30.03.2021

Influencer Marketing 2021 und die Kennzeichnungspflichten

Autor: Pierre Daniel Wittmann

Hintergrund

Das Influencer Marketing liegt voll im Trend. In einer aktuellen Studie des Bundesverbands Digitale Wirtschaft aus dem März 2020 gab jeder fünfte Befragte an, sich von Influencern online beim Kauf beeinflussen zu lassen (vgl. https://www.bvdw.org/veroeffentlichungen/studien-marktzahlen/detail/artikel/mehr-als-jeder-fuenfte-verkaeufe-durch-influencer-marketing-nehmen-laut-bvdw-studie-2020-nochmal-zu-1/). Influencer gelten als authentisch und glaubwürdig, da sie sich ihren Followern gegenüber als Privatpersonen präsentieren und sich damit ideal als Markenbotschafter für Werbekooperationen mit Unternehmen eignen. Die Absatzförderung läuft über die verschiedenen sozialen Netzwerke wie Instagram, Youtube, Twitch und TikTok. Dabei kennzeichnen Influencer längst nicht alle Posts, in denen fremde Produkte und Dienstleistungen präsentiert werden, als Werbung. Daher kam es zu mehreren aufsehenerregenden Fällen, in denen Influencer von Verbraucherverbänden wie dem Verband Sozialer Wettbewerb verklagt wurden. Die Rechtsunsicherheit bei Influencern ist groß, da die Gerichte die Frage der Kennzeichnungspflichtigkeit beim Influencer Marketing sehr unterschiedlich beurteilen. Mehr Rechtsklarheit soll nun ein neuer “Influencer-Paragraph“ im Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht bringen, welches das Bundeskabinett am 20. Januar 2021 verabschiedet hat (siehe https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Staerkung_Verbraucherschutz_Wettbewerbs-_und_Gewerberecht.html).

Aktuelle Rechtslage

Ob Influencer ihre Posts in den sozialen Netzwerken als Werbung kennzeichnen müssen, beurteilt sich nach dem hierfür einschlägigen „Influencer-Paragraph“ § 5a Abs. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Danach handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Immer wieder posten oder vertaggen Influencer in ihren Posts auf die Instagram-Accounts von den Markenherstellern, deren Produkte diese tragen oder deren Dienstleistungen sie in sonstiger Weise ihren Followern präsentieren, ohne hierfür von dem Markenhersteller ein Entgelt oder eine sonstige Gegenleistung zu erhalten. Eine fehlende Gegenleistung schließt jedoch nicht zweifelsfrei das Vorliegen eines kommerziellen Zwecks aus. Vielmehr greifen einige Gerichte auf Indizien zurück, die zusammengenommen entweder dafür sprechen, die Instagram-Posts als redaktionelle Beiträge zu beurteilen, bei denen die Information der Follower im Vordergrund steht oder bei denen der werbende Charakter im Vordergrund steht, so wie zuletzt auch das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Urteil vom 19.02.2021 – 6 U 103/20, vgl. OLG Köln, Urteil vom 19.02.2021 - 6 U 103/20 - openJur). Andere Gerichte wie das Oberlandesgericht Hamburg nehmen keine Werbekennzeichnungspflicht an, wenn ein followerstarker Influencer auf Instagram in seinen Posts auf Instagram-Accounts fremder Markenhersteller verlinkt, da den Followern der kommerzielle Zweck der Posting-Aktivitäten nach Ansicht der Hamburger Richter durchaus bewusst sei. Diese Rechtsunsicherheit führt dazu, dass Influencer ihre Posts auch dann als Werbung kennzeichnen, wenn diese sich die Produkte selbst gekauft haben und in dem Posts mit einem Tap Tag, also einem Link im anklickbaren Post selbst, auf den Instagram-Accounts des Herstellers verlinken.

Zukünftige Rechtslage

Aktuell liegt dem BGH eine Revision des Verbands Sozialer Wettbewerb vor, nachdem das Oberlandesgericht München eine verbotene Schleichwerbung der Influencerin Cathy Hummels mangels Vorliegens einer geschäftlichen Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG verneinte. Es wird mit Spannung erwartet, wie sich der BGH in Sachen Kennzeichnungspflichten für Influencer positionieren wird.

Auch in gesetzgeberischer Sicht sind Neuerungen zu beobachten, die zu mehr Rechtsklarheit für Influencer führen sollen. So befindet sich aktuell das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht im laufenden Gesetzgebungsverfahren. Laut diesem Gesetz wird der lauterkeitsrechtliche § 5a Abs. 6 UWG durch den neuen “Influencer-Paragraphen“ § 5a Abs. 4 UWG ersetzt. Danach soll ein kommerzieller Zweck bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmers nicht vorliegen, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmer erhält oder sich versprechen lässt. Erhält der Influencer eine direkte Gegenleistung oder eine ähnliche Gegenleistung (beispielsweise Provisionen, Produkte, Pressereisen, die Stellung von Ausrüstung oder Kostenübernahmen), müssen Tap Tags in Posts mit dem Hashtag #Werbung oder #Anzeige gekennzeichnet werden.

Sollte das Gesetz in seiner aktuellen Form verabschiedet werden, müssen Influencer in Zukunft nicht mehr solche Posts auf Social Media als Werbung kennzeichnen, in denen sie die selbst erworbenen Produkte und Dienstleistungen fremder Markenhersteller ihren Followern präsentieren und keine Gegenleistung hierfür erhalten bzw. keine Gegenleistung versprochen bekommen haben. Das Gesetzgebungsverfahren sowie die Rechtsprechung sollten daher von Influencern weiterhin genauestens beobachtet werden, um das Risiko für Verstöße gegen rechtliche Vorgaben zur Werbung zu verringern und so idealerweise Abmahnungen und Gerichtsverfahren zu vermeiden.

Autor/in
Pierre Daniel Wittmann

Pierre Daniel Wittmann
Senior Associate
Frankfurt a.M.
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