die geplante oder ungeplante Nichtverfügbarkeit der Anlagen.
  • Pflicht zur Führung von Insiderlisten: Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate sind verpflichtet, eine Liste mit Personen zu führen, die Zugang zu Insiderinformationen haben. Zu den betroffenen Personen zählen Angestellte mit Zugang zu insiderrelevanten Informationen zum technischen Anlagenbetrieb (nicht nur Vorstände und Geschäftsführungen, sondern u.a. auch Werksleiter), aber auch externe Berater (z.B. Rechtsanwälte, Unternehmens-, Steuerberater).
  • Meldepflicht für Eigengeschäftevon Führungskräften: Zudem besteht die Pflicht für Personen, die bei dem Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate Führungsaufgaben wahrnehmen, sowie in enger Verbindung zu ihnen stehende Personen, Eigengeschäfte mit Emissionszertifikaten unverzüglich zu melden, soweit das Gesamtvolumen der Geschäfte innerhalb eines Kalenderjahres die Schwelle von 5.000 € erreicht. Hierzu zählen u.a. auch Aufsichtsratsmitglieder und deren Ehegatten.
  • Verbot des Insiderhandels und der Marktmanipulation: Verboten sind das Tätigen von Insidergeschäften und der Versuch hierzu, die Empfehlung gegenüber Dritten, Insidergeschäfte zu tätigen, oder die Anstiftung Dritter, Insidergeschäfte zu tätigen, sowie die unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen. Verboten sind zudem die Marktmanipulation und der Versuch hierzu.

Sanktionsrisiko

Die Nichtbefolgung der Pflichten kann mit drastischen Sanktionen und Bußgeldern in vielfacher Millionenhöhe geahndet werden. Während die Höchstbeträge der Geldbußen bei natürlichen Personen bei 5 Mio. € liegen, können gegenüber juristischen Personen Beträge in Höhe von 15 Mio. € oder sogar 15 % des Konzernjahresumsatzes festgesetzt werden. Das Höchstmaß der Freiheitsstrafe liegt bei Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe. In besonders schweren Fällen sieht das Strafmaß sogar Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis 10 Jahren vor.

Handlungsbedarf

Aufgrund der komplexen Regelungen und Verpflichtungen, die für die betroffenen Unternehmen ab dem 3. Januar 2018 gelten, und dem damit einhergehenden hohen Sanktionsrisiko müssen Organisations- und Compliance-Strukturen an die neue Rechtslage angepasst werden. Es sind zudem eine Reihe von förmlichen Belehrungs- und Dokumentationspflichten zu erfüllen.

 

Dr. Stefan Altenschmidt, LL.M. (Nottingham)
Partner
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Düsseldorf
Telefon +49 211 5660 18737
stefan.altenschmidt@luther-lawfirm.com

 

Denise Jacob
Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Düsseldorf
Telefon +49 211 5660 18737
denise.jacob@luther-lawfirm.de