01.06.2022

Novelle des Verpackungsrechts 2.0 – erweiterter Adressatenkreis und Neuerungen für B2C-Hersteller von Verpackungen

Hintergrund

Das am 3. Juli 2021 in Kraft getretene neue Verpackungsgesetz sah bereits zu Beginn diesen Jahres neue Pflichten für Hersteller von Verpackungen vor (wir berichteten).

Neben den neuen Pflichten im B2B-Bereich zum 1. Juli 2022 sieht das Verpackungsgesetz auch im B2C-Bereich Änderungen vor.

Ferner wird der Adressatenkreis der Verpflichteten nach dem Verpackungsgesetz erweitert. Besonders betroffen von den Änderungen sind kleinere Unternehmen, da diesen oftmals gar nicht bewusst sein wird, dass sie überhaupt Verpflichtete nach dem Verpackungsgesetz sind.

Eine Missachtung der Pflichten nach dem Verpackungsgesetz kann zu empfindlichen Bußgeldern führen.

Was ändert sich?
  • Neue Registrierungspflicht für Serviceverpackungen

Bisher war es so, dass sich Hersteller von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen beim Verpackungsregister registrieren mussten. Diese Pflicht besteht für systembeteiligungspflichtige Verpackungen, also solchen „mit Ware befüllte Verkaufs- und Umverpackungen, die nach Gebrauch typischerweise beim privaten Endverbraucher anfallen“, weiterhin. Zu diesen „mit Ware befüllten Verkaufs- und Umverpackungen“ zählen auch sogenannte Serviceverpackungen. Das sind solche Verpackungen, „die erst beim Letztvertreiber befüllt werden, um die Übergabe von Waren an den Endverbraucher zu ermöglichen oder zu unterstützen“. Typische Beispiele für solche Serviceverpackungen sind Brötchentüten, Pizzaschachteln, Tragetaschen und Coffee-to-go-Becher. Serviceverpackungen werden somit bei jedem Bäcker, an jedem Kiosk und in jedem Blumengeschäft vertrieben.

Kleinere Unternehmen wurden bisher dadurch entlastet, dass sie sämtliche Pflichten nach dem Verpackungsgesetz an die Vorvertreiber dieser Serviceverpackungen, also an ihre Lieferanten, übertragen konnten.

Ab dem 1. Juli 2022 kann eine der Pflichten nach dem Verpackungsgesetz – namentlich die Registrierungspflicht – nicht mehr auf den Vorvertreiber übertragen werden. Das bedeutet, dass sich jeder Bäcker, jeder Pizzadienst und unter Umständen auch jeder Kiosk beim Verpackungsregister registrieren muss. Was auf den ersten Blick absurd klingt, wird durch die Gesetzesbegründung bestätigt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich jedes Einzelhandelsgeschäft registrieren muss. Der Aufwand für die betroffenen Unternehmen mag zwar gering sein, da die Registrierung kostenlos und innerhalb einer halben Stunde erledigt ist. Allerdings ist kaum zu erwarten, dass jedes Unternehmen diese Pflicht zur Registrierung überhaupt kennt. Die Nichtregistrierung kann zu empfindlichen Geldbußen führen, sodass unbedingt geprüft werden sollte, ob eine Registrierung vorzunehmen ist.  
 

  • Prüfpflicht für Fulfillment-Dienstleister

Beim Fulfillment lagert der Händler das Lagern, Verpacken, Adressieren und den Versand von Waren auf den Fulfillment-Dienstleister aus. Diese Dienstleister waren bisher nicht unmittelbar vom Verpackungsgesetz umfasst. Dies ändert sich ab dem 1. Juli 2022.

Fulfillment-Dienstleister dürfen ihre Leistungen bei systembeteiligungspflichtigen Verpackungen nicht erbringen, wenn der Auftraggeber nicht beim Verpackungsregister registriert ist. Dies bedeutet, dass der Fulfillment-Dienstleister keine Ware des Auftraggebers lagern, verpacken, adressieren oder versenden darf.

Zudem besteht nach § 9 Abs. 5 Satz 3 VerpackG ein Vertriebsverbot für sämtliche Verpackungen, bei denen der Hersteller nicht ordnungsgemäß registriert ist. Im Endeffekt können Fulfillment-Dienstleister also gar keine Dienstleistungen mehr anbieten, wenn der Auftraggeber nicht ordnungsgemäß registriert ist. Entsprechend trifft den Dienstleister eine Prüfpflicht. In der Praxis sollte vom Kunden also stets die Registrierungsnummer verlangt werden.

Sollten Fulfillment-Dienstleister trotz eines Vertriebsverbots Verpackungen in den Verkehr bringen droht ein Bußgeld von bis zu EUR 100.000.
 

  • Prüfpflicht für Betreiber von Online-Marktplätzen

Ähnlichen Verpflichtungen unterliegen auch Betreiber von sog. Online-Marktplätzen. Dies sind vor allem Websites und Apps, auf denen andere Unternehmen als der jeweilige Betreiber dieser elektronischen Verkaufsplattform Waren zum Verkauf anbieten.

Den Betreibern von Online-Marktplätzen ist es ab dem 1. Juli 2022 untersagt, den Verkauf von Waren zu ermöglichen, wenn die Vertreiber der Waren nicht ordnungsgemäß beim Verpackungsregister registriert sind. Entsprechend müssen Online-Marktplätze prüfen, ob sich die Händler am System beteiligten. Um Bußgelder zu vermeiden, werden die Online-Marktplätze aller Voraussicht nach Händler sperren, die keinen Nachweis über die Registrierung beibringen.

Ausblick

Die Änderungen zum 1. Juli 2022 erweitern insbesondere den Pflichtenkreis des Verpackungsgesetzes. Nunmehr sollen nicht nur Hersteller von Verpackungen, sondern auch Fulfillment-Dienstleister und Betreiber von Online-Marktplätzen die Einhaltung der Verpflichtungen kontrollieren. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll so die Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Verpackungsgesetz sichergestellt werden. Immer mehr Verpackungen werden heute über elektronische Plattformen von ausländischen Herstellern vertrieben. Die hoheitliche Durchsetzung der Pflichten des Verpackungsgesetzes gegenüber im Ausland sitzenden Herstellern ist jedoch mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet. Die Verpflichtung der Fulfillment-Dienstleister und der Betreiber von Online-Marktplätzen soll diese Rechtslücke schließen.

Um Transparenzlücken im Verpackungsregister vorzubeugen, werden vor allem die Registrierungspflichten umfassend geregelt. Insbesondere kleinen Betrieben muss daher bewusst werden, dass sie auch für Serviceverpackungen als Hersteller registriert sein müssen. Zwar erfolgt diese Registrierung einmalig und kostenlos, ihre Missachtung kann aber Bußgelder in Höhe von bis zu EUR 100.000 zur Folge haben.

Und ein Ende ist im Bereich der Verpackungen nicht in Sicht. Bereits am 20. Juli 2022 könnte die EU-Kommission einen Vorschlag für eine neue Verpackungsverordnung vorlegen. Hierdurch soll eine höhere Harmonisierung innerhalb der EU erreicht werden. Das Verpackungsrecht bleibt also weiterhin im Fluss.  

Autor/in
Christoph Schnoor

Christoph Schnoor
Senior Associate
Hamburg
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