26.05.2025
In seinem Beschluss vom 22. Mai 2025 (Az. 7 ABR 28/24) befasste sich der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit der Frage der Wahlberechtigung sogenannter Matrix-Führungskräfte bei Betriebsratswahlen. Gegenstand war die Anfechtung einer Betriebsratswahl im Betrieb "Region Süd" eines IT-Unternehmens, das auf Grundlage einer Gesamtbetriebsvereinbarung von der gesetzlich vorgesehenen Betriebsstruktur abweicht und insgesamt fünf organisatorische Betriebseinheiten eingerichtet hat. Die betriebliche Arbeit erfolgt dort bereichsübergreifend in Teams unter Leitung von Matrix-Führungskräften, die ihrerseits nicht leitende Angestellte i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG sind.
Der Wahlvorstand hatte bei der Betriebsratswahl im Jahr 2022 auch 128 Matrix-Führungskräfte als aktiv wahlberechtigt zugelassen, die fachlich Vorgesetzte von im Betrieb Region Süd beschäftigten Arbeitnehmern sind. Die Arbeitgeberin focht daraufhin die Wahl an mit der Begründung, diese Führungskräfte seien nicht dem Betrieb Region Süd zuzuordnen und daher hier nicht wahlberechtigt; eine Wahlberechtigung bestehe nur im „Stammbetrieb“.
Die Vorinstanzen folgten dieser Argumentation und erklärten die Wahl für unwirksam. Das Landesarbeitsgericht stellte dabei maßgeblich auf eine exklusive Zuordnung der betreffenden Führungskräfte zu anderen Organisationseinheiten ab.
Das BAG hob diese Entscheidung auf. Es stellte klar, dass alle Arbeitnehmer eines Betriebs, die das 16. Lebensjahr vollendet haben und im Betrieb eingegliedert sind, wahlberechtigt sind. Maßgeblich sei die tatsächliche Eingliederung in die Betriebsorganisation. Eine Wahlberechtigung in mehreren Betrieben sei grundsätzlich möglich und schließe Mehrfachzugehörigkeiten nicht aus.
Da sich der Grad der tatsächlichen Eingliederung der Matrix-Führungskräfte in den Betrieb Region Süd nicht abschließend beurteilen ließ, verwies das BAG die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Landesarbeitsgericht zurück. Dabei wird insbesondere zu prüfen sein, ob die GBV wirksam ist und welche konkreten organisatorischen Maßgaben sie für die Zuordnung zu den Betriebsstrukturen enthält.
Fazit: Das BAG bestätigt die grundsätzliche Möglichkeit einer Mehrfachwahlberechtigung bei tatsächlicher Mehrfacheingliederung – auch bei komplexen Matrixstrukturen innerhalb eines Unternehmens. Die Entscheidungsgründe stehen noch aus, es darf mit Spannung welche weiterführenden Konsequenzen – insbesondere hinsichtlich der einzelnen Schwellenwerte – sich ergeben.
Paul Schreiner
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