28.10.2020

Last But Not Least – die Letzte Meile

Innovationen auf der Kurzstrecke

Hintergrund

Gerade im Angesicht der herannahenden zweiten Corona-Welle und eines weiteren Lockdowns geraten erneut Innovationen in den Blick, wie Unternehmen auf den letzten Metern zum Kunden nach Möglichkeit schnell, sicher und günstig liefern können. Bereits im Jahr 2019 wurden in Deutschland laut dem Bundesverband Paket- und Expresslogistik (BIEK) 3,65 Milliarden Pakete und Päckchen ausgeliefert; mehr doppelt so viele wie vor 10 Jahren. Im Corona-Jahr 2020 war diese Zahl mutmaßlich bereits nach einem dreiviertel Jahr erreicht.

Allerdings gestaltet der Onlinehandel die städtische Logistik zunehmend unübersichtlicher. Unzählige, zumeist kleinteilige Sendungen werden an Privathaushalte über das gesamte Stadtgebiet oder entlegene ländliche Gebiete verteilt.

Hinzu kommen steigende Kundenwünsche, wie beispielsweise in Form von Sameday Delivery, Belieferung zum gewünschten Zeitpunkt oder eine während des laufenden Auftrags mögliche Option, die Pakete an einen anderen Standort umzuleiten. Auch Dynamik und Komplexität auf der letzten Meile nehmen angesichts generell größeren Verkehrsaufkommens ständig zu.

Schon jetzt ist klar, dass die letzte Meile den größten Kostenfaktor darstellt, hinzu kommen mangelnde Park- und Halteplätze, gerade in Ballungszentren.

Es sind daher neue Möglichkeiten gefragt, wie dieser Mischung aus Dynamik und Komplexität begegnet werden kann.

Einer Studie von DHL zufolge bedarf es zum einen flexibler Transportnetzwerke, die verfügbare Kapazitäten effizienter nutzen, und einer Erhöhung der Auslastung, um eine schnellere Verbindung zum Kunden zu erreichen. Zum anderen muss die Automatisierung zur Produktivitätsverbesserung genutzt und das Datenmanagement optimiert werden, um Routenplanung effektiver zu gestalten.

Innovationen in Mitteldeutschland

Um den Kundenansprüchen gerecht zu werden, hat ein großer Logistiker in Leipzig eine Logistikfläche von 20.000 m² für eine Modular Delivery Station geplant, in der vorübergehende Lager- und Vertriebsaktivitäten stattfinden sollen. Ziel ist es dabei, ein Verteilzentrum zu errichten, Lieferungen zu beschleunigen und die letzte Meile in Eigenregie zu übernehmen. So wird seitens des Unternehmens ein Liefer-Partnerprogramm aufgesetzt, das eine finanzielle Förderung der Unternehmensgründung von individuellen Paketzustelldiensten vorsieht. Dies erfolgt etwa über Starthilfekapital, Zugang zu Liefertechnologie, Leasingangeboten für Lieferfahrzeuge für die Zustellung, Rabatte auf Steuer- bzw. Buchhaltungssoftware, juristische Beratung, Schulungen, Versicherungen etc. pp. Zusätzlich investiert das Unternehmen in selbstfahrende und emissionsfreie Autos, wie den Roboterwagen von Zoox.

Zur rechtlichen Einordnung

Die komplexen Strukturen der letzten Meile werfen mannigfaltige Themen auf. Zahlreiche Rechtsbereiche, wie z. B. Vertriebsrecht, Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Steuerrecht und Immobilienrecht sind tangiert. Herausfordernd sind vertragliche Verknüpfungen in Partnerprogrammen oder Projekt- und Joint-Venture-Verträgen, in denen eine Vielzahl von Beteiligten zusammenarbeiten, um die Logistik auf der Letzten Meile zu revolutionieren. Hier stellen sich vor allem Fragen nach der Haftungsverteilung, die eng mit der Einflussnahme der jeweiligen Partner auf den Geschäftsablauf verknüpft ist. Kosten-, Risiko, - und Gewinnverteilungen müssen ebenso geklärt werden, wie Anforderungen an den Umweltschutz und Nachhaltigkeit auch unter Beachtung städtebaulicher Konzepte und deren eigener City-Logistik. So wirft zum Beispiel die Schaffung kleinerer Lagerräume und Depots viele genehmigungsrechtliche Fragen auf, etwa wenn diese in bisherigen Einzelhandelsgeschäften in deutschen Fußgängerzonen errichtet werden sollen.

In Zeiten der Gig-Economy wird alles ohne eine „digitale Plattform“, auf der Verkehrsdaten von Städten, Logistikern und Kunden verknüpft sind, nicht funktionieren, sodass gemeinschaftliche Governance-Modelle, die Datensicherheit und –souveränität gewährleisten notwendig sind.

Zu den arbeitsrechtlichen Herausforderungen der letzten Meile sei noch einmal auf unseren Blogbeitrag „Alles und zwar sofort“ hingewiesen.

Unser Logistikmonat

Die Luther Rechtsanwaltsgesellschaft wird das Themenfeld um die letzte Meile im Rahmen einer Webinarreihe vom 6. bis 24. November 2020 weiter ausleuchten und sich auch aus verschiedenen Rechtsgebieten den weiteren Entwicklungen und zukünftigen Anpassungsbedarfen nähern. Mehr

Autor/in
Dr. Klaus Schaffner

Dr. Klaus Schaffner
Partner
Leipzig
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