30.06.2016

Steuerrecht aktuell, 2. Ausgabe

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Abgabenordnung

Verpflichtung Steuererklärungen zu berichtigen – Neuer Anwendungserlass

Durch BMF-Schreiben vom 23.5.2016 wurde der Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 153 AO (Berichtigung von Erklärungen) geändert und an die aktuelle Rechtsprechung angepasst.

Als Grundsatz wird angeführt, dass eine Anzeige- und Berichtigungspflicht durch den Steuerpflichtigen besteht, wenn er nachträglich erkennt, dass eine abgegebene Erklärung objektiv unrichtig oder unvollständig ist und es dadurch zu einer Steuerverkürzung gekommen ist. Wird unverzüglich eine berichtigte Erklärung bzw. eine Anzeige abgegeben, liegt weder eine Steuerhinterziehung noch eine leichtfertige Steuerverkürzung vor, vorausgesetzt, dass kein Vorsatz bzw. keine Leichtfertigkeit vorliegt. Wird dagegen eine Berichtigung unterlassen, handelt es sich regelmäßig um einen straf- oder bußgeldrechtlich relevanten Tatbestand.

Mit dem Anwendungserlass wird auch klargestellt, dass für die Frage, ob Vorsatz und somit eine Steuerhinterziehung vorliegt nicht die Höhe der steuerlichen Auswirkung relevant ist, die sich aufgrund einer unrichtigen Steuererklärung ergibt. Relevant ist vielmehr, ob die Handlung vorsätzlich war.

Sofern bereits ein Steuerstraf- oder Bußgeldverfahren bekannt gegeben wurde, kann der Steuerpflichtige nicht gezwungen werden, sich durch die Abgabe einer berichtigten Steuererklärung selbst zu belasten.

Der Anwendungserlass nimmt ferner Stellung dazu, wer zur Berichtigung verpflichtet ist. Primär sind dies der Steuerpflichtige, sein Gesamtrechtsnachfolger (z.B. Erbe) oder ein gesetzlicher Vertreter (z.B. der Geschäftsführer).

Durch die Anpassungen des Anwendungserlasses zu § 153 AO wird dem Steuerpflichtigen ein Leitfaden an die Hand gegeben, der die aktuelle Rechtsentwicklung bei der strafbefreienden Selbstanzeige berücksichtigt, die in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen an.

Umsatzsteuer/Insolvenzrecht

Zur Berichtigung der Bemessungsgrundlage wegen Uneinbringlichkeit im vorläufigen Insolvenzverfahren

Durch BMF-Schreiben vom 18.5.2016 wurde der Umsatzsteuer-Anwendungserlass zu § 17 UStG geändert und an die aktuelle Rechtsprechung angepasst.

§ 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 1 UStG erlaubt es die Steuer und Vorsteuer für Leistungen, deren Entgelt aus Rechtsgründen uneinbringlich geworden sind, zu berichtigen. Im Anschluss an diese Uneinbringlichkeit kann es durch die Vereinnahmung des Entgeltes gem. § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG zu einer zweiten Berichtigung kommen. Dem steht nicht entgegen, dass die erste Berichtigung auf Grund der Uneinbringlichkeit und die zweite Berichtigung auf Grund nachfolgender Vereinnahmung im selben Voranmeldungs- oder Bemessungszeitraum zusammentreffen. Die zweite Steuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 UStG erfolgt im Gegensatz zur ersten Berichtigung im Unternehmensteil Insolvenzmasse und führt zu einer Massenverbindlichkeit.

Die oben erwähnten Grundsätze zu den Steuerberichtigungen im Insolvenzverfahren sowie im Insolvenzeröffnungsverfahren finden sowohl bei der Bestellung eines sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalters als auch regelmäßig im Falle der Bestellung eines sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters Anwendung.

Die noch ausstehenden Entgelte für die zuvor erbrachten Leistungen werden im Augenblick vor der Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens aus Rechtsgründen uneinbringlich, wenn ein sog. schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt, mit Recht zum Forderungseinzug oder mit Berechtigung zur Kassenführung bestellt wurde. Uneinbringlich werden auch die Entgelte für die Leistungen, die der Insolvenzschuldner nach Bestellung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters bis zur Beendigung des Insolvenzeröffnungsverfahrens erbringt.

Außensteuer

Namensnutzung im Konzern

Die Gestattung einer unentgeltlichen Namensnutzung zwischen nahestehenden Personen eines Konzerns ist steuerrechtlich anzuerkennen und führt nicht zu einer Korrektur der Gewinnermittlung nach dem Außensteuergesetz (AStG), wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 21.01.2016 (Az.: I R 22/14) entschieden hat. Die bloße Namensnutzung im Konzern begründet danach keine Geschäftsbeziehung i. S. des § 1 Abs. 4 AStG, für die einkommenserhöhend ein Korrekturbetrag angesetzt werden könnte.

Im Streitfall hatte der im Inland gewerblich tätige Kläger ein graphisches Zeichen („Firmenlogo“) entwickelt und seiner polnischen Tochterkapitalgesellschaft zur Verwendung bei ihrem Internetauftritt, auf Geschäftspapieren und Fahrzeugen überlassen. Die polnische Gesellschaft musste hierfür kein Entgelt zahlen. Das Finanzamt ging bei der Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer wegen „unentgeltlicher Überlassung des Markenrechts“ einkommenserhöhend von einer Gewinnkorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG aus.

Demgegenüber gab der BFH dem Kläger Recht. Danach liegt keine entgeltpflichtige Rechteüberlassung vor. Für die bloße Nutzung des Konzernnamens aufgrund einer Überlassung des Firmennamens durch einen Gesellschafter an die Gesellschaft seien in der Regel Lizenzentgelte steuerlich nicht verrechenbar. Im Fall der unentgeltlichen Nutzung kommt es dann nicht zum Ansatz eines einkommenserhöhenden Korrekturbetrags.

Anders ist es nach dem Urteil des BFH, wenn beispielsweise durch einen Warenzeichen-Lizenzvertrag, der ein Recht zur Benutzung des Konzernnamens und des Firmenlogos als Warenzeichen für verkaufte oder zum Verkauf angebotene Produkte einräumt, ein untrennbarer Zusammenhang zwischen Namensrecht und produktbezogenem Markenrecht hergestellt wird. Ist dabei ein eigenständiger Wert festzustellen, kann für die Überlassung eines derartigen Markenrechts nach Maßgabe der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ein fremdübliches Entgelt gefordert werden. Hieran fehlte es aber in dem vom BFH entschiedenen Streitfall.

Hintergrund des § 1 AStG ist, dass in international tätigen Konzernen die internen Beziehungen vielfach frei von Interessengegensätzen und Marktverhältnissen festgelegt werden können. Bei einem international operierenden Konzern wirkt sich dies auf die Verteilung des von ihm erwirtschafteten Steuersubstrats auf die beteiligten Staaten aus. Der international anerkannte Grundsatz des Fremdvergleichs („dealing-at-arm’s-length“) sucht demgegenüber eine an den Verhältnissen des freien Marktes orientierte objektive Verteilung dieses Substrats. Er tritt damit gleichzeitig steuerlichen Vorteilen entgegen, die durch die steueroptimierende Bestimmung von Verrechnungspreisen zu erzielen sind.

Der BFH stellt mit seiner Entscheidung klar, dass die unentgeltliche Namensnutzung zumindest nicht ohne weitere Anhaltspunkte zu einer Einkommenskorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG führt, da ein vergleichbarer Geschäftsvorfall auch im Inland unter Beteiligung von unbeschränkt steuerpflichtigen Personen, denen keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung zugrunde liegt, nicht als steuerpflichtig zu behandeln wäre.

Ansatz/Bewertung

Rechtssicherheit beim Umfang der zu aktivierenden Herstellungskosten im Steuerrecht

Der Bundesrat hat am 17. Juni 2016 dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens und damit der Einführung des § 6 Abs. 1 Nr. 1b - neu EStG zugestimmt. Somit wird endlich Klarheit geschaffen, hinsichtlich des Umfangs der zu aktivierenden Herstellungskosten im Steuerrecht.

Die von der Finanzverwaltung eingeführte Einkommensteueränderungsrichtlinie 2012 legte fest, dass auch die angemessenen Kosten der allgemeinen Verwaltung, Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, die Kosten für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung zwingend in die Ermittlung der Herstellungskosten einzubeziehen sind. Zuvor bestand für diese Kosten wie im Handelsrecht ein Wahlrecht hinsichtlich deren Aktivierung bei den Herstellungskosten.

Diese Änderung führte zu einer Abweichung zwischen der handelsrechtlichen und der steuerrechtlichen Wertuntergrenze bei den Herstellungskosten und somit zu großem Gegenwind auf Seiten der Industrie. Der Mehraufwand allein durch diese Regelung wurde auf rund 1,5 Mrd. EUR geschätzt.

Dies führte dazu, dass die Finanzverwaltung mit dem BMF-Schreiben vom 25.03.2013 eine zeitlich unbestimmte Übergangsphase einführte, nach der die Herstellungskosten, abweichend von der Einkommensteueränderungsrichtlinie 2012, nach der alten Verwaltungspraxis ermittelt werden konnten.

In Folge der Neueinführung des § 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG besteht ab sofort ein gesetzliches Wahlrecht, die Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und die betriebliche Altersversorgung in die Ermittlung der Herstellungskosten miteinzubeziehen.

Mit dieser Gesetzeseinführung wird eine Übereinstimmung der handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Vorschriften erreicht. Somit wird auch eine Wertdifferenz zwischen der Handels- und Steuerbilanz vermieden. Es bleibt bei einem Aktivierungswahlrecht sowohl für die Steuerbilanz als auch für die Handelsbilanz. Zu beachten ist, dass das steuerliche Wahlrecht in Übereinstimmung mit dem handelsrechtlichen Wahlrecht auszuüben ist.

Die Änderung tritt am Tag nach Verkündung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten in Kraft. Es besteht die Möglichkeit, das steuerrechtliche Wahlrecht rückwirkend auch für bereits abgelaufene Wirtschaftsjahre anzuwenden.