25.11.2022

Energierechtliche Neuerungen für Eigentümer und Vermieter

Autoren: Tatjana Giutronich, LL.M. (UNSW) und Robin Reichel

Hintergrund

Die Autoren bedanken sich bei Dr. Thomas Gohrke (Partner, Luther) und David Wölting (Senior Associate, Luther) für die Unterstützung bei der Erstellung dieses Beitrags. Update zu unserem Beitrag vom 4. Mai 2022: „Umgang mit schnell steigenden Energie- und Heizkosten (Vermieterleitfaden)“ (abrufbar unter: https://www.luther-lawfirm.com/newsroom/blog/detail/umgang-mit-schnell-steigenden-energie-und-heizkosten-vermieterleitfaden).

„Es besteht hoher klimapolitischer Handlungsbedarf im Gebäudesektor“, betonen das BMWK und das BMWSK:1 Immerhin entfallen ca. 35 % des gesamten deutschen Endenergieverbrauchs2 und ca. 15 % der CO2-Gesamtemissionen auf Gebäude.3 Dabei bietet der Gebäudesektor große Energieeinsparpotentiale. Deswegen nimmt die Bundesregierung den Gebäudesektor zur Erreichung der auf EU-Ebene angestrebten Klimaneutralität bis 2050 (sog. Green Deal) besonders in den Blick und schafft eine zunehmende energetische Regulatorik im Immobiliensektor. Diese erfährt aktuell durch die mit der Energiekrise drohende (Gas-)Versorgungsknappheit eine weitere Verdichtung.

Mit diesem Beitrag beleuchten wir aus Sicht von Grundstücks- und Gebäudeeigentümern sowie gewerblichen Vermietern – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – die wichtigsten Neuerungen einschließlich der Haftungsrisiken und zeigen auf, wo Handlungsbedarf besteht.


1 BMWK/BMWSB, Sofortprogramm gemäß § 8 Abs. 1 KSG für den Sektor Gebäude“, 13. Juli 2022, S. 1.

2 Deutsche Energie-Agentur (dena): https://www.dena.de/themen-projekte/energieeffizienz/gebaeude/#:~:text=Etwa%2035%20Prozent%20des%20gesamten,rund%2073%20Milliarden%20Euro%20auf. (letzter Abruf: 14. Oktober 2022).

3 BMWK/BMWSB, Sofortprogramm gemäß § 8 Abs. 1 KSG für den Sektor Gebäude“, 13. Juli 2022, S. 1.

I. Eigentümerpflichten nach EnSikuMaV und EnSimiMaV (Öffentliches Recht)

1. Rechtslage

Der nationale Verordnungsgeber hat mit der bis zum 28. Februar 2023 befristeten „Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung“ („EnSikuMaV“) sowie mit der bis zum 30. September 2024 befristeten „Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung“ („EnSimiMaV“) (EnSikuMaV und EnSimiMaV gemeinsam die „Verordnungen“) für Gebäudeeigentümer einen Katalog an umzusetzenden Vorsorgemaßnahmen zur Energieeinsparung im Gebäudebereich erlassen. Hierdurch soll eine durch unnötigen Energieverbrauch verursachte Mangel- und Notfallsituation in diesem (2022/23) sowie im nächsten Winter (2023/24) vermieden oder – für den Fall ihres Eintritts – jedenfalls abgemildert werden. Die Verordnungen bilden neben der Befüllung der Gasspeicher und der Senkung des Erdgasverbrauchs in der Stromerzeugung die dritte Säule des Energiesicherungspakets.4

a) EnSikuMaV

Im Anwendungsbereich der EnSikuMaV ergeben sich für private Nichtwohngebäude – abgesehen von der allgemeinen Pflicht, den Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen nachts abzuschalten (§ 11 EnSikuMaV) sowie vom Verbot, die Türen beheizter Einzelhandelsgeschäfte offenzuhalten (§ 10 EnSikuMaV) – keine weiteren Maßnahmen.

Für öffentliche Nichtwohngebäude5 gilt zusätzlich grundsätzlich

  • ein Verbot der Beheizung von Gemeinschaftsflächen (§ 5 EnSikuMaV);
  • für Arbeitsräume Temperaturhöchstwerte zwischen 12 und 19 Grad Celsius in Abhängigkeit von der Arbeitsschwere und der Körperhaltung (§ 6 EnSikuMaV);
  • die Pflicht, dezentrale Trinkwasserwärmungsanlagen (Durchlauferhitzer und Warmwasserspeicher) auszuschalten, wenn deren Betrieb überwiegend zum Händewaschen vorgesehen ist; sowie die Pflicht, die Wassertemperatur zentraler Trinkwassererwärmungsanlagen auf das allgemein anerkannten Regeln der Technik erforderliche Niveau zu beschränken (§ 7 EnSikuMaV);
  • ein Verbot der Beleuchtung von Gebäuden und Baudenkmälern (§ 8 EnSikuMaV).

Weiterhin trifft (alle) Eigentümer von (privaten wie öffentlichen) Wohngebäuden, die leitungsgebunden mit Gas oder Wärme beliefert werden, die Pflicht, den Mietern unverzüglich die Informationen (über Energieverbrauch und -kosten sowie -einsparpotential) weiterzuleiten, die sie ihrerseits von ihrem Gas- oder Wärmelieferanten erhalten haben (§ 9 Abs. 4 EnSikuMaV). Verfügt das Wohngebäude über mind. 10 Wohnungen, sind zusätzlich spezifische Informationen über den Verbrauch, die zu erwartenden Energiekosten und -steigerungen, die Reduktionspotentiale der jeweiligen Wohneinheit (§ 9 Abs. 2 EnSikuMaV) sowie die Kontaktinformationen einer Energieagentur oder Verbraucherschutzorganisation (§ 9 Abs. 3 EnSikuMaV) mitzuteilen.

b) EnSimiMaV

Die  EnSimiMaV regelt technische Energiesparmaßnahmen in Gebäuden und verpflichtet Unternehmen dazu, Energiemanagementsysteme umzusetzen (§ 1 EnSimiMaV).

Hiernach sind Eigentümer aller Gebäude, in denen Anlagen zur Wärmeerzeugung (Heizung und Warmwasserbereitung) durch Erdgas genutzt werden, verpflichtet, bis zum 30. September 2023 bzw. bis zum 15. September 2024 eine Heizungsprüfung von einer fachkundigen Person durchführen zu lassen, deren Ergebnis in Textform festzuhalten ist (§ 2 Abs.3 EnSimiMaV), und die Heizungsanlage optimieren zu lassen (§ 2 Abs. 1 S. 1 EnSimiMaV). Gegenstand der Prüfung ist auch die Effizienz der Heizungspumpen und die Frage, ob das Heizsystem hydraulisch abgeglichen ist. Das Prüfprogramm ist in § 2 Abs. 2, §§ 3 und 4 EnSimiMaV näher geregelt.

Weiterhin sind alle6 (auch Immobilien-) Unternehmen verpflichtet, die konkret in den (gem. § 8 EDL-G durchzuführenden) Energieaudits identifizierten und als wirtschaftlich durchführbar bewerteten Maßnahmen innerhalb von 18 Monaten umzusetzen, um die Energieeffizienz in ihrem Unternehmen unverzüglich zu verbessern (§ 4 Abs. 1 EnSimiMaV). Die Umsetzung der Maßnahmen bzw. die nicht erforderliche Umsetzung wegen fehlender Wirtschaftlichkeit der Maßnahme haben sich Unternehmen bestätigen zulassen (§ 4 Abs. 2 EnSimiMaV).

2. Handlungsbedarf

Die Verordnungen sehen kein Sanktionssystem vor. Insbesondere droht im Falle einer Zuwiderhandlung kein Bußgeld, weil die Verordnungen nicht auf die entsprechende Bußgeldvorschrift verweist (§ 15 Abs.1 Nr. 1 Hs. 2 EnSiG).

Gleichwohl empfehlen wir Eigentümern und Unternehmen, den Maßnahmenkatalog (auch im Hinblick auf Ausnahmen zu prüfen und gegebenenfalls) umzusetzen und die Informationspflichten frist-, form- und inhaltsgemäß zu erfüllen und sich für die Pflicht zur Heizungsprüfung und -optimierung mit den einschlägigen technischen Gegebenheiten und Abläufen vertraut zu machen. Der hierdurch entstehende administrative und finanzielle Aufwand sollte in die Unternehmens- und Finanzplanung einfließen. Insbesondere die Pflicht zur Umsetzung der Energieeffizienzmaßnahmen wird zu einer erheblichen Mehrbelastung führen.


1 Siehe amtliche Begründung der EnSikuMaV sowie der EnSimiMaV.

2 Das sind solche Gebäude, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht überwiegend Wohnzwecken dienen und im Eigentum bzw. in der Nutzung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts – bzw. des Privatrecht oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft, soweit diese öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge erbringt und unter der Kontrolle einer Gebietskörperschaft steht – stehen.

3 Sofern der Energieverbrauch in den letzten drei Jahren durchschnittlich mind. 10 GWh jährlich betrug.

II. Vermieterhaftung bei unzureichender Wärmeversorgung (Mietrecht)

1. Rechtslage

Abzuwarten bleibt, ob den Verordnungen (Öffentliches Recht) von der Rechtsprechung eine „Ausstrahlungswirkung“ in das Mietrecht (Zivilrecht) zugesprochen wird (der Verordnungsgeber hat eine solche ausdrücklich nur für Mieter in § 3 EnSikuMaV anerkannt, indem er deren Pflicht aussetzt, durch eigene Handlungen eine Mindesttemperatur zu gewährleisten). Sollte dies nicht erfolgen, kann sich hier eine gewisse Diskrepanz ergeben: Einerseits schafft die EnSikuMaV Beheizungsverbote (für Gemeinschaftsflächen) sowie Temperaturvorgaben (max. 12 bis 19 Grad Celsius in Arbeitsräumen), andererseits ist der Vermieter nach etablierter Rechtsprechung mietvertraglich zu einer ausreichenden Wärmeversorgung des Mieters (grundsätzlich mind. 20 Grad Celsius7) verpflichtet.

Denn nach dem gesetzlichen Grundsatz schuldet der Vermieter nicht nur die Gebrauchsüberlassung der Mietsache (§ 535 Abs. 1 S. 1 BGB), sondern auch die Erhaltung der Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand (§ 535 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB). Hierzu zählt auch die Sicherstellung einer ausreichenden Wärme- und (Warm-)Wasserversorgung der gewerblichen Mieträume.8 Dabei umfasst die Vermieterpflicht im Zweifel (das heißt ohne ausdrückliche Vereinbarung) über die Zurverfügungstellung des Zugangs zu den erforderlichen Einrichtungen und Anschlüssen (zur mietereigenen Versorgung) hinaus auch die Lieferung von Wärme und (Warm-)Wasser an den Mieter, und zwar durch Abschluss entsprechender Versorgungs-/ Lieferungsverträge. Dies gilt insbesondere dann, wenn die erforderlichen  Einrichtungen durch den Vermieter betrieben werden (z. B. bei einer Zentralheizung).9

Gelingt es dem Vermieter nicht, die geschuldete Wärme- und Warmwasserversorgung ausreichend sicherzustellen, droht die Annahme eines Mietmangels und damit eine potentielle Vermieterhaftung, die

  • von der Minderung der Miete (§ 536 BGB);
  • bei einem Vertretenmüssen (Vorsatz und Fahrlässigkeit) des Vermieters zum Ersatz des Schadens (§ 536a Abs. 1 BGB), z. B. für die Kosten einer notwendigen Alternativbeheizung oder für etwaig entgangene Gewinne infolge temperaturbedingter Untauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch;
  • über die Selbstvornahme der Mangelbeseitigung und Erstattung der entsprechenden Aufwendungen (§ 536a Abs. 2 BGB);
  • bis hin zur außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses (§ 569 Abs. 1 BGB)

reichen kann.10 Die Geltendmachung derartiger Gewährleistungsrechte stellt aus Vermietersicht – von Mietausfällen über Zahlungspflichten bis hin zum kündigungsbedingten Leerstand und Schadensersatz – ein erhebliches Haftungs- und Kostenrisiko dar.

2. Handlungsbedarf

Für Vermieter bedarf es daher einer Prüfung des mietvertraglichen Pflichtenkatalogs in Ansehung des Energieversorgungskonzepts. Dort, wo eine Vermieterhaftung konkret droht, sollten die Haftungsvoraussetzungen und -ausnahmen (z. B. Verordnungen, §§ 275 oder 313 BGB) genau geprüft und u. U. Gespräche mit den Mietern aufgenommen werden. Droht sie demgegenüber nur abstrakt, kann bei entsprechender Gelegenheit über einen schriftformkonformen Nachtrag mietvertraglich nachgesteuert werden (Haftungsausschluss oder Mieterpflicht zur eigenen Wärme- und Warmwasserversorgung). Auch die (freiwillige) Vornahme baulicher Veränderungen zur energetischen Modernisierung (z. B. Installation von Solaranlagen, Wärmepumpen, Photovoltaik-Anlagen etc.) zur Gewährleistung einer energetischen Gebäudeautarkie kann perspektivisch zu erwägen sein (§ 555b Nr. 1 BGB). In diesem Zusammenhang hat der Vermieter die einschlägigen Voraussetzungen (z. B. frühzeitige Modernisierungsankündigung in Textform mit den notwendigen Angaben, § 555c BGB) sowie Rechtsfolgen (Sonderkündigungsrecht des Mieters, § 555e BGB sowie Möglichkeit der Kostenumlage auf den Mieter über Mieterhöhung oder über Nebenkosten, vorbehaltlich vertraglicher Regelung) zu beachten.


7 Hübner/Griesbach/Fuerst, Lindner-Figura Handbuch Geschäftsraummiete, 4. Auflage, Kap. 14, Rn. 263.

8 Hübner/Griesbach/Fuerst, Lindner-Figura Handbuch Geschäftsraummiete, 4. Auflage, Kap. 14, Rn. 263.

9 BGH, Urteil vom 22.8.2018, Az.: VIII ZR 99/17; Hübner/Griesbach/Fuerst, Lindner-Figura Handbuch Geschäftsraummiete, 4. Auflage, Kap. 14, Rn. 210; Häublein, MüKo BGB, 8. Auflage, § 535, Rn. 88.

10 Rechtsprechung zur Anwendung der Institute der Unmöglichkeit (§ 275 BGB) und Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) bei verpflichtenden Energieeinsparmaßnahmen nach den Verordnungen oder bei Gasversorgungsknappheit ist abzuwarten.

III. Eigentümerpflichten nach dem GEG (Öffentliches Recht)

1. Rechtslage

An das Recht zur Vornahme energetischer Modernisierungen schließt sich die Pflicht zur Vornahme energetischer Sanierungen an. Mit dem zum 1. November 2020 in Kraft getretenen Gebäudeenergiegesetz („GEG“), das das Energieeinsparungsgesetz (EnEG), die Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammenführt, werden die EU-Vorgaben zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden umgesetzt. Das GEG bezweckt einen möglichst sparsamen Energieeinsatz in Gebäuden einschließlich einer zunehmenden Nutzung erneuerbarer Energien zur Erzeugung von Wärme, Kälte und Strom für den Gebäudebetrieb (§ 1 GEG). Zur Erreichung dieser Zielsetzung schafft es ein neues, einheitliches und aufeinander abgestimmtes Regelwerk für die energetischen Anforderungen an zu errichtende und bestehende Wohn- und Nichtwohngebäude, soweit sie nach ihrer Zweckbestimmung unter Energieeinsatz beheizt oder gekühlt werden, sowie an die entsprechenden Anlagen und Einrichtungen der Luft-/ Beleuchtungstechnik sowie der Warmwasserversorgung (§ 2 Abs. 1 GEG).11 Unter anderem sind folgende Regelungen enthalten:12

  • Die Neuerrichtung eines Gebäudes hat als sog. Niedrigstenergiegebäude13 zu erfolgen (§ 10 GEG). Das heißt: Der Gesamtenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung, Lüftung, Kühlung – und bei Nichtwohngebäuden auch für die eingebaute Beleuchtung – darf die vorgesehenen Höchstwerte nicht überschreiten; Energieverluste beim Heizen und Kühlen sind durch baulichen Wärmeschutz zu vermeiden und der Wärme- und Kälteenergiebedarf ist (im Umfang der vorgesehenen Mindestanteile) durch die Nutzung erneuerbarer Energien zu decken.
  • Für bestehende Gebäude gilt, dass Außenbauteile grundsätzlich nicht in einer die energetische Qualität des Gebäudes verschlechternden Weise verändert werden dürfen (§ 46 GEG). Zudem fordert der Gesetzgeber die Dämmung oberster Geschossdecken (z. B. durch Deckenzwischenräume), wenn das Gebäude nach seiner Zweckbestimmung jährlich mind. vier Monate auf Innentemperaturen von mind. 19 Grad Celsius geheizt wird (§ 47 GEG). Für grundlegende Renovierungen von öffentlichen Gebäuden gilt außerdem eine Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien (§ 52 GEG).
  • Auch für Anlagen der Heizungs-, Kühl- und Raumlufttechnik sowie der Wasserversorgung gilt unter anderem, dass sie nicht in einer die energetische Qualität des Gebäudes verschlechternden Weise verändert werden dürfen (§ 57 GEG). Zudem dürfen Eigentümer von Gebäuden ihre Heizkessel, die mit die mit einem flüssigen oder gasförmigen Brennstoff beschickt werden und vor dem 1. Januar 1991 eingebaut oder aufgestellt worden sind, nicht mehr betreiben. Sind sie danach eingebaut oder aufgestellt worden, dürfen sie nach Ablauf von 30 Jahren nicht mehr betrieben werden. Mit dem Betriebsverbot besteht mithin eine faktische – jedoch keine rechtliche – Austauschpflicht, um die Weiternutzung des Gebäudes zu gewährleisten. Ab dem 1. Januar 2026 dürfen Heizkessel, die mit Heizöl oder festem fossilen Brennstoff beschickt werden, nur noch unter bestimmten Voraussetzungen in ein Gebäude eingebaut oder aufgestellt werden (§ 72 GEG). Ausnahmen gelten (nur) für Eigentümer von Wohngebäuden mit max. zwei Wohnungen, wenn der Eigentümer eine Wohnung hiervon bereits am 1. Februar 2002 selbst bewohnt hat (§ 73 GEG).
  • Einer besonderen Rolle kommen Energieausweise (als Energiebedarfs- oder -verbrauchsausweis) zu. Sie dienen der Information über die energetischen Eigenschaften eines Gebäudes und sollen einen überschlägigen Vergleich von Gebäuden ermöglichen (§ 79 GEG) und sind bei einer Gebäudeerrichtung oder -änderung, spätestens jedoch bei Verkauf, Begründung oder Übertragung eines Erbbaurechts, Vermietung, Verpachtung oder Leasing auszustellen (§ 80 GEG). Die entsprechenden Angaben sind auch in einer Immobilienanzeige aufzunehmen (§ 108 GEG).

2. Handlungsbedarf

Der sich aus dem GEG ergebende Handlungsbedarf ist durch einen hohen Grad an technischen Normen geprägt. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir, die bautechnischen Anforderungen und die Ausführung mit einem fachkundigen Ingenieur im Detail zu besprechen. Ergibt sich hier ein Sanierungsbedarf, sollte dieser umgesetzt werden. Widrigenfalls droht eine Geldbuße i. H. v. bis zu 50.000,00 EUR (§ 108 GEG). Eine Überprüfung erfolgt lokal durch einen Schornsteinfeger im Rahmen der Feuerstättenschau. Vor dem Hintergrund der derzeit bestehenden Kapazitätsengpässe an fachkundigen Ingenieuren empfehlen wir eine möglichst frühzeitige Terminvereinbarung.  Sollte sich dennoch kein Ingenieur finden lassen, sollten die Bemühungen zumindest dokumentiert werden, um zur Vermeidung eines drohenden Bußgeldes später das mangelnde Verschulden nachweisen zu können.


11 BT-Drs. 19/16716, S. 105.

12 Auch die nachfolgende Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es werden vielmehr nur ausgewählte Pflichten vorgestellt.

13 Gem. § 3 Abs. 1 Nr. 25 GEG handelt es sich hierbei um ein Gebäude, das eine sehr gute Gesamtenergieeffizienz aufweist und dessen Energiebedarf sehr gering ist und, soweit möglich, zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden soll.

IV. Pflicht zur Installation von Photovoltaik-Anlagen (Öffentliches Recht)

1. Rechtslage

Zu beobachten ist weiterhin eine Pflicht zur Installation von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energie wie Photovoltaik-Anlagen („PV-Anlagen“). Zwar konnte sich eine PV-Pflicht auf Bundesebene (im Zuge der Gesetzgebung des GEG und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2021)) bislang nicht durchsetzen.14

Gleichwohl haben zahlreiche Bundesländer (Baden-Württemberg,  Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein) – in unterschiedlichem Intensivierungsgrad – Pflichten für Bauherren bzw. Eigentümer von Grundstücken zur Installation (und zum Betrieb) von PV-Anlagen auf Gebäudedächern bzw. über offenen Parkplatzflächen normiert. Weitere Länder (Bayern, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern) befinden sich derzeit in entsprechenden (fortgeschrittenen) Gesetzgebungs- bzw. Planungsprozessen, sodass hier zeitnah mit vergleichbaren Pflichten zu rechnen ist. In anderen Ländern (Brandenburg, Saarland, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen) liegen demgegenüber noch keine Pläne zur Einführung einer PV-Pflicht durch (einfaches) Landesgesetz vor.

Dies schließt jedoch eine PV-Pflicht (auch) in diesen Ländern nicht kategorisch aus. Denn bereits mit der Klimaschutznovelle des Baugesetzbuchs (BauGB) (2011) hatte der Bundesgesetzgeber den Kommunen (Städten und Gemeinden) die Möglichkeit eröffnet, aus städtebaulichen Gründen eine PV- sowie Solarthermie-Pflicht in Bebauungsplänen festzusetzen (§ 9 Abs. 1 Nr. 23 lit. b) BauGB). Von dieser Befugnis ist jedoch bislang nur vereinzelt Gebrauch gemacht worden (z. B. in Marburg und Kaiserslautern).15

In der bundesstaatlichen Gesamtschau ergibt sich folgendes Bild:16

In den jeweiligen Landesgesetzen, in denen (zukünftig) eine PV-Pflicht vorgesehen ist, greift diese zeitlich in Abhängig von der (vollständigen) Einreichung der Bauantragsunterlagen bzw. vom Baubeginn, wobei variierende Stichtage zwischen Wohn- und Nichtwohngebäuden bzw. freien Parkplatzflächen sowie zwischen Neubau und (grundlegender) Erneuerung / Sanierung der Dachhaut bei Gebäuden festzustellen sind (zwischen 1. Januar 2022 und 1. Januar 2025).

2. Handlungsbedarf

Aus der gesetzlich bzw. im Bebauungsplan normierten Pflicht zur Installation von PV- bzw. Solarthermie-Anlagen folgt eine Reihe rechtlicher Fragen, die aus Sicht des Eigentümers bzw. des Bauherrn zu beantworten sind:

  • Zunächst ist anhand der Gesetzesnormen bzw. des Bebauungsplans zu prüfen, ob überhaupt eine entsprechende Verpflichtung besteht. Genauer Betrachtung bedürfen – neben Stichtagsfragen – insbesondere auch die (u. U. in Rechtsverordnungen) normierten Ausnahme- und Befreiungstatbestände sowie zulässigen Ersatzmaßnahmen.
  • Besteht hiernach eine Verpflichtung zur Installation einer PV-Anlage, sollten vor dem Hintergrund der derzeitigen Knappheit von PV-Anlagen – neben Ingenieur- und Technikerleistungen – entsprechende Verträge frühzeitig abgeschlossen werden.
  • Auch etwaig eigenständige Genehmigungspflichten für PV-Anlagen sind in den Blick zu nehmen: Insbesondere bei gebäudeabhängigen PV-Anlagen in, an oder auf Hochhäusern bzw. solchen, mit denen eine Änderung der Nutzung oder der äußeren Gestalt des Gebäudes verbunden ist sowie bei gebäudeunabhängigen PV-Anlagen mit einer Höhe ab 3 m oder einer Gesamtlänge ab 9 m, bedarf es einer Baugenehmigung (vgl. § 61 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) und lit. b) Muster-BauO17).
  • Grundlegend ist außerdem das Verständnis, dass es sich bei der Verpflichtung zur Installation einer PV-Anlage um keine höchstpersönliche Pflicht des Eigentümers bzw. des Bauherrn handelt, die nur dieser in persona erfüllen kann. Vielmehr darf sich der Eigentümer bzw. der Bauherr zur Erfüllung der Installationspflicht auch eines Dritten (Fachmann) bedienen, wofür es dann aber eines Installationsvertrags (gegebenenfalls mit anschließendem Wartungsauftrag) bedarf. Im Rahmen des (rechtlichen) Beschaffungsvorgangs werden zudem regelmäßig Kreditverträge abzuschließen oder (staatliche) Förderprogramme in Anspruch zu nehmen sein. Nach unserer Erfahrung verlangen Kreditinstitute bzw. Förderbänke als Sicherheit für etwaige Rückzahlungsansprüche Sicherheiten, wobei neben Grundschulden und der Abtretung der Einspeisevergütung z. B. auch die Begründung von Sicherungseigentum18 an den – gegebenenfalls noch zu erwerbenden – PV-Anlagen üblich ist. Um Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen, sollten die zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse (insbesondere Sicherungsabreden) rechtssicher ausgestaltet sein.
  • Einige Länder normieren darüber hinaus auch ausdrücklich eine Pflicht zum Betrieb der PV-Anlage (z. B. Hamburg: § 16 Abs. 2 KlimaSchG), wobei es sich auch hier nicht um eine höchstpersönliche Pflicht des Eigentümers handelt, sondern die Möglichkeit besteht, sich zum Betrieb der PV-Anlage eines Dritten (Betreiber, sog. OpCo) zu bedienen. Mit der zugrunde liegenden Entscheidung, ob ein (a) Eigen- oder (b) Drittbetrieb beabsichtigt wird, gehen Fragen zur Ausgestaltung der rechtlichen Beziehungen einher: (a) Wird ein Eigenbetrieb beabsichtigt und soll der erzeugte Strom in das allgemeine Stromnetz eingespeist werden, kann – gerade bei größeren PV-Anlagen – der Abschluss eines (von den Vorschriften über das gesetzliche Schuldverhältnis teilweise abweichenden) Einspeisevertrags mit dem Netzbetreiber (§ 7 Abs. 1 EEG) in Erwägung zu ziehen sein. Insbesondere bei PV-Großanlagen wird vor Netzanschluss zudem regelmäßig eine Netzverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Zudem sollte der Abschluss eines Wartungsvertrags sowie gegebenenfalls eines Versicherungsvertrags in Betracht gezogen und geprüft werden, ob und wie anfallende Mehrkosten (z. B. Wartungskosten) als Nebenkosten i. S. d. Mietvertrags auf die Mieter umlegen können. (b) Wird demgegenüber ein Drittbetrieb beabsichtigt, bedarf es der näheren Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zum Nutzungsberechtigten (z. B. schuldrechtlicher Pachtvertrag, gegebenenfalls nebst dinglicher Sicherung des Nutzungsrechts über eine im Grundbuch einzutragende beschränkt persönliche Dienstbarkeit gem. § 1090 BGB), wobei insbesondere Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten unter Beachtung der (strengen) Zulässigkeitsvoraussetzungen der Rechtsprechung unter den Parteien klar verteilt und zugeordnet werden sollten. Denkbar und zulässig ist auch eine Bemessung der Pacht am Umsatz oder am Ertrag (sog. partiarisches Pachtverhältnis).19

14 Longo/Stryi-Hipp, KomunalPraxis spezial 2021, 131 (132).

15 Longo/Stryi-Hipp, KomunalPraxis spezial 2021, 131 (132 ff.).

16 Eigene Darstellung (Stand: 25. November 2022; zur Darstellung der PV-Pflicht durch Landesgesetz: siehe im Einzelnen unter A.IX. Annex0).

17 Die Muster-BauO ist ein von der Bauministerkonferenz als Orientierungswert für die Länder entwickelter „Standard“, der durch die Länder im Rahmen ihrer Bauordnungskompetenz beliebig abgeändert werden kann. Die Muster-BauO beansprucht insofern keine Verbindlichkeit. Maßgeblich sind allein die BauO der Länder.

18 Im Hinblick auf die Begründung von Sicherungseigentum erlangt unter anderem die bautechnische Verbindung der PV-Anlage mit dem Gebäude besondere Bedeutung: Handelt es sich um eine „Indachmontage“ (bei der Dachziegel eingespart werden) wird die PV-Anlage als ein wesentlicher Bestandteile des Gebäudes zu qualifizieren sein, der das Schicksal des Gebäudes teilt und nicht isoliert veräußert werden kann, womit Sicherungseigentum ausscheidet (§§ 93, 94 BGB). Anders verhält es sich bei der regelmäßig anzutreffenden „aufgeständerten Montage“. Vgl. Krauß Immobilienkaufverträge in der Praxis, 9. Auflage, Rn. 1343 ff.

19 Schlinkeri, BeckOGK, § 581 BGB, Rn. 94.

V. Leitungsinfrastruktur für E-Mobilität bzw. Ladepunkte (Öffentliches Recht)

1. Rechtslage

Mit dem zum 25. März 2021 in Kraft getretenen „Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz“ („GEIG“) hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen geschaffen, die Möglichkeiten für das Laden von E-Fahrzeugen zu Hause, am Arbeitsplatz und bei der Erledigung alltäglicher Besorgungen zu verbessern – und zwar durch Schaffung einer vorbereitenden Leitungsinfrastruktur (Schutzrohre für Elektro- und Datenleitungen) für die E-Mobilität als auch durch die Bereitstellung von Ladepunkten. Hierdurch soll ein wichtiger Beitrag zur Förderung der Nutzung von E-Fahrzeugen geleistet werden.20

Das GEIG adressiert sowohl zu errichtende als auch bestehende Wohn- und Nichtwohngebäude (sowie gemischt genutzte Gebäude) mit größeren Parkplätzten:

  • Für den Fall der Errichtung eines Wohngebäudes mit mehr als fünf Stellplätzen, ist dafür zu sorgen, dass jeder Stellplatz mit der Leitungsinfrastruktur ausgestattet wird (§ 6 GEIG). Wer ein Nichtwohngebäude errichtet, das über mehr als sechs Stellplätzeverfügt, hat dafür zu sorgen, dass mind. jeder dritte Stellplatz mit der Leitungsinfrastruktur ausgestattet wird und zusätzlich mind. ein Ladepunkt errichtet wird (§ 7 GEIG).
  • Für Bestandsgebäude, die einer größeren Renovierung (das heißt in Bezug auf mehr als 25 % der Oberfläche der Gebäudehülle), die auch den Parkplatz oder die elektrische Infrastruktur des Gebäudes (bei innenliegenden Parkplätzen) bzw. des Parkplatzes (bei angrenzenden Parkplätzen) umfasst, unterzogen werden, ist zu beachten: Handelt es sich um ein Wohngebäude mit mehr als zehn Stellplätzen, so hat der Eigentümer dafür zu sorgen, dass jeder Stellplatz mit der Leitungsinfrastruktur ausgestattet wird (§ 8 GEIG). Handelt es sich demgegenüber um ein Nichtwohngebäude, hat der Eigentümer dafür zu sorgen, dass mind. jeder fünfte Stellplatz mit der Leitungsinfrastruktur ausgestattet wird und zusätzlich mind. ein Ladepunkt errichtet wird (§ 9 GEIG).
  • Auch ohne Errichtung oder ohne eine größere Renovierung hat der jeweilige Eigentümer eines jeden Nichtwohngebäudes, das über mehr als 20 Stellplätze verfügt, dafür zu sorgen, dass nach dem 1. Januar 2025 ein Ladepunkt errichtet wird (§ 10 Abs. 1 GEIG).
  • Der Gesetzgeber hat außerdem einige Ausnahmen und Erleichterungen geschaffen, etwa durch Bündelung der Gesamtzahl der zu errichtenden Ladepunkte, wenn der Eigentümer die Pflicht zur Errichtung eines Ladepunktes für mehr als ein Nichtwohngebäude hat (§ 10 Abs. 2 GEIG). Sonderregelungen bestehen zudem für gemischt genutzte Gebäude (§ 11 GEIG) sowie für Bauherren und Eigentümer, deren Gebäude in räumlichem Zusammenhang stehen, die Vereinbarungen (auch unter Beteiligung von Energieversorgungsunternehmen) über eine gemeinsame Ausstattung schließen können (sog. Quartierslösung, § 12 GEIG). Außerdem sind Nichtwohngebäude, die im Eigentum von kleineren oder mittleren Unternehmen (sog. KMU) 21 stehen und überwiegend von diesen selbst genutzt werden, von den Pflichten ausgenommen.

Flankierend zum GEIG hat der Gesetzgeber im Zuge des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEGMoG) die Stärkung der E-Mobilität auch in anderen Bereichen des Immobilienwirtschaftsrechts vorangetrieben: So kann der (Wohnungs- und Gewerbe-) Mieter nun verlangen, dass der Vermieter ihm bauliche Veränderungen der Mietsache – soweit zumutbar – erlaubt, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dient (§§ 554, 578 BGB). Zudem steht jedem Wohnungseigentümer der Anspruch auf angemessene bauliche Veränderungen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dient, zu (§ 20 Abs. 2 WEG). Der Anspruch bezieht sich nur auf das „Ob“ der Maßnahme (Beschlussfassung); über das „Wie“ entscheiden die Eigentümer im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung.22

2. Handlungsbedarf

Wir empfehlen Bauherren und Eigentümern von Grundstücken und Gebäuden eingehend zu prüfen, ob sie Verpflichtete i. S. d. GEIG sind und – bejahendenfalls – die einschlägigen Maßnahmen umzusetzen. Widrigenfalls droht eine Geldbuße i. H. v. bis zu 10.000,00 EUR (§ 15 GEIG). Wird der errichtete Ladepunkt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, sind ergänzend die Vorgaben der „Verordnung über technische Mindestanforderungen an den sicheren und interoperablen Aufbau und Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten für elektrisch betriebene Fahrzeuge“ (Ladesäulenverordnung), insbesondere hinsichtlich technischer Sicherheit und Interoperabilität (§ 3), punktuelles Aufladen (§ 4) sowie Anzeige- und Nachweispflichten (§ 5) zu beachten.

Mit der offenen Formulierung des Gesetzgebers im GEIG („dafür zu sorgen“) halten wir es für denkbar, dass der Eigentümer als Vermieter die Umsetzung der Maßnahmen im Rahmen eines (Individual-)Mietvertrags auch auf den Mieter überbürden kann und die Verletzung der Mieterpflicht mit einer Vertragsstrafe sanktioniert ist. Von der formularvertraglichen Vereinbarung (als AGB) derartiger Klauseln raten wir demgegenüber ab, weil das Risiko besteht, dass es sich hierbei um eine sog. überraschende Klausel handelt, die dann nicht Vertragsbestandteil würde (§ 305c BGB).23

Außerdem sollte die mit der Ausführung der entsprechenden Maßnahmen verbundenen Mehrkosten - nach Schätzungen des Nationalen Normenkontrollrates i. H. v. 2.300,00 EUR bis 2.700,00 EUR  pro Gebäude für Leitungsinfrastruktur und i. H. v. 3.700,00 EUR bis 8.700,00 EUR je Ladepunkt24  – in die Unternehmens- und Finanzplanung einfließen. Im Sinne einer möglichst weitreichenden Kostendeckung empfehlen wir, sich einen Überblick über die zur Verfügung stehenden (staatlichen) Förderprodukte und -programme zu verschaffen und diese gegebenenfalls in Anspruch zu nehmen.25 Zu beachten ist auch die Mitteilungspflicht gegenüber dem Netzbetreiber (§§ 5 Abs. 2 GEIG, 19 Abs. 2 NAV). Zudem sollten entsprechenden Installations- und Wartungsverträge sollten rechtssicher ausgestaltet werden. Der Betrieb der Ladepunkte kann (analog der PV-Pflicht) auch hier durch einen Dritten erfolgen, wobei dann die Rechtsbeziehungen zum Betreiber entsprechend rechtskonform auszugestalten sind.


20 BT Drs. 19/19366, S. 1.

21 Gem. Definition in Titel I des Anhangs der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission (ABl. L124 v. 20. Mai 2003, S. 36) liegt ein „KMU“ unter zwei kumulativen Voraussetzungen vor: (1.) Das Unternehmen beschäftigt weniger als 250 Personen und (2.) erzielt einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro oder seine Jahresbilanzsumme beläuft sich auf höchstens 43 Millionen Euro

22 BT Drs. 19/18791, S. 63; Hügel, BeckOK BGB, § 20 WEG, Rn. 11.

23 Immobilienanwälte, Ausgabe 2022/23, S. 11.

24 BT-Drs. 19/19366, S. 9.

25 Hinsichtlich Stellung von Sicherheiten für etwaige Rückzahlungspflichten stellen sich vergleichbare Fragen wie bei der Installation von PV-Anlagen (siehe hierzu A.IV.2.).

VI. CO2-Kostenaufteilungsgesetz (Mietrecht)

1. Rechtslage

Als Teil Klimaschutzprogramms sind Unternehmen, die fossile Brennstoffe (Heizöl, Erdgas, Benzin, Diesel) in den Verkehr bringen, verpflichtet, eine CO2-Abgabe zu zahlen (Rechtsgrundlage: Brennstoffemissionshandelsgesetz). Die Brennstofflieferanten reichen diese CO2-Abgabe erfahrungsgemäß an die Abnehmer weiter. Soweit Mieter durch den Vermieter mit Wärme und Warmwasser werden, hat der Vermieter diese CO2-Abgabe bisher seinerseits als Teil der Heizkosten an den Mieter zu 100 % umgelegt (im Rahmen der Heizkostenabrechnung).

Eine solche Umlage ist mit dem am 10. November 2022 durch den Bundestag beschlossenen Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz („CO2-Kostenaufteilungsgesetz“) künftig nicht mehr möglich: Vermieter sind ab dem 1. Januar.2023 zwingend verpflichtet, sich an der Umlage der CO2-Abgabe zu beteiligen. Hierdurch sollen im Verhältnis von Vermieter und Mieter Anreize gesetzt werden, die Treibhausgasemissionen im Gebäudebereich zu reduzieren, und zwar dadurch, dass die Nutzer eines Gebäudes zu energieeffizientem Verhalten und Gebäudeeigentümer zu Investitionen in klimaschonende Heizungssysteme und zu energetischen Sanierungen angereizt werden (§ 1 CO2-Kostenaufteilungsgesetz).

  • Für Wohngebäude soll dabei ein 10-Stufenmodell gelten: Je schlechter der energetische Zustand eines Gebäudes, desto höher ist der Kostenanteil für Vermieter (bis zu 95 % bei Stufe 10). Investiert dieser in klimaschonende Heizungssysteme und energetische Sanierungen, dann sinkt der Vermieter-Anteil an den CO2-Kosten (auf bis zu 0 % / Mieteranteil von 100 % bei Stufe 1 – Energiestandard EH55). Die Aufteilung erfolgt in Abhängigkeit des CO2-Ausstoßes pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr. Vermieter ermitteln die CO2-Kosten und den Verteilungsschlüssel im Zuge der jährlichen Heizkostenabrechnung (§ 7 CO2-Kostenaufteilungsgesetz).
  • Für Nichtwohngebäude gilt zunächst übergangsweise, dass der Vermieter dem Mieter 50 % der CO2-Kosten zu ersetzen hat, wenn sich der Mieter selbst mit Wärme oder Warmwasser versorgt (§ 8 Abs. 2 CO2-Kostenaufteilungsgesetz). Ein Stufenmodell – wie bei Wohngebäuden – eignet sich derzeit noch nicht, da diese Gebäude in ihren Eigenschaften zu verschieden sind. Die Datenlage reicht aktuell nicht aus für eine einheitliche Regelung. Hier gilt es, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, bis Ende 2024 die dafür erforderlichen Daten zu erheben. Ein Stufenmodell für Nichtwohngebäude soll dann Ende 2025 eingeführt werden.

2. Handlungsbedarf

Der Anreiz des CO2-Preises für mehr Klimaschutz und Energieeffizienz wirkt so nun auch im Mietverhältnis: Die Regelung hebt insgesamt die Aufgabe von Vermietern hervor, Gebäude mit klimafreundlichen Heizsystemen auszustatten und für eine gute Dämmung zu sorgen. Gleichzeitig bleibt die Eigenverantwortung der Mieter bestehen, möglichst sparsam und effizient zu heizen, indem ein Teil der CO2-Kosten weiterhin auf sie umgelegt wird.

Wir empfehlen Vermietern, gründlich zu prüfen, ob und in welchem Umfang sie sich an den CO2-Kosten beteiligen müssen. Im Rahmen der Heizkostenabrechnung hat der Vermieter den auf den Mieter entfallenden Anteil an den CO2-Kosten, die Einstufung des Gebäudes bzw. der Wohnung sowie die Berechnungsgrundlagen auszuweisen (§ 7 Abs. 4 CO2-Kostenaufteilungsgesetz). Wir erwarten vor diese Hintergrund einen Mehraufwand für Vermieter, die im Rahmen der Heizkostenabrechnung nun Angaben etwa zur Energiebilanz und zum CO2-Ausstoß machen müssen; für jedes Gebäude muss nun ermittelt werden, wie klimafreundlich es ist. Den Plänen zufolge sollen den Vermietern aber alle für die Berechnung erforderlichen Daten an die Hand gegeben werden. Bestimmt der Vermieter den auf den einzelnen Mieter entfallenden Anteil an den Kohlendioxidkosten nicht oder weist er die erforderlichen Informationen nicht aus, hat der Mieter das Recht, den gemäß der Heizkostenabrechnung auf ihn entfallenden Anteil an den Heizkosten um 3 % zu kürzen (§ 7 Abs. 4 CO2-Kostenaufteilungsgesetz) (sog. private enforcement).

VII. Ausblick

Die neben den politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der Klima- und Energiekrise implizierten rechtlichen Neuerungen in Bezug auf Grundstücke und Gebäude schaffen eine zunehmende Regulatorik im Immobiliensektor.

Aus unserer Sicht entstehen hierdurch jedoch nicht nur (finanzielle) Mehrbelastungen, sondern werden auch Potentiale zur Erweiterung von Geschäftsfeldern für (institutionelle) Immobilieninvestoren und Bestandshalter geschaffen: Gerade bei Neubauten in Quartieren kann z. B. in Erwägung gezogen werden, die errichteten Ladepunkte für E-Fahrzeuge sowie die PV-Anlagen auch benachbarten Eigentümern zugänglich zu machen (sog. Quartierslösung) und den mit der hauseigenen PV-Anlage erzeugten Strom für den Betrieb der Ladepunkte oder die Stromversorgung der Mieter (des gesamten Quartiers) einzuspeisen und auf diesem Wege über eine Stromkaufvereinbarung (Power Purchase Agreement) gewinnbringend zu verkaufen.

Hierfür empfehlen wir aus steuerlichen und haftungsrechtlichen Gesichtspunkten, den Betrieb derartiger Anlagen über eine selbstständige Betreibergesellschaft vorzunehmen, die die PV-Anlagen(-Flächen) bzw. Ladepunkte mietet bzw. pachtet. Überschüssiger, nicht für die Mieterversorgung benötigter Strom kann dieser sodann vermarkten, wobei auch eine Gewinn-/Umsatzbeteiligung des Immobilieneigentümers in Erwägung gezogen werden kann. Grundsätzlich gibt es hierfür mehrere Möglichkeiten für die Vermarktung von Überschussmengen, zum Beispiel die Einspeisung in das Allgemeine Stromnetz, eine Direktvermarktung an Dritte über eine Stromkaufvereinbarung (Power Purchase Agreement) oder die Teilnahme an Ausschreibungen.  Zu beachten ist jedoch, dass PV-Anlagen ab einer bestimmten Leistung ausschreibungspflichtig werden.

Denkbar ist folgendes Konzept (für die Vermarktung von Überschussmengen über das allgemeine Stromnetz):

Ob derartige Konzepte sowie die Regulatorik für Eigentümer von Grundstücken und Gebäuden geeignet ist, einen hinreichenden Beitrag des Immobiliensektors für das auf EU-Ebene angestrebte Ziel der Klimaneutralität zu leisten oder ob die Regulierungstendenzen der Immobilienwirtschaft weiter vorangetrieben werden (müssen), bleibt mit viel Spannung abzuwarten. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

VII. Unser Beratungsangebot für Sie

Zu sämtlichen Fragen des Immobilien- und Baurechts beraten Sie die branchenerfahrenen Experten unserer Praxisgruppe Real Estate & Infrastructure. Durch die enge Zusammenarbeit mir unseren weiteren Praxisgruppen (z. B. Energy, Tax, Umweltrecht, Corporate/M&A) können wir Sie in sämtlichen flankierenden Fragen umfassend aus einer Hand beraten (z. B. bei der Entwicklung eines steueroptimierten Konzepts für eine autarke Energieversorgung von Gebäuden).

VIII. Annex: Übersicht landesrechtliche Regelungen zur PV-Pflicht

Land

Regelung

Baden-Württemberg

  • § 8a KlimaSchG: PV-Anlage auf Dachfläche bei
    • Neubau – Stichtag: Eingang des Bauantrag ab 1.1.22 (Nicht-Wohngebäude) bzw. 1.5.22 (Wohngebäude)
    • grundlegender Dachsanierung – Stichtag: Baubeginn ab 1.1.23
  • § 8b KlimaSchG: PV-Anlage bei Neubau eines offenen Parkplatzes mit mehr als 35 Stellplätzen - Stichtag: Eingang des Bauantrags ab 1.1.22

Bayern

In Kabinettssitzung am 28.6.22: Änderung der BayBauO beschlossen: Solaranlage auf Dachfläche bei

  • Neubau – Stichtag: Eingang des Bauantrags ab 1.1.23 (Gewerbe- und Industriegebäude) bzw. 1.7.23 (sonstige Nicht-Wohngebäude) bzw. reine Soll-Bestimmung für Wohngebäude
  • Vollständiger Erneuerung der Dachhaut

Berlin

§ 3 Abs. 1 SolarG: PV-Anlage aufnicht-öffentlichen Gebäuden26 (Nutzungsfläche > 50 qm²) bei

  • Errichtung des Gebäudes – Stichtag: Beginn ab 31.12.22
  • wesentlichen Umbauten des Daches – Stichtag: Beginn ab 31.12.22

Brandenburg

Keine Pläne bekannt

Bremen

Dringlichkeitsantrag der Bürgerschaft/in Planung:

Solarpflicht für alle Neubauten und bei grundlegender Sanierung bestehender Dächer

Hamburg

§ 16  Abs. 2 KlimaschutzG: Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie auf Dachfläche bei

  • Baubeginn – Stichtag: nach 1.1.23
  • Vollständiger Erneuerung des Dachhaut – Stichtag: nach 1.1.25

Hessen

Geplant / Gesetzentwurf vom 5.7.22:

  • § 9a EnergieG-Entwurf: PV-Anlagen auf Dachflächen nur für landeseigene Gebäude
  • § 12 EnergieG-Entwurf: PV-Anlage über Dachfläche eines offenen nicht-landeseigenen Parkplatzes (> 50 Kfz-Stellplätze) -Stichtag: Eingang der Baugenehmigung 1 Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes

Mecklenburg-Vorpommern

In Planung

Niedersachsen

  • § 32a Abs.1 BauO Nds.: PV-Anlage auf Dach (sofern Dachfläche > 50 qm²) – Stichtag: Übermittlung des Bauantrags nach 31.12.22 (überwiegend gewerbliche Nutzung) bzw. 31.12.24 (Wohngebäude) bzw. 31.12.23 (sonstige Gebäude)
  • § 32a Abs.3 BauO Nds.: PV-Anlage bei Errichtung eines offenen Parkplatzes oder Parkdecks (> 50 Einstellplätze für KfZ) – Stichtag: Übermittlung des Bauantrags nach 31.12.22

Nordrhein-Westfalen

§ 8 Abs. 2 BauO NRW: PV-Anlage bei Neubau eines offenen und Nicht-Wohngebäude dienenden Parkplatzes (> 35 Stellplätze für KfZ) – Stichtag: Eingang des Bauantrags ab 1.1.22

Rheinland-Pfalz

  • § 4 Abs. 1 LSolarG: PV-Anlage auf Eignungsfläche bei Errichtung von gewerblich genutzten Neubauten (Nutzfläche > 100 qm²)
  • § 5 Abs. 1 LSolarG: PV-Anlage bei Errichtung neuer offener Parkplätze (ab 50 Stellplätze für KfZ)

Saarland

Landdesregierung hält Solarpflicht für möglich, keine konkreten Pläne

Sachsen-Anhalt

Keine Pläne bekannt gegeben

Sachsen

Keine Pläne bekannt gegeben

Schleswig-Holstein

  • § 11 Abs. 1 EWKG: PV-Anlage auf Dach bei
    • Neubau von Nichtwohngebäuden – Stichtag: Eingang der Baugenehmigung ab 1.1.23
    • Renovierung von mehr als 10 % der Dachfläche von Nichtwohngebäude – Stichtag: Eingang der Baugenehmigung ab 1.1.23
  • § 10 Abs. 1 EWKG: PV-Anlage bei Neubau eines offenen Parkplatzes (> 1000 Stellplätze für Kfz) -Stichtag: Beginn nach 1.1.23

Thüringen

Keine Pläne bekannt gegeben

26 Für öffentliche Gebäude enthält § 19 Abs. 3 und Abs. 4 EWG Sonderregelungen

Autor/in
Tatjana Giutronich, LL.M. (UNSW)

Tatjana Giutronich, LL.M. (UNSW)
Senior Associate
Hannover
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