12.04.2023

Indexierungsklauseln in Mietverträgen – ein Inflationstreiber?

Hintergrund

Laut Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 30. März 2023 lag die Inflationsrate in Deutschland – gemessen als Veränderung des Verbraucherpreisindex (VPI) zum Vorjahresmonat – im März 2023 bei +7,4 %. Die hohe Inflationsrate der letzten Monate hat u. a. dazu geführt, dass nun zahlreiche Gewerkschaften drastische Lohnerhöhungen für ihre Mitglieder fordern. Abzuwarten bleibt, wie die Arbeitgeberverbände vor dem Hintergrund von häufigen und zum Teil aggressiven Streiks auf diese Forderungen reagieren werden. Wirtschaftsexperten warnen diesbezüglich immer wieder vor dem Risiko einer möglichen sog. „Lohn-Preis-Spirale“ sowie einer damit möglicherweise einhergehenden Hyperinflation.

Während im Bereich des Arbeitsrechts immer wieder auf dieses Risiko hingewiesen wird, scheint es in anderen Rechtsbereichen jedenfalls einen geringeren Stellenwert zu haben. Im Bereich des Mietrechts sind sog. Indexierungsklauseln seit vielen Jahren gelebte Praxis. Diese Klauseln werden in der Regel hingenommen und niemand warnt vor einer möglichen „Indexierungs-Preis-Spirale“.

Ob dies jedoch vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Inflation weiterhin so bleiben oder ob der Gesetzgeber entsprechende Anpassungen vornehmen wird, bleibt ebenso abzuwarten.

Grundlagen

Seit dem 14. September 2007 gilt das Preisklauselgesetz (PrKG), welches das bisherige Genehmigungssystem abgeschafft und in ein System der Legalausnahmen überführt hat.

Eines der Hauptziele dieses Gesetzes ist die Sicherung der Preisstabilität. Da Preisklauseln inflationsfördernd wirken können, steht der deutsche Gesetzgeber – unter Berücksichtigung der Vorgängervorschriften zum Preisklauselgesetz – schon seit mehr als sechzig Jahren auf dem Standpunkt, sie strikt reglementieren zu müssen. Dies geschah anfangs unter dem Eindruck dramatischer Inflation, später aus – möglicherweise übertriebenem – Stabilitätsdenken heraus.

§ 1 Abs. 1 PrKG regelt das grundsätzliche Verbot von Preisklauseln. Nachfolgend sieht das Preisklauselgesetz jedoch ausdrückliche Ausnahmen von diesem Verbot vor.

So stellt § 1 Abs. 3 PrKG ausdrücklich klar, dass für Preisklauseln in Wohnraummietverträgen der § 557b BGB eine spezielle Regelung enthält, die abschließenden Charakter hat. Danach können die Vertragsparteien eines Wohnraummietvertrages schriftlich vereinbaren, dass die Miete durch den Verbraucherpreisindex bestimmt wird.

Für Klauseln in Mietverträgen, die keinen Wohnraum betreffen, gibt es dagegen keine vergleichbare Spezialnorm, sodass das Preisklauselgesetz anwendbar bleibt. Im Rahmen solcher Gewerbemietverträge sind Preisklauseln zulässig, wenn der Vermieter für mindestens zehn Jahre an den Vertrag gebunden ist. Als zulässige Bezugsgröße für Preisklauseln in solchen Fällen sieht § 3 Abs. 1 PrKG wiederum den Verbraucherpreisindex vor. Schließlich müssen Preisklauseln in Gewerbemietverträgen den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 2 PrKG genügen.

Eigenverantwortliche Prüfung der Zulässigkeit von Preisklauseln durch die Vertragsparteien

Mit Abschaffung des bisherigen Genehmigungssystems hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) die Prüfung und Genehmigung von Preisklauseln eingestellt. Stattdessen müssen die Vertragsparteien die Zulässigkeit von Preisklauseln nach dem Preisklauselgesetz eigenverantwortlich prüfen. Sollte sich erst nach einigen Jahren herausstellen, dass eine Preisklausel gegen das Klauselverbot verstößt, sieht es der Gesetzgeber jedoch als unangemessen an, die Klausel als von Anfang an nichtig zu sehen und alle hierauf beruhenden Zahlungen rückabzuwickeln. Aus diesem Grund sieht § 8 PrKG vor, dass die Unwirksamkeit einer Klausel erst zum Zeitpunkt des rechtskräftig festgestellten Verstoßes gegen das Preisklauselverbot eintritt, wenn die Vertragsparteien eine frühere Unwirksamkeit nicht vereinbart haben.

Damit hat der Gesetzgeber zugleich seine jahrzehntelang gehegten Befürchtungen um die Preisstabilität überraschend weitgehend über Bord geworfen. Ob der Gesetzgeber diesen eingeschlagenen Kurs jedoch in Anbetracht der nun drastisch gestiegenen Inflation weiter halten wird, ist zweifelhaft.

Ausblick und Praxistipp

Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber das Preisklauselgesetz in naher Zukunft verschärfen wird. Denn auch außerhalb von Währungskrisen hat es in der Vergangenheit immer wieder Fälle gegeben, in denen der Gesetzgeber sogar wirksam vereinbarte Preisklauseln nachträglich beschränkt hat.

Die überraschend stark gestiegene Inflation könnte nun dazu führen, dass sich der Gesetzgeber wieder verstärkt der Sicherung der Preisstabilität widmen wird. Dies könnte insbesondere auch zu einer Verschärfung des Preisklauselgesetzes – beispielsweise in Form von Deckelungen möglicher Preisanpassungen – führen.

Aus diesem Grund ist bei der Erstellung von Indexierungsklauseln neben einer korrekten Einhaltung des Preisklauselgesetzes insbesondere darauf zu achten, in den Vertrag klare Regelungen für den Fall aufzunehmen, dass sich die Nichtigkeit der Preisklausel herausstellt oder sie nachträglich gesetzlich beschränkt wird.

Autor/in
Frank Gutsche

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Paul Herter

Paul Herter
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