23.10.2018

Harsh measures against renewable energy projects in Canada highlight importance of ensuring protection against political risks when investing abroad

Blog

Hintergrund

02.08.2018

Einschneidende Maßnahmen gegen Erneuerbare Energien in Kanada

 

Nach Spanien, Tschechien und anderen europäischen Staaten hat auch die kanadische Provinz Ontario eine grundlegende Kehrtwende bei der Förderung Erneuerbarer Energien vollzogen. 758 Projekte sollen stillgelegt werden. Diese Entwicklung zeigt erneut, dass Investoren gut beraten sind, auch Investitionen in scheinbar stabilen Industriestaaten gegen politische Risiken abzusichern.

Als eine ihrer ersten Amtshandlungen verabschiedete die neu gewählte Regierung der kanadischen Provinz Ontario am 25. Juli 2018 ein Gesetz, welches rückwirkend Genehmigungen und Verträge für die Windkraftanlage "White Pines" aufhebt - einschließlich eines seit acht Jahren bestehenden Vertrages über Einspeisevergütungen. Als sei dem nicht genug, spricht das Gesetz den Betroffenen zudem jegliche Rechtsmittel gegen das Gesetz und entsprechende Durchführungshandlungen ab. Ferner ordnet es die Beendigung aller laufenden Verfahren ohne Kostenerstattung. Nach Angaben des deutschen Projektentwicklers wpd AG hatte dieser bereits ca. 100 Mio. kanadische Dollar in das Projekt investiert, welches schon im September 2018 hätte ans Netz gehen sollen. Das jetzt verabschiedete Gesetz steht in Zusammenhang mit einem groß angelegten Projekt von Ontarios Premier Doug Ford, insgesamt 758 noch nicht vollständig genehmigte Kraftwerke erneuerbarer Energien stillzulegen, um Strompreissteigerungen für die Verbraucher zu reduzieren.

Das "White Pines"-Gesetz ist mit seinem Ausschluss jeglichen Rechtsweges zwar ein besonders extremes Beispiel, reiht sich jedoch in eine Vielzahl von ähnlichen Fällen ein, in denen Länder wie Spanien, Italien, Tschechien, Polen und Bulgarien in den vergangenen Jahren zum Teil tiefe Einschnitte bei der Einspeisevergütungen für Bestandsanlagen vorgenommen haben.

Diese Entwicklung vergegenwärtigt erneut die mit Auslandsinvestitionen verbundenen politischen Risiken und die Wichtigkeit, sich gegen solche Risiken abzusichern. Insbesondere verdeutlicht sie aber, dass sich solche Risiken - anders als oft gedacht - nicht nur in Entwicklungs- und Schwellenländern realisieren können, sondern auch in scheinbar stabilen Industriestaaten. Das kanadische Beispiel zeigt ferner, dass politische Risiken gerade nach Regierungswechseln besonders hoch sind. Der erneut zu verzeichnende Aufstieg nationalistischer und populistischer Regierungen weltweit erhöht diese Risiken weiter.

Einen Schutz gegen politische Risiken bieten Investitionsschutzverträge. Diese, zwischen zwei oder mehreren Staaten geschlossenen Verträge gewähren Investoren aus einem Vertragsstaat Schutz vor unfairen Maßnahmen eines anderen Vertragsstaates. Sie garantieren Investoren gewöhnlich unter anderem eine faire und gerechte Behandlung durch den Gaststaat, staatlichen Schutz vor Übergriffen Dritter und Schutz vor diskriminierenden oder willkürlichen Maßnahmen sowie vor Enteignungen. Werden diese Gewährleistungen durch den Gaststaat verletzt (sei es durch staatliche Organe auf lokaler oder nationaler Ebene oder, unter gewissen Umständen, durch staatliche Unternehmen), kann diese Verletzung unmittelbar gegen den Staat in einem neutralen, internationalen Schiedsverfahren durchgesetzt werden. Der Investor ist somit nicht darauf beschränkt, seine Ansprüche durch die Gerichte des Staates prüfen lassen, der ihn verletzt hat - sofern ein solcher Rechtsschutz überhaupt besteht (in Deutschland besteht Grundrechtsschutz z. B. grundsätzlich nur für "inländische" juristische Personen, nicht für ausländische). Diese internationale Rechtsschutzmöglichkeit besteht auch dann, wenn - wie im "White Pines"-Fall - jeglicher Rechtsschutz durch den Gaststaat ausgeschlossen wurde. Ein solcher Ausschluss kann zudem eine eigenständige Verletzung der Rechte des Investors darstellen.

Um in den Genuss eines solchen Schutzes zu kommen, muss ein entsprechender Vertrag zwischen dem Heimatstaat des Investors und dem Gaststaat bestehen. Wo ein solcher Vertrag nicht existiert oder keinen angemessenen Schutz bietet, kann die Investition durch Strukturierung über eine (bestehende oder zu gründende) Tochtergesellschaft in einem Drittstaat, der einen geeigneten Investitionsschutzvertrag mit dem Gaststaat unterhält, abgesichert werden. Sofern sichergestellt ist, dass grundsätzlich ein geeigneter Vertrag zur Verfügung steht, muss außerdem gewährleistet werden, dass die Investition alle Voraussetzungen des Investitionsschutzvertrages erfüllt sowie das die Grundlagen für einen investitionsschutzrechtlichen Anspruch belastbar dokumentiert sind (Investment Compliance). Sollte es dann zu einer Streitigkeit mit dem Gaststaat kommen, kann der Investor seine Ansprüche in einem neutralen, internationalen Schiedsverfahren direkt gegen den Gaststaat durchsetzen.

Unsere auf Investitionsschutz spezialisierten Kollegen verfügen über langjährige Erfahrung mit entsprechenden Verträgen und Schiedsverfahren. Sie sind mit den Nuancen zwischen den verschiedenen Verträgen sowie den (Verteidigungs-) Strategien von Staaten vertraut. Investitionsschutzverfahren sind zudem oft besonders komplex. Unsere Experten sind erfahren in der mit solchen Verfahren verbundenen Koordinierung vielzähliger, paralleler Aufgaben und verfügen über das bei diesen, regelmäßig auch wirtschaftlich komplexen Verfahren erforderliche tief greifende ökonomische Verständnis.

 

 

Tim Rauschning
Rechtsanwalt
Senior Associate
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Trinidad Alonso, LL.M. (Bucerius Law School)
Abogada (Madrid)
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