06.05.2022

Novelle des Verpackungsrechts 2.0 – Relevante Neuerungen für B2B-Hersteller von Verpackungen

Hintergrund

Das am 3. Juli 2021 in Kraft getretene neue Verpackungsgesetz sah bereits zu Beginn diesen Jahres neue Pflichten für Hersteller von B2B-Verpackungen vor. Ziel dieser Novellierung ist die Umsetzung der europäischen Einwegkunststoffrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/914) und Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie (EU) 2018/851).

Zum 1. Juli 2022 werden weitere Regelungen in Kraft treten, die nun auch B2B-Hersteller von Verpackungen mehr in die Pflicht nehmen. Vielen Unternehmen ist nicht bewusst, dass sie von dem Gesetz erfasst werden, da sie davon ausgehen, nicht unter den Herstellerbegriff des Gesetzes zu fallen. Dieser ist jedoch sehr viel weiter gefasst, als man annehmen würde. Eine Missachtung der Pflichten nach dem Verpackungsgesetz kann zu empfindlichen Bußgeldern führen. Aus diesem Grund sollte jedes Unternehmen sorgfältig prüfen, ob es von dem Gesetz erfasst wird, um Bußgelder zu vermeiden.

Der Herstellerbegriff im Verpackungsgesetz

Oftmals sind Akteure überrascht, dass sie als Hersteller von Verpackungen angesehen werden. Das verwundert nicht, da man beim „Hersteller von Verpackung“ zunächst einmal an Akteure der Verpackungsindustrie denkt. Diese Akteure sind aber gerade nicht gemeint.  
Nach § 3 Abs. 14 VerpackG ist Hersteller derjenige, der Verpackungen erstmals gewerbsmäßig in Verkehr bringt. Dabei geht es nicht um die Verpackung als solche, sondern um die mit Ware befüllte Verpackung. Unerheblich ist, ob diese Verpackung an ein Unternehmen oder einem privaten Endverbraucher geliefert wird. Somit können auch Unternehmen im gewerblichen Bereich (B2B) Hersteller von Verpackungen sein. Unter solche B2B-Verpackungen fallen sog. Transportverpackungen (beispielsweise Transportpaletten, Wickelfolien, Kunststoffbänder, Kartonhauben und  Holzkisten), sowie mit Ware befüllte Verkaufs-, Versand- und Umverpackungen, die nach Gebrauch typischerweise nicht bei privaten Endverbrauchern als Abfall anfallen. Somit kann grundsätzlich jedes Unternehmen Hersteller im Sinne des Verpackungsgesetzes sein.

Was ändert sich?
  • Registrierungspflicht für fast alle Unternehmen

Bisher galt die Registrierungspflicht lediglich für Hersteller von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen. Systembeteiligungspflichtige Verpackungen sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 8 VerpackG „mit Ware befüllte Verkaufs- und Umverpackungen, die nach Gebrauch typischerweise beim privaten Endverbraucher anfallen“.

Gem. § 9 Abs. 1 VerpackG müssen sich ab dem 1. Juli 2022 nun auch Hersteller von B2B-Verpackungen im Verpackungsregister LUCID der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister registrieren. Es handelt sich um eine einmalige kostenfreie Registrierung, die ab dem 5. Mai 2022 erfolgen kann. Dies bedeutet, dass Hersteller von B2B-Verpackungen, die bisher nicht zur Registrierung verpflichtet waren, sich bis zum 1. Juli 2022 registrieren müssen. Anders als Hersteller von B2C-Verpackungen müssen Hersteller von B2B-Verpackungen keine jährliche Meldung und Vollständigkeitserklärung abgeben. Ihre Pflicht beschränkt sich lediglich auf eine einmalige Registrierung und die Meldung von erheblichen Änderungen (Änderung der Verpackungsarten und Aufgabe der Geschäftstätigkeit).

Durch die Registrierung soll das dann vollständige Register genutzt werden, statistische Erhebungen zu ermöglichen, um so den Umsetzungspflichten aus der Abfallrahmenrichtlinie nachzukommen.

Soweit ein Unternehmen sowohl B2C-Verpackungen als auch B2B-Verpackungen in den Verkehr bringt und bisher nur mit den B2C-Verpackungen registriert war, muss sich das Unternehmen jetzt auch für die B2B-Verpackungen registrieren. Die alleinige Registrierung für B2C-Verpackungen ist nicht ausreichend. Entsprechend sollte durch die Unternehmen geprüft werden, ob und in welchem Umfang für sie Handlungsbedarf besteht.
 

  • Informationspflichten

Nach § 15 Abs. 1 S. 1 VerpackG sind Hersteller von Verpackungen verpflichtet, gebrauchte, restentleerte sowie in Verkehr gebrachte Verpackungen unentgeltlich zurückzunehmen und nach § 15 Abs. 3 S. 1 VerpackG zu verwerten. Diese Pflichten bestanden bereits nach dem alten Verpackungsgesetz. Neu ist jedoch die Informationspflicht aus § 15 Abs. 1 S. 5 VerpackG. Hiernach muss der Letztvertreiber von Verpackungen, der auch B2B-Hersteller sein kann, den Endverbraucher über die Rücknahmemöglichkeit der Verpackung und deren Sinn und Zweck informieren. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist über verschiedene Inhalte wie über Abfallvermeidungsmaßnahmen, Rücknahme- und Sammelsysteme sowie über die Vermeidung von „Vermüllung“ zu informieren. Damit soll klargestellt werden, dass die Information der Öffentlichkeit Aufgabe der Wirtschaft ist und dass die Aufklärung des Endverbrauchers zu besseren Ergebnissen bei der Rückgabe der Verpackungen führen soll. Diese Informationen sollten im Kaufvertrag oder in den AGB vor dem Verkauf der Produkte schriftlich fixiert werden.
 

  • Nachweispflichten

Darüber hinaus haben B2B-Hersteller gem. § 15 Abs. 3 S. 3 und 5 VerpackG über die Erfüllung der Rücknahme- und Verwertungsmöglichkeiten Nachweis zu führen und hierfür schon jetzt geeignete Mechanismen zur Selbstkontrolle einzurichten. Dies soll in Form einer Dokumentation geschehen, die nach Materialart und Masse aufgeschlüsselt ist und jährlich bis zum 15. Mai für das jeweils vorangegangene Kalenderjahr erstellt und vorgehalten werden soll. Auf Verlangen der zuständigen Landesbehörde muss diese Dokumentation vorgelegt werden.

Was passiert bei einem Verstoß gegen die Pflichten?

Sowohl die fehlende oder fehlerhafte Registrierung nach § 36 Abs. 1 Nr. 8 VerpackG als auch ein Missachten der Nachweispflicht nach § 36 Abs. 1 Nr. 17 VerpackG können mit einem Bußgeld von bis zu EUR 100.000 geahndet werden. Zusätzlich droht die Abschöpfung der rechtswidrig erlangten Gewinne und ein faktisches Vertriebsverbot. Denn ein Vertrieb der Produkte darf nur vorgenommen werden, wenn die Registrierungen erfolgt ist.

Ausblick

Die neuen Regelungen zum 1. Juli 2022 fordern insbesondere Hersteller von nicht systembeteiligungspflichtigen Verpackungen, also Herstellern von B2B-Verpackungen, zum Handeln auf. Auch sie müssen sich nun registrieren und die Rücknahme sowie Verwertung ihrer Verpackungen nachweisen können. Anders als Hersteller von B2C-Verpackungen besteht für Hersteller von B2B-Verpackungen keine jährliche Mitteilungspflicht gegenüber der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister. Gleichwohl müssen B2B-Hersteller ein System etablieren, um in Verkehr gebrachte, zurückgenommene und verwertete Verpackungen nachweisen zu können. Grundsätzlich ist die Erfüllung dieser Registrier- und Nachweispflicht mit nicht viel Aufwand verbunden. Die einmalige Registrierung erfolgt bei der Zentralen Stelle kostenlos und auch die Nachweispflichten dürften Unternehmen nicht vor sonderliche Schwierigkeiten stellen. Nicht zu unterschätzen sind jedoch die Konsequenzen eines Zuwiderhandelns.

Daher ist es nicht überraschend, dass auch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens vor allem die erweiterte Registrierungspflicht auf Gegenwind gestoßen ist. Laut dem Bundesrat würde diese Erweiterung nicht für mehr Transparenz sondern vielmehr zur Unübersichtlichkeit führen.

Ob sich diese Prognose bewahrheitet oder diese Erweiterung doch notwendig ist, um eine effiziente Umsetzung der Produktverantwortung und eine fairen Wettbewerb zu gewährleisten, wird sich in der Zukunft zeigen.

Autorenzitat Christoph Schnoor: "Die Entwicklung des Verpackungsgesetzes zeigt, dass der Gesetzgeber den abfallrechtlichen Pflichten ein immer größer werdenden Stellenwert einräumt. Um Bußgelder zu vermeiden, sollte jeder Hersteller seine Verpflichtungen prüfen und die entsprechenden Schritte einleiten."

Autor/in
Christoph Schnoor

Christoph Schnoor
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Hamburg
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