15.02.2022

Cannabis-Legalisierung: (Noch) keine Antwort auf drängende Fragen

Die Ampelparteien haben sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass der Konsum von Cannabis zu Genusszwecken legalisiert werden soll. Über die genaue Ausgestaltung herrscht jedoch in weiten Teilen noch Unklarheit. Weder wie der Anbau erfolgen soll, noch unter welchen Voraussetzungen Cannabis verkauft werden darf, steht aktuell fest.

Hintergrund

Die Fraktion der CDU/CSU hatte aus diesem Grund im Januar 2022 eine Kleine Anfrage (BT-Drs. 20 /551) an die Bundesregierung gerichtet. Die Abgeordneten wollten unter anderem wissen:

  • Unter welchen Bedingungen und Sicherheitsmaßnahmen wird heute medizinischer Hanf in Deutschland angebaut und auf welche Sicherheitsmaßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung beim großflächigen Anbau in Deutschland zu verzichten? (Frage 7)
  • Wie und nach welchen Kriterien findet nach Kenntnis der Bundesregierung der legale Anbau und Vertrieb von Cannabis zu Genusszwecken in anderen EU-Mitgliedstaaten bisher statt? (Frage 11)
  • Um wie viel ist der Cannabis Anbau finanziell lukrativer als der Anbau regionaler Lebensmittelprodukte (Gewinnunterschied pro qm Anbaufläche) (bitte tabellarisch auflisten)? (Frage 12)
  • Da im 1. Halbjahr 2021 Unternehmen rund 9 Tonnen medizinisches Cannabis nach Deutschland importierten und hierzulande derzeit drei Unternehmen circa neun Tonnen medizinisches Cannabis produzieren dürfen, soll Deutschland von Cannabis-Importen abhängig sein und aus welchen Ländern sollen Cannabis-Importe bezogen werden? (Frage 14)
  • Wird sich in Deutschland der Rechtsstatus von aktuell zugelassenem Medizinalcannabis ändern? (Frage 15)
  • Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung angesichts der von ihr angestrebten Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken auf die Qualität der angebotenen Produkte, insbesondere im Verhältnis zum bereits jetzt verfügbaren Medizinalcannabis? (Frage 18)
  • Wird es eine Regelung zur Zulassung von Cannabissorten, bzw. eine Definition geben? (Frage 19)
  • Sind Qualitätssicherungsmaßnahmen (analog GMP und GDP) gegen Microbakterielle- und Pilzbelastung für den Fall der Freigabe geplant? (Frage 20)
  • Sind Qualitätssicherungsmaßnahmen (analog GMP und GDP) gegen Microbakterielle- und Pilzbelastung für den Fall der Freigabe geplant? (Frage 21)
  • Wie stellt sich die Bundesregierung die inhaltlichen und formalen Voraussetzungen für ein Lizensierungsverfahren von Geschäften vor, in denen eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene erfolgen soll? (Frage 25)

Die Antwort der Bundesregierung (BT-Drs. 20/653) auf diese vielfältigen Fragen fiel denkbar knapp aus und kann insgesamt als enttäuschend bezeichnet werden.

Zur konkreten Ausgestaltung der kontrollierten Abgabe von Cannabis könne zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Aussage getroffen werden. Die Klärung spezifischer Fragen solle vielmehr erst im Rahmen der Erstellung des Gesetzesentwurfes erfolgen. Die Bundesregierung begründet dies damit, dass

„[d]as Gesetzgebungsvorhaben … umfangreiche ressortübergreifende Fragestellungen, von der gesetzlichen Ausgestaltung des Anbaus, der Produktion, des Handels, Verkaufs, Verbraucher-, Jugend- und Nichtraucherschutzes bis hin zum Steuer-, Straßenverkehrs-, Straf- und Ordnungswidrigkeiten- sowie Völker- und Europarecht [betrifft].“

Lediglich die Fragen zu dem aktuellen Rechtsrahmen für medizinisches Cannabis werden von der Regierung konkret beantwortet. Ob diese Regelungen jedoch auch für den Anbau und die Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken gelten werden, steht noch nicht fest. Die Bundesregierung machte auch zu dieser Frage keine Angaben.

Gesichert scheint nach Aussagen von Justizminister Buschmann lediglich, dass Cannabis – wie andere Konsumprodukte auch – der Besteuerung unterliegen wird. Die Regierung erhofft sich durch das Gesetzesvorhaben Mehreinnahmen in Milliardenhöhe. Diese sollen nicht nur durch Mehreinnahmen bei Umsatz-, Körperschafts- und Gewerbesteuern, sondern auch durch die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze und die damit verbundenen Lohnsteuereinnahmen entstehen. Doch auch bei der Ausgestaltung der Steuer bleiben noch viele Fragen offen. Insbesondere, ob sich die Cannabissteuer nach dem THC-Gehalt oder dem Gewicht richten wird, ist noch nicht geklärt.

Damit bleibt weiterhin abzuwarten, wie die Regulierung der kontrollierten Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken konkret ausgestaltet sein wird. Die Kleine Anfrage verdeutlicht dabei gerade, welche vielfältigen Fragen sich im Zusammenhang mit der Legalisierung noch stellen.

Autorenzitat:

Christoph Schnoor: Die Antwort der Bundesregierung ist insgesamt enttäuschend. Es war zwar nicht zu erwarten, dass sich die Bundesregierung im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage vertieft mit Einzelfragen auseinandersetzt. Etwas mehr „Planungssicherheit“ für die potentiellen Marktteilnehmer wäre jedoch wünschenswert gewesen. Festzuhalten bleibt aber, dass die Bundesregierung das Thema weiterhin auf der Agenda hat und eine Legalisierung näher rückt.

Anja Wechsler: Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage bringt leider nicht mehr Klarheit über den zukünftigen Rechtsrahmen für Cannabis. Die Chance, erste Leitlinien der geplanten Cannabis-Regulierung bekannt zu geben, wird damit nicht genutzt. Es bleibt zu hoffen, dass bald konkretere Antworten auf die vielen Fragen der Legalisierung vorliegen werden.

Autor/in
Christoph Schnoor

Christoph Schnoor
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Anja Wechsler

Anja Wechsler
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