24.11.2017

Zwangsvollstreckung in Bitcoins

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24.11.2017

 

Zwangsvollstreckung in Bitcoins

Ob Bitcoin, Ethereum, Ripple oder Dash – Kryptowährungen sind in aller Munde. Bitcoin ist dabei diejenige Währung mit dem höchsten Marktkapital. Der Kurs eines Bitcoins liegt aktuell bei ca. 7065,00 EUR und soll Prognosen nach immer weiter steigen. Insbesondere die politisch heiklen Zeiten in Großbritannien und den USA könnten verstärkt dazu führen, dass Eigentum in Zukunft in Bitcoins abgesichert wird. Doch wie sähe eine solche Zukunft in Deutschland aus? Sind die bestehenden Gesetze, insbesondere die ZPO, der Innovation gewachsen? Bislang existieren in Deutschland keine Urteile, die sich mit der Vollstreckung in die digitale Währung beschäftigen. Wie sich eine solche gestalten könnte, soll dieser Artikel anhand von der Bitcoin-Währung darstellen.

Was ist Bitcoin?

Zunächst muss ein Verständnis dafür geschaffen werden, was Bitcoin ist. Einerseits wird ein elektronisches Zahlungssystem Bitcoin genannt. Andererseits wird die virtuelle Geldwährung innerhalb dieses Zahlungssystems als Bitcoin bezeichnet.

Das zu Grunde liegende Zahlungssystem ist dezentral organisiert. Es basiert also auf Peer-to-Peer Verbindungen und funktioniert damit ohne Intermediär, d. h. die Parteien sind direkt miteinander verbunden. Sie bleiben dabei anonym, sichtbar sind nur pseudonyme Adressen. Eine Bitcoin-Bank oder eine staatliche Kontrollstelle gibt es nicht. Das Zahlungssystem besteht einerseits aus einer Art Datenbank, die über eine Blockchain gebildet wird. Hierin sind alle im System vorgehenden Transaktionen dokumentiert. Durch diese Transparenz aller Geschäftsvorfälle soll auch das Risiko von Fälschungen minimiert werden. Andererseits besteht das Zahlungssystem aus der Bitcoin-Wallet-Software (Client) eines jeden Mitgliedes des Zahlungssystems. Dieser Client ist z. B. auf dem heimischen Computer als Desktop-Anwendung installiert. Die Teilnehmer des Netzwerkes verbinden sich über diesen miteinander.

Die virtuelle Geldwährung Bitcoin entsteht innerhalb des soeben beschriebenen Zahlungssystems und wird auch dort verwaltet. Grundsätzlich kann jeder seine eigenen Bitcoins herstellen (Mining) und somit Vermögen selbst schöpfen. Die Herstellung von Bitcoins bedarf jedoch einer derartigen Rechenkapazität, dass sie ohne Zugang zu solchen Prozessorkapazitäten nahezu unmöglich ist. Interessenten können die Internetwährung vielmehr auf speziellen Online-Marktplätzen erwerben. Diese Marktplätze funktionieren gleichzeitig auch anders herum – Bitcoins können somit auch in jede beliebige Landeswährung zurück getauscht werden. Bei diesem Tausch fällt keine Umsatzsteuer an, wie der EuGH 2015 entschied. Die Zahlung mit Bitcoins wird mithilfe privater Schlüssel autorisiert und signiert. Der private Schlüssel (in Form eines Zahlencodes) zeigt dabei die Berechtigung bzw. Verfügungsgewalt eines Nutzers über die Bitcoins an. Bei einer Übertragung gibt der zahlende Nutzer die privaten Schlüssel über die Bitcoins, die übergehen sollen, an den die Zahlung empfangenden Nutzer ab.

Die deutsche Bundesregierung hat die digitale Währung bereits 2013 als „Rechnungseinheit“ anerkannt. Sie sei eine Art „privates Geld“. Rechtlich und steuerlich ist die Kryptowährung somit gebilligt und wird von einigen Unternehmen bereits jetzt als Zahlungsmittel akzeptiert. Kursgewinne aus Bitcoins sind zudem nach einem Jahr steuerfrei, was insbesondere für Investoren von Interesse sein könnte.

Wie könnte vollstreckt werden?

Eine Einheit der Bitcoin-Währung ist zwar, mangels vorausgesetzter Körperlichkeit, keine Sache im Sinne des § 90 BGB. Als individualisierbares vermögenswertes Objekt der natürlichen Welt stellt sie jedoch einen sonstigen Gegenstand im Sinne des § 453 Abs. 1 Alt. 2 BGB dar. Bitcoins sind somit Vermögenswerte, an denen ein Vollstreckungsinteresse besteht. Hinsichtlich der Art der Vollstreckung ist zwischen den verschiedenen Titelinhalten zu differenzieren. Einerseits kann der Titel auf Vornahme der Übertragung von Bitcoins lauten. Andererseits kann eine Geldforderung tituliert sein.

In dem ersten Fall kann nur durch die Erwirkung einer unvertretbaren Handlung nach § 888 ZPO vollstreckt werden. Die unvertretbare Handlung besteht dabei in der Übertragung der Bitcoin-Einheiten. Diese kann nicht durch einen Dritten vorgenommen werden, da der Dritte erstens keinen Zugang zu dem informationstechnischen System (z. B. dem Computer) hat, zweitens nicht über das Passwort für den Bitcoin-Client verfügt und drittens den genauen Speicherort der privaten Schlüssel nicht kennt. Ferner hängt die Übertragung der Bitcoins einzig von dem Willen des Schuldners ab. Zu dieser Handlung kann er dann mittels eines Zwangsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft angehalten werden.

In dem zweiten Fall kommt nur eine Pfändung eines auf Bitcoins gerichteten Herausgabeanspruchs des Schuldners gegenüber einem Dritten nach § 857 ZPO in Betracht. Denn Bitcoins selbst sind kein Geld, eine Vollstreckung nach den §§ 829, 835 ZPO scheidet somit aus. Auch eine Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte nach den übrigen in den §§ 828 ff. ZPO geregelten Möglichkeiten scheidet aus, da eine solche voraussetzen würde, dass Rechte an Bitcoins bestehen können. Eine Forderung besteht zwischen den Handelnden mangels Rechtsbindungswillens innerhalb des Peer-to-Peer-Netzwerkes jedoch nicht.

Mit Spannung erwartet…

…werden kann also, ob die deutschen Richter dem hier aufgezeigten Weg folgen werden. In den USA erging bereits 2015 ein Urteil, das auf Zahlung in Bitcoin-Einheiten lautete.

 

Dr. Stephan Bausch, D.U.
Partner
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Simon Heetkamp
Associate
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