14.01.2022

Stromsteuer auf Umspannverluste – immer anders (als man denkt)

Hintergrund

Manchmal erscheint die häufig unübersichtliche Welt der Stromsteuer ganz einfach. So etwa im Jahr 2016, als der Bundesfinanzhof mit erfrischender Klarheit beschloss, dass Umspann- und Leitungsverluste im Strom(-versorgungs-)netz nicht der Stromsteuer unterliegen (BFH, Beschluss vom 24. Februar 2016, Az. VII R 7/15). Begründung: Die Stromsteuer als sogenannte „Realaktsteuer“ entsteht nur durch willensgetragenes menschliches Handeln. Dagegen fehlt es bei Leitungs- und Umspannverlusten an jeglichem menschlichen Zutun – ergo geht der Fiskus leer aus.

Aber Umspannverluste sind nicht zu verwechseln mit dem Stromverbrauch bei Umspannvorgängen – das zeigt ein vom Finanzgericht Hamburg jüngst entschiedener Fall (FG Hamburg, Urteil vom 26. Oktober 2021, Az. 4 K 122/18):

Ein Kraftwerk erzeugt Strom auf der Spannungsebene 27 Kilovolt und ist an das 380 Kilovolt-Übertragungsnetz angeschlossen. Um den erzeugten Strom – den „Strom-Output“ – in das Übertragungsnetz ausspeisen zu können, findet ein Umspannvorgang – ein „Hochspannen“ – in mehreren Transformatoren auf 380 Kilovolt statt.

Zum Betrieb dieser Transformatoren ist deren Kühlung mittels Ölkreispumpen zwingend erforderlich. Das Urteil des Finanzgerichts Hamburg zeigt: Der Stromverbrauch zum Betrieb dieser Ölkreispumpen beruht auf menschlichem Handeln – und ist damit stromsteuerpflichtig. Anders dürfte es sich mit den Verlusten beim Umspannvorgang im jeweiligen Transformator selbst verhalten.

Nach dem Urteil kommt auf diese Umspannverbräuche zudem keine Befreiung für „Strom zur Stromerzeugung“ zur Anwendung. Zwar erkennt das Finanzgericht Hamburg richtigerweise an, dass bereits angesichts des Wortlauts der Energiesteuerrichtlinie diese Steuerbefreiung – neben dem Stromverbrauch im Rahmen der Stromerzeugung selbst – jeden Stromverbrauch abdeckt, der zur Aufrechterhaltung der Stromerzeugungsfähigkeit dient.

Gerade dazu aber dienen die Transformatoren während des Regelbetriebs des Kraftwerks im entschiedenen Fall nicht. Der Umspannungsvorgang ermöglicht ja nicht eine Versorgung des Generators oder der vor- und nachgelagerten Neben- und Hilfseinrichtungen mit Strom – sondern nur dessen Ausspeisung in das Übertragungsnetz.

Folgerichtig entschied das Finanzgericht Hamburg, dass in Wartungszeiten des Kraftwerks diese Umspannverbräuche sehr wohl als „Strom zur Stromerzeugung“ von der Stromsteuer befreit bleiben. Denn hier liegt der umgekehrte Fall zum Regelbetrieb vor: Die Transformatoren dienen in Wartungszeiten zum „Herunterspannen“ des aus dem Übertragungsnetz bezogenen Stroms von 380 Kilovolt auf 27 Kilovolt – und damit zur Aufrechterhaltung der Stromerzeugungsfähigkeit des Kraftwerks.

Gewissermaßen „am Rande“ hat das Finanzgericht Hamburg noch entschieden, dass ein Stromverbrauch in Arbeitsgeräten wie Bohrmaschinen oder Schweißgeräten bei Wartungsarbeiten an einem Kraftwerk nicht stromsteuerbefreit ist. Denn solchen Geräten fehlt es an der dauerhaften Verbindung zur Stromerzeugungseinheit, die eine Stromsteuerbefreiung zugunsten anderer Neben- und Hilfsanlagen rechtfertigt.

Die Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg bestätigt (wieder einmal): Auf den Sachverhalt kommt es an …

Autor/in
Dr. Mathias Mailänder

Dr. Mathias Mailänder
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Hamburg
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