07.02.2017

Pflichtverletzungen der Geschäftsführung

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Hintergrund

07.02.2017

Pflichtverletzungen der Geschäftsführung begründen keine Prospekthaftung der Gesellschafter

Der zweite Senat des Bundesgerichtshofes hat mit Beschluss vom 20. Dezember 2016 (Az.: II ZR 396/15) entschieden, dass die Gründungsgesellschafter geschlossener Fondsgesellschaften nicht verpflichtet sind, einen Anleger über das Risiko einer Haftung analog §§ 30, 31 GmbHG aufzuklären.

Schadensersatzklage wegen Prospekthaftung im weiteren Sinne

Vorausgegangen war die Schadensersatzklage des Anlegers eines geschlossenen Schiffsfonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG gegen mehrere Gründungsgesellschafter wegen einer Prospekthaftung im weiteren Sinne.

Keine Aufklärung im Verkaufsprospekt im Jahr 2003

Der Kläger hatte sich im Jahr 2003 an der Fondsgesellschaft beteiligt. Eine Aufklärung über eine mögliche Haftung des Klägers gegenüber der Fondsgesellschaft analog §§ 30, 31 GmbHG war im Prospekt unstreitig nicht erfolgt.

Der Kläger behauptete, eine derartige Haftung habe ein nicht nur theoretisches Risiko dargestellt, da nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages der Fondsgesellschaft planmäßig gewinnunabhängige Ausschüttungen an die Anleger erfolgen sollten. Es habe daher für die Anleger ein strukturelles Risiko bestanden, einer Haftung analog §§ 30, 31 GmbHG ausgesetzt zu sein.

Keine Pflicht zur Aufklärung über rechtswidriges Verhalten

Das Landgericht Dortmund und das Oberlandesgericht Hamm hatten die Klage abgewiesen. Nach Auffassung der Vorinstanzen scheide eine Haftung für eine unterlassene Aufklärung über die Haftungsrisiken analog §§ 30, 31 GmbHG bereits deshalb aus, weil eine solche Haftung nur bei einem rechtswidrigen (und unter Umständen sogar strafbaren) Verhalten der Geschäftsführung der Fondsgesellschaft in Betracht komme. Mit einem rechtswidrigen Verhalten müsse jedoch grundsätzlich nicht gerechnet werden. Darüber hinaus müsse nur über solche Umstände aufgeklärt werden, die ein spezifisches Risiko der Kapitalanlage darstellen. Dass rechtswidriges Verhalten von handelnden Personen den Erfolg der Kapitalanlage gefährden kann, sei jedoch kein spezifisches Risiko der Kapitalanlage und dürfe daher nach der Rechtsprechung des BGH als dem Anleger bekannt vorausgesetzt werden. Entsprechend sei eine Aufklärung über Risiken, die sich aus einem verbotswidrigen Verhalten ergeben, nicht zu fordern (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 - III ZR 365/13).

Gewinnunabhängige Ausschüttungen nach § 172 Abs. 4 HGB sind nicht risikoerhöhend

Allein die Tatsache, dass planmäßig gewinnunabhängige Ausschüttungen an die Anleger erfolgen sollten, welche zu einem Wiederaufleben der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB führten, stelle zudem keinen risikoerhöhenden Umstand dar, so die Vorinstanzen.

BGH: Keine grundsätzliche Bedeutung; Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts nicht notwendig

Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zurückgewiesen und dabei nach § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO von einer näheren Begründung abgesehen. Die Rechtssache habe keine grundsätzliche Bedeutung; die Zulassung der Revision sei auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung notwendig.

Entgegenstehende instanzgerichtliche Entscheidungen sind überholt

Soweit daher in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung entschieden wurde, dass eine Haftung analog §§ 30, 31 GmbHG einen aufklärungspflichtigen Umstand darstelle und eine unterlassene Aufklärung über dieses Risiko zu einer Prospekthaftung im weiteren Sinne führen könne (u.a. Landgericht München I, Schlussurteil vom 19.12.2014, Az.: 3 O 7105/14, BeckRS 2015, 01729 ), ist diese Auffassung nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 20. Dezember 2016 nicht mehr haltbar.

Die Gründungsgesellschafter und Treuhänder geschlossener Fondsgesellschaften, die aufgrund einer unterlassenen Aufklärung über eine Haftung der Anleger analog §§ 30, 31 GmbHG zum Schadensersatz verurteilt wurden, sollten daher prüfen, ob sie ihre Verurteilung noch mit einem Rechtsmittel angreifen können.

 

Sebastian Bruch
Senior Associate
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Daniel Fehling, LL.M. (Auckland)
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