17.10.2019

Compliance Due Diligence bei M&A Transaktionen

Im Rahmen von M&A Transaktionen gewinnt die Durchführung einer Compliance Due Diligence zunehmend an Bedeutung. Dies liegt insbesondere in einem zunehmenden Haftungsrisiko begründet, das sich mit der viel diskutierten Einführung eines Verbandsstrafrechts in Deutschland noch vergrößern würde. Das Interesse daran, Haftungsrisiken aufgrund von Compliance-Verstößen besser zu ermitteln, zu quantifizieren und vor allem abzusichern ist daher groß. Zudem stellen ein solides Compliance-Management und eine entsprechend skandalfreie Vergangenheit auch einen wertbildenden Faktor im Rahmen eines Unternehmenskaufs dar. Der Beitrag soll einen kurzen Überblick zur Bedeutung und Durchführung der Compliance Due Diligence im Rahmen von M&A Transaktionen bieten sowie Möglichkeiten der anwaltlichen Beratung aufzeigen.

Hintergrund

Ziel einer Compliance Due Diligence (CDD)

Die Haftungsrisiken eines Unternehmens können bei seiner Übernahme schon heute miterworben werden (§§ 130, 30 OWiG). Es ist davon auszugehen, dass dieses Risiko und insbesondere die hierbei im Raum stehenden Strafzahlungen im Rahmen des diskutierten Verbandsstrafrechts noch wesentlich zunehmen werden. Bei einer vor dem Erwerb erfolgenden CDD geht es daher um die Aufdeckung von Umständen, die den Vertragsschluss insgesamt in Frage stellen (Show-Stopper), um die Ermittlung wertbildender Faktoren und um die Identifizierung wesentlicher Risiken und ggf. ihre Absicherung durch vertragliche Freistellungen oder Garantieversprechen. Langfristig geht es dabei zudem auch um die Vermeidung von Gefahren für den Ruf und die Markenstärke des Käufers. Hinzu kommt, dass dem Geschäftsleiter des Unternehmenserwerbers im Rahmen seiner organschaftlichen Sorgfaltspflicht die Durchführung einer Due Diligence auch obliegen kann, sodass er sich im Fall ihres Unterlassens aufgrund der Business Judgement Rule (§ 93 Abs. 1 Satz 2 AktG, auch auf die GmbH anzuwenden) haftbar macht.

Notwendigkeit einer CDD

Die Durchführung einer CDD im Rahmen einer M&A Transaktion hat in der Regel die Prüfung und Bewertung der Compliance-Struktur und Haftungsrisiken bei der Zielgesellschaft zum Ziel (Buyer Due Diligence). Weniger häufig lässt auch der Verkäufer eine CDD vornehmen (Vendor Due Diligence), nicht zuletzt, da diese im besten Fall auch den Wert seines Unternehmens erhöht. Ob der Käufer eine CDD durchführen sollte, hängt vor allem davon ab, ob das Zielunternehmen in der Vergangenheit bereits mit Compliance-Problemen aufgefallen ist, ob es in einer compliance- bzw. korruptionsgefährdeten Branche tätig ist und ob es in korruptionsgefährdeten Ländern mit wesentlichen Umsätzen geschäftlich tätig ist.

Inhalt einer CDD

Im Rahmen der CDD werden zunächst spezifische Risiken evaluiert, die mit der Tätigkeit des jeweiligen Zielunternehmens verbunden sind. Dann wird überprüft, wie das Unternehmen mit diesen Risiken umgeht und sie vermeidet (durch ein internes Compliance Management System). In diese Bewertung fließen verschiedene Punkte ein. Hierzu gehören Fragen wie: Gibt es einen Code of Conduct? Gibt es Compliance Officer (Compliance-Verantwortliche)? Gibt es ein Schulungsprogramm für Mitarbeiter? Gibt es entsprechende Melde-Kanäle? Gibt es Kontrolle/Sanktionen?

Zuletzt wird überprüft, wie dieses Regelwerk in der Praxis angewendet wird. Hierbei wird abgefragt, ob es bereits laufende Verfahren wegen Compliance-Verstößen gibt oder in der Vergangenheit Verstöße gegeben hat. Falls dem so ist, wird zu fragen sein, wann und wie oft es zu entsprechenden Vorfällen gekommen ist und wie damit umgegangen wurde (im Hinblick auf die Aufklärung, die Sanktionierung der Täter und auf zukünftige Prävention) und ob durch diesen Umgang und eventuelle Anpassungen des Compliance Managements ggf. erneute Verstöße verhindert werden können. Zudem wird in diesem Fall zu klären sein, ob es aktuelle Einschränkungen durch den früheren Verstoß gibt, die eine M&A Transaktion schlimmstenfalls unwirtschaftlich oder strategisch uninteressant werden lassen. Hinzu kommt die Identifizierung möglicherweise im Zielunternehmen schlummernder Compliance-Probleme.

Zu erhalten sind diese Informationen im Wege einer Recherche allgemein zugänglicher Quellen wie beispielsweise von Behördenregistern, Sanktions-, Embargo-, und Fahndungslisten oder Blacklistings, wie sie beispielsweise die Weltbank veröffentlicht. Darüber hinaus wird im Rahmen der CDD eine Liste begehrter Informationen überreicht. Diese umfasst neben konkreten Fragen zu Sachverhalten in der Regel auch eine Bitte um Vorlage bestimmter Verträge und Dokumente. Außerdem gehören Informationsgespräche mit entscheidenden Wissensträgern innerhalb des Zielunternehmens zum üblichen Repertoire einer CDD. Zu denken ist hier an Compliance-Verantwortliche, Mitarbeiter der Steuer- und Rechtsabteilung, der internen Revision sowie Vertriebsmitarbeiter und Vertriebsmanager, beispielsweise mit spezifischer Zuständigkeit für Regierungsgeschäfte.

Ansatzpunkte für die anwaltliche Tätigkeit

Grundsätzlich empfiehlt sich anwaltliche Beratung der Parteien bei M&A Transaktionen spätestens nach den ersten vielversprechenden Sondierungen zwischen den Beteiligten. Die Beratung kann dann mit dem Entwurf und der Verhandlung eines Letter of Intent beginnen. Diese rechtlich unverbindliche Absichtserklärung mit Verkaufsgegenstand, Vertragseckpunkten, Zeitplan enthält in der Regel auch verbindliche Regelungen zu Vertraulichkeit, Exklusivität, Informationspflicht, wie beispielsweise die Möglichkeit einer CDD. Neben der Durchführung dieser CDD obliegt es den beteiligten Anwälten auf beiden Seiten, die Ergebnisse zu bewerten und im Rahmen des Kaufvertrages – sofern dieser weiterhin gewollt ist – rechtlich und wirtschaftlich tragbare Lösungen zu finden. Dies können beispielsweise Freistellungen, Garantieversprechen oder Rücktrittsmöglichkeiten sein.

Auch im Zeitraum zwischen Signing und Closing kann sich noch ein Compliance-Problem ergeben, welchem beispielsweise mit einer Kaufpreisanpassung zu begegnen wäre. Gegebenenfalls wird an dieser Stelle jedoch auch noch auf das Closing verzichtet, sofern entsprechende Closing-Bedingungen dies ermöglichen.

Bei nach dem Closing aufgedeckten oder entstehenden Compliance-Problemen obliegt dem Anwalt beispielsweise die Rückabwicklung, Prüfung von Schadensersatzansprüchen oder die Geltendmachung der Garantie- oder Freistellungserklärung

Eine sorgfältige Vorbereitung gerade auch durch die Berücksichtigung von Compliance-Themen hilft dabei, solchen unerwünschten Szenarien vorzubeugen.

 

Dr.Julia Weiler-Esser
Associate
Düsseldorf
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