12.02.2019

IP / IT Ausgabe 1 / 2019

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Agile Arbeit! Hurra?

Luther veröffentlicht in Kooperation mit BUJ und CLI die Studie „Agile Arbeit 2019 –
Organisation, Führung und Arbeitsweise in einer digitalisierten Welt“.

„Kein Plan überlebt die erste Feindberührung.“ Diese Erkenntnis Helmuth Graf von Moltkes (1800 -1891) darf als Paradigma für Planung und Strategie gelten. Von hier aus ist es nur ein kleiner Schritt bis zu einer weiteren in ein Akronym gegossenen Bestandsaufnahme dessen was ist: VUCA. Aus dem Englischen übertragen steht es für Volatilität, Unbeständigkeit, Komplexität und Mehrdeutigkeit. Geprägt wurde VUCA in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts in einem Moltke sicherlich familiären Milieu, einer amerikanischen Militärschule. VUCA wird mittlerweile auch zur Beschreibung anderer Bereiche genutzt, in denen strategische Führung eine Rolle spielt. Mittlerweile auch für die Wirtschaft. Nun konnotiert VUCA alles andere als die angenehmen Seiten menschlichen Wirkens und Handelns, ist eher eine niederschmetternde Zustandsbeschreibung. Aber VUCA lässt Interpretationen zu: vision, understanding, clarity, agility. (Quelle: Wikipedia).

Agile Arbeit. Stand und Perspektiven. Die Studie Agile Arbeit 2019 – Organisation, Führung und Arbeitsweise in einer digitalisierten Welt“.

Für den Unternehmensalltag umfasst der Begriff Agilität vier zentrale Aspekte: Geschwindigkeit, Anpassungsfähigkeit, Kundenzentriertheit und Mindset – die Offenheit, sich auf die Anforderungen agiler Strukturen einzulassen. „Agile Arbeit ist die richtige Lösung, um die Chancen der Digitalisierung effektiv zu nutzen“, konstatiert Prof. Dr. Peter Körner, einer der Studienautoren.

104 Unternehmen haben daran teilgenommen. Die Auswahl bildet 18 unterschiedliche Branchencluster ab. KMU als auch große Kapitalgesellschaften wurden berücksichtigt. Somit sind die Ergebnisse repräsentativ für die Gesamtheit deutscher Unternehmen.

Herausgeber der Studie sind neben der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, der Bundesverband der Unternehmensjuristen (BUJ) und Corporate Legal Insights (CLI).

Das Thema ‚Agile Arbeit‘ ist bei den Unternehmen angekommen. Die überwältigende Mehrheit der Befragten (97,11%) hält agile Arbeit in Zukunft für unverzichtbar oder kann sie nicht ausschließen. Zu den erwarteten Effekten dabei zählt neben der Optimierung von Arbeitsabläufen eine Verbesserung der Kundenprozesse. Trotz der alles in allem positiven Grundstimmung haben nur wenig mehr als 40% hier bereits eine Strategie entwickelt. Bei weiteren 24% ist ein methodisches Vorgehen in Planung.

Unternehmen, die bereits agile Arbeitsmodellen etabliert haben, sehen vor allem 2 wesentliche Pluspunkte. Motivation und Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter haben sich deutlich positiv entwickelt. Auch seien Prozesse und somit die Wettbewerbsfähigkeit optimiert worden. Die Erwartungen haben sich somit tendenziell erfüllt. Das Positivbild zeigt allerdings auch leichte Eintrübungen:

Annähernd drei Viertel der Befragten siedeln ihre Bewertung im Ungefähren an. Irgendwo auf der Strecke zwischen Lust und Frust. Skeptiker abholen. Wie das gehen kann umreißt die Studie so: „Je stärker die agile Arbeit durch Kommunikation, Weiterbildung und Coaching begleitet wird, desto größer wird die Arbeitserleichterung empfunden.‘‘

Umschiffbare Klippen oder Killing Fields – Die ungeklärte Rechtslage

Agile Arbeitswelten. Königswege, um die Obstruktionen durch das VUCA-Setting hinter sich zu lassen? Ein eindeutiges Jein. Denn das Gesamtbild hat Webfehler. Die meisten Unternehmen nennen die ungeklärte Rechtslage als Risiken.

Studienautor Dietmar Heise, Partner bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft: „Vor diesem Hintergrund kann nicht verwundern, dass das allgemein geltende deutsche Rechtssystem viele Fragen der modernen agilen Arbeit nicht klären kann. Unternehmensinterne agile Arbeit kann Strukturen erfordern, die das Verhältnis des Arbeitnehmers zu seinen Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern anders als in klassischen Hierarchien abbildet.“

Die Gesetzgebung ist hier offenbar nicht ‚à Jour‘. Was bis zur umfänglichen gesetzgeberischen Aufarbeitung /Klärung getan werden kann, dazu liefert die Studie qualifizierte Einschätzungen und Praxistipps.

In drei Themenkomplexen beschreibt sie die Herausforderungen, die sich aus der rechtlichen Betrachtung agiler Arbeitsstrukturen ergeben: Die Gestaltung der Betriebsstrukturen, Agile Arbeitsstrukturen und Fremdkräfte, sowie Einsatz von Drittkräften unter Berücksichtigung von Datenschutz und der Wahrung von (Urheber)Schutzrechten.

Betriebsstrukturen, die Rolle von Betriebsräten und Arbeitsverträge

„Agile Arbeitsformen erfordern vielfach den Einsatz der am besten für ein bestimmtes Projekt qualifizierten Mitarbeiter – auch über Unternehmens- oder Betriebsgrenzen hinweg. Vor allem aus der Perspektive des Arbeitsrechts ergeben sich eine Reihe spannender, teils ungeklärter Problemstellungen – zum Beispiel die Frage, welcher Betriebsrat bei unternehmensübergreifender Zusammenarbeit in einem agilen Projekt für die Ausübung der Beteiligungsrechte zuständig ist.“ erklärt Paul Schreiner, Partner bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft. „Auch die Grenzen des Direktionsrechts beim Einsatz von Mitarbeitern in agilen Projekten ist häufig schwierig zu bestimmen.“

Stichpunkt - Gestaltung von Arbeitsverträgen: Wesentlich für agile Arbeit ist, dass Mitarbeiter flexibel eingesetzt werden können und sollen. Dem Weisungsrecht sind hier Grenzen gesetzt. Etwa bei der Entsendung von Mitarbeitern an einen anderen Arbeitsort. Ähnliches gilt für die Arbeitszeit und –leistung. Wechselnde Aufgabenstellungen und Teamzusammensetzung können zur Folge haben, dass bestimmte Tätigkeiten nicht als gleichwertige im Sinne der Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag angesehen werden. Bei unterwertigen Tätigkeiten ist eine Lohnkürzung nicht statthaft. Bei höherwertigen steht es im Belieben des AG, die höhere Leistung des MA zu vergüten. Hierzu merkt Lothar Schröder, Mitglied des ver.di Bundesvorstands an:

„Für agiles Arbeiten müssen auch neue Tätigkeitsprofile und Karrierewege beschrieben werden. Agilität stellt höhere Qualifikationsanforderungen. Sonst besteht die Gefahr, dass die Eingruppierungswertigkeiten unterminiert werden. Bei der gewerkschaftlichen Gestaltung von Agilität geht es darum, Belastungen zu senken, Autonomie zu erhöhen, ehrliche Ressourcensteuerung zu erlauben und Überforderung zu vermeiden.“

In diesem Zusammenhang empfiehlt die Studie, den Dialog mit den zuständigen Vertretern der Arbeitnehmerschaft zu suchen und zu pflegen und somit den Kerngedanken des Betriebsverfassungsgesetzes – den vertrauensvollen Umgang der betrieblichen Sozialpartner untereinander -aktiv zu leben.

Agile Arbeit und die Einbindung von Fremdkräften

Dietmar Heise stellt fest: „Drittkräfte können in agilen Projekten mit den wenigsten rechtlichen Risiken im Wege der Arbeitnehmerüberlassung eingesetzt werden, wenn die Projekte in maximal 18 Monaten zu bearbeiten sind. Auch im Rahmen von Werk- oder Dienstverträgen ist ein Drittkräfteeinsatz möglich, unter Hinnahme insbesondere steuerlich komplizierter Konstruktionen auch unter Einsatz von BGB-Gesellschaften (in der arbeitsrechtlichen Form von Gemeinschaftsbetrieben). Es können allerdings rechtliche Unsicherheiten entstehen, ob Einsätze von Drittkräften am Ende als Arbeitsvertrag, als illegale Arbeitnehmerüberlassung oder sozialversicherungsrechtlich als abhängige Beschäftigung zu werten sind. Wichtig ist, nicht nur den Vertrag entsprechend umsichtig zu gestalten, sondern diese Regeln auch genauso im täglichen Projektleben umzusetzen. Vorkehrungen sind denkbar, um das sicherzustellen.“

Einsatz von Drittkräften: Daten und Schutzrechte

Das Szenario: Mitarbeiter aus verschiedenen Unternehmen oder Konzernteilen arbeiten in agil organisierten Projekten. Wie kann sichergestellt werden, dass die Ergebnisse entweder nur durch den Auftraggeber verwertet werden? Oder anders: Welche (Teil)Ergebnisse können von den beteiligten Partnern in Eigenregie genutzt werden?

„Naturgemäß tauschen die Mitarbeiter während ihrer Arbeit in den Projektteams Informationen und Daten aus, speichern und übermitteln diese Daten an Dritte. Die Datenverarbeitung über Unternehmensgrenzen hinweg stellt die Beteiligten vor datenschutzrechtliche Herausforderungen, da das Datenschutzrecht selbst – in Gestalt der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) – weder Konzerne, noch agile Projektteams als datenschutzrechtliche Einheit begreift. Deshalb kommt es zu einer Vielzahl von Datenübermittlungen von einer Konzerngesellschaft zu einer anderen. Die Anzahl der Datenübermittlungen steigt, wenn nicht nur Konzerngesellschaften, sondern auch Externe in die Datenübermittlung einbezogen sind.“ (Christian Kuß, Partner, und Adrian Hoppe, Senior Associate, beide Luther Rechtsanwaltsgesellschaft.)

Rechtlich werden Entwicklungsergebnisse beiden oder unter Umständen mehreren Parteien zugeordnet. Somit „sollte vertraglich eine ganz klare Regelung dahingehend getroffen werden, die dem Auftraggeber die alleinige Befugnis zur Ausübung der Nutzungs- und Verwertungsrechte zuweist. Nur so ist dieser davor geschützt, nicht an einer wirtschaftlich sinnvollen Verwertung der Entwicklungsergebnisse gehindert zu werden.“ (Dr. Maximilian Dorndorf, Partner, Sebastian Laoutoumai, Senior Associate, Sandra Saling, Associate, alle Luther Rechtsanwaltsgesellschaft.)

Quintessenz

Ohne detaillierte vertragliche Regelung geht es nicht. Und zum Abschluss noch einmal Helmut Graf von Moltke: „Strategie ist ein System von Notbehelfen“.

Patient hat Anspruch auf Übermittlung seiner Krankenakte nach der DSGVO

Patienten haben gegenüber ihrem Versicherer Anspruch auf Herausgabe einer Fotokopie
eines im Auftrag des Versicherers gefertigten Gutachtens. Die  Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) stärkt über den Auskunftsanspruch in Art. 15 DSGVO die Rechte von Patienten.

  • „„KG Berlin, Beschluss vom 23.10.2018, Az.: 6 U 45/18

Hintergrund

Patienten hatten es in der Vergangenheit häufig schwer, an eine Kopie medizinischer Gutachten, Befunde und Krankenunterlagen zu gelangen. Das Auskunftsrecht in § 34 Bundesdatenschutzgesetz in der Fassung bis zum 24. Mai 2018 (BDSG-alt) enthielt keine ausdrückliche Regelung bezüglich einer Datenkopie. Die Rechtsprechung des BGH gestand dem Betroffenen zwar ein Einsichtsrecht in ärztliche Krankenunterlagen in Hinblick auf objektive Feststellungen über körperliche Befindlichkeiten und Aufzeichnungen über den Verlauf der Behandlung zu, begrenzte dieses aber auf naturwissenschaftlich konkretisierbare Befunde und Aufzeichnungen über Behandlungsmaßnahmen, insbesondere Medikation und Operationsberichte.

Die Abgrenzungskriterien waren schwer handhabbar und wurden oft zum Nachteil der Patienten ausgelegt. Darauf reagierte der Gesetzgeber, indem er im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) § 630g BGB einführte. Die Vorschrift gibt dem Betroffenen das Recht auf unverzügliche Einsicht in die vollständige ihn betreffende Patientenakte. Die Einsicht umfasst hier nicht nur den „kurzen Blick“ in die Akte, sondern auch das Recht, dauerhaft Zugriff auf den Inhalt der Unterlagen zu nehmen, sei es durch Abfotografieren, Anfertigung einer Fotokopie oder durch den Erhalt von Fotokopien gegen Kostenerstattung.

Seit der Gültigkeit der DSGVO ab dem 25. Mai des vergangenen Jahres findet der beschriebene Sachverhalt auch auf europäischer Ebene eine Regelung. Art. 15 DSGVO statuiert ein Recht auf Auskunft über das Ob und Wie der Verarbeitung der personenbezogenen Daten der betroffenen Person und normiert einen ausdrücklichen Anspruch auf eine Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten, die unentgeltlich zur Verfügung zu stellen ist. Personenbezogene Daten in diesem Sinne sind auch Gesundheitsdaten, wobei der Begriff „Gesundheitsdaten“ sehr weit gefasst ist und nicht nur die Ergebnisse der ärztlichen Untersuchung, sondern auch körperliche Leistungsdaten und Zustände umfasst.

Gegenstand der Klage vor dem Kammergericht Berlin (KG) war die Frage, ob einem Patienten gegen seine Versicherung ein Anspruch auf eine Kopie eines ihn betreffenden Gutachtens zusteht. Um ihren Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente gegen die beklagte Versicherung geltend machen zu können, musste sich die Klägerin einer medizinischen Begutachtung unterziehen. Die Versicherung hatte ihre Leistungspflicht anerkannt, so dass die Patientin ihr Interesse an der Kenntnis des Gutachtens nicht auf die Durchsetzung vertraglicher Ansprüche stützen konnte. Das Gericht hatte daher zu entscheiden, ob unabhängig davon ein Anspruch auf Aushändigung einer Kopie des Gutachtens bestand.

Die Entscheidung

Das Kammergericht stellt in seinem Beschluss klar, dass Patienten unabhängig von einem Interesse an der Durchsetzung von Ansprüchen ein Recht auf Übermittlung medizinischer Gutachten (in Kopie) zustehe. Dieses Recht folge als Nebenpflicht der Beklagten aus dem Versicherungsverhältnis und sei durch das in Art. 1 und 2 Grundgesetz garantierte Grundrecht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung begründet. Dieses schütze unabhängig von potentiellen vertraglichen Ansprüchen das Patienteninteresse an der Kenntnis des eigenen Gesundheitszustandes und des Ergebnisses einer diesbezüglich eingeholten sachverständigen Einschätzung.

Das Gericht schloss eine Rechtsbeschwerde gegen seinen Beschluss mit der Begründung aus, der Sache komme wegen der Einführung von Art. 15 DSGVO keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu. Danach ist auch nach Auffassung des KG die zukünftig maßgebliche Norm für die Einsicht in Patientenakten Art. 15 DSGVO, sodass es auf den ge-nauen Umfang des national geregelten Einsichtsrechts nach § 630g BGB nicht mehr entscheidend ankommen dürfte. Die DSGVO hat als europäische Verordnung Anwendungsvorrang gegenüber den nationalen Regelungen. Der Anspruch aus Art. 15 DSGVO hat zudem den Vorteil, dass die Kosten für die erste Kopie durch den für die Datenverarbeitung Verantwortlichen zu tragen sind. Zudem entsprach es der bisherigen Judikatur, das das Akteneinsichtsrecht grundsätzlich nur an dem Ort zu gewähren war, an dem sich die Patientenakte befindet und ein Anspruch auf Zusendung von Krankenunterlagen verneint wurde. Art. 15 DSGVO sieht hingegen ausdrücklich vor, dass dem Betroffenen im Falle eines elektronischen Antrags die Informationen auch in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen sind. Die DSGVO stärkt somit über den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch die Rechte der Patienten weiter und erleichtert ihnen den Zugang zu den sie betreffenden Informationen.

Unser Kommentar

Der auf nationaler Ebene geregelte Anspruch auf Einsicht in die Patientenakte wird durch die Entscheidung des KG weiter gestärkt. Gleichzeitig macht der Beschluss klar, warum vergleichbare Entscheidungen in Zukunft nicht mehr mit Bezug auf die nationalen Regelungen erzwungen werden müssen. Art. 15 DSGVO regelt einen umfassenden Anspruch der Patienten auf kostenfreie Herausgabe einer Kopie der sie betreffenden Informationen. Die Erfüllung dieses Anspruchs ist meist der erste notwendige Schritt des Betroffenen, um Folgeansprüche geltend machen zu können. Eines entsprechenden Rechtsverfolgungsinteresses des Betroffenen bedarf es indes nicht.

Haftung von Bewertungsportalen für verzerrtes Gesamtbild

Der Betreiber eines Bewertungsportals haftet für die aus einzelnen Bewertungen gebildete Gesamtnote, wenn ein von ihm entwickelter Algorithmus über die Auswahl der
für die Bildung der Gesamtnote relevanten Bewertungen bestimmt und dies zu einem verzerrten Gesamtbild führt.

  • OLG München, Urteil vom 13.11.2018, Az.: 18 U 1280/16 Pre

Hintergrund

Die Klägerin betreibt Fitnessstudios, die auf dem Bewertungsportal Yelp nur mittelmäßig bewertet wurden. Sie wendet sich gegen die Ausweisung einer Gesamtbewertung, in der eine Vielzahl von positiven Bewertungen (mehr als 95 %) nicht berücksichtigt wird, da diese Bewertungen vom Bewertungsportal als „momentan nicht empfohlen“ eingestuft werden. Würden sämtliche Bewertungen berücksichtigt, läge die Gesamtbewertung der Fitnessstudios der Klägerin nicht lediglich bei 2 von 5 Punkten, sondern bei 5 von 5 Punkten.

Neben dem Ersatz vorgerichtlicher Kosten begehrt die Klägerin die Feststellung, dass das Bewertungsportal verpflichtet ist, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr daraus entstanden ist und noch entstehen wird, dass die ausgewiesene Gesamtbewertung schlechter ausfällt, als wenn sämtliche abgegebenen Bewertungen berücksichtigt worden wären.

Die Entscheidung

Die Vorinstanz hatte die Klage abgewiesen, da die Fitnessstudiobetreiberin keinen Anspruch darauf habe, dass die Gesamtbewertung aus sämtlichen abgegebenen Bewertungen gebildet werde. Eine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Klägerin läge nicht vor, da sich bei den Gesamtbewertungen, die die Beklagte aus den „empfohlenen“ Beiträgen bildet, um eine Meinungsäußerung handele. Die Entscheidung der Beklagten, nur „empfohlene“ Beiträge bei der Bildung der Gesamtnote zu berücksichtigen, um Manipulationen zu verhindern, sei weder willkürlich noch stelle sie eine unzulässige Schmähkritik dar. Im Ergebnis sei das Vorgehen der Plattformbetreiberin von der Meinungsfreiheit gedeckt. Auch die Einstufung von Beiträgen von Nutzern der Plattform als „empfohlen“ bzw. als „momentan nicht empfohlen“ erfolge aufgrund der von der Beklagten angewandten, teilweise offengelegten Kriterien (z.B. Ausschluss von Fünf- Sterne Bewertungen als einzige Bewertung eines Nutzers) nicht willkürlich und sei von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Das OLG München geht hingegen davon aus, dass eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen, namentlich der Meinungsäußerungsfreiheit der Plattformbetreiberin und dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin, zugunsten der Klägerin ausfalle.

Aufgrund der optischen Gestaltung der Bewertungsplattform gehen die Nutzer der Plattform davon aus, dass sämtliche Bewertungen, also auch die „momentan nicht empfohlenen“ Bewertungen in die Gesamtnote einfließen, so das OLG München. Daher beruhe die als Meinungsäußerung zu qualifizierende Bildung einer Gesamtnote auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage. Durch die Aussonderung von mehr als 95 % der Bewertungen entstehe ein verzerrtes Gesamtbild, da die Aussonderung einer Vielzahl von abgegebenen Bewertungen für die Nutzer nicht erkennbar sei und nicht nur offensichtlich gefälschte Bewertungen bei der Bildung der Gesamtnote nicht berücksichtigt werden. Dies steht nach Auffassung des OLG München im Widerspruch zum Wesen eines Bewertungsportals.

Neben dem Unterlassungsanspruch sprach das OLG München der Klägerin auch einen Schadensersatzanspruch im Hinblick auf den durch die Gesamtbewertung verursachten, in der Höhe noch nicht feststehenden Schaden zu.

Unser Kommentar

Negative Bewertungen auf Bewertungsportalen können zu verheerenden wirtschaftlichen Folgen für die bewerteten Unternehmen führen. Da die (Markt-)Öffentlichkeit häufig als Reaktion auf schlechte Bewertungen auf andere Anbieter oder Produkte ausweicht, ist es umso wichtiger, dass ein effektiver Rechtsschutz nicht nur gegen unwahre Tatsachenbehauptungen und Schmähkritik, sondern auch gegen Bewertungen, d.h. Meinungsäußerungen, besteht, deren Grundlage unzutreffend ist oder intransparent bleibt.

Insofern ist die Entscheidung für alle Unternehmen erfreulich, deren Leistungen öffentlich bewertet werden. In der Rechtsprechung ist eine Tendenz zu erkennen, die Anbieter von Bewertungsportalen etwas stärker in die Pflicht zu nehmen. Da das OLG München die Revision zugelassen hat, dürfte das letzte Wort hier jedoch noch nicht gesprochen sein.

Die Webseite, der Mouseover-Effekt und die Irreführungsgefahr im UWG

Das OLG Frankfurt a.M. hat im Eilverfahren entschieden, dass es, zur Vermeidung einer Irreführungsgefahr, die durch eine Blickfangwerbung in einem als Mouseover-Effekt auf einer Webseite erscheinenden Kasten entstehen kann, ausreichend sein kann, wenn ein, an der Blickfangwerbung gesetzter Sternchenzusatz, in demselben Kasten aufgelöst wird.

  • OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 8. 11. 2018, Az.: 6 U 77/18

Mit gleicher Entscheidung hat das OLG Frankfurt a.M. zudem seine Rechtsprechung bestätigt, dass im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens ein Verbotsantrag nicht auf einen Gesichtspunkt / eine Beanstandung gestützt werden kann, der dem Antragsteller bereits zu Beginn des Verfahrens bekannt war und den er daher bereits in der Antragsschrift hätte geltend machen können, zu dem er in dieser jedoch noch nicht schlüssig vorgetragen hat.

Hintergrund

Gegenstand der Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. war der Erlass einer einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Frankfurt a.M. in Zusammenhang mit der Bewerbung eine 4G-LTE-Netzes durch einen Mobilfunkanbieter, die ein anderer Mobilfunkanbieter als irreführende Werbung im Sinne des UWG angegriffen hatte.

Konkret: auf der Webseite der Antragsgegners konnte die Flächenabdeckung/-verfügbarkeit des 4G-LTE-Netz des Antragsgegners in Deutschland durch Anzeige einer entsprechenden Landkarte abgerufen werden. Hierzu war ein entsprechender Reiter „4G (LTE)“ auszuwählen. In dem Moment, in dem der Besucher der Webseite sich mit dem Mauszeiger auf dem Reiter befand wurde als Mouseover-Effekt ein Kasten eingeblendet mit dem Hinweis „Maximal-Geschwindigkeit: 500 Mbit/s*“. In dem Kasten befand sich in einer „nur unwesentlich kleineren Schriftgröße“ die Auflösung des Sternchenhinweises „* Deine Bandbreite hängt z.B. von Deinem Standort und Deinem Gerät ab. Oder ob mehrere Leute gleichzeitig Deine Funkzelle nutzen. Die Maximalwerte erreichst Du nur unter optimalen Bedingungen. Und aktuell nur an einzelnen Standorten in Deutschland“.

Das LG Frankfurt a.M. hatte dem Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung im Hinblick auf den Mouseover-Kasten stattgegeben, da der Verbraucher über die flächendeckende Verfügbarkeit einer Datenübertragungsrate von bis zu 500 Mbit/s in die Irre geführt würde.

Im Rahmen der ursprünglichen Antragsschrift im Verfahren vor dem LG Frankfurt a.M. hatte der Antragsteller lediglich „in Abrede gestellt und ‚vorsorglich‘ bestritten, dass Kunden tatsächlich eine Übertragungsgeschwindigkeit von bis zu 500 Mbit/s erhalten“. Er hatte die Irreführung aber nicht ausdrücklich hierauf gestützt, sondern nur auf die angeblich erzeugte Fehlvorstellung, diese Geschwindigkeit sei nahezu flächendeckend verfügbar. Erst im Berufungsverfahren vor dem OLG Frankfurt a.M. hat der Antragssteller sein Unterlassungsbegehren zumindest auch darauf gestützt, dass eine Übertragungsgeschwindigkeit von bis zu 500 Mbit/s im Netz des Antragsgegners überhaupt nicht realisierbar sei.

Die Entscheidung

Das OLG Frankfurt a.M. ist auf die Berufung des Antragsgegners hin zu dem Schluss gekommen, dass eine Irreführung durch den als Mouseover-Effekt eingeblendeten Kasten bzw. die darin platzierte Blickfangwerbung „Maximal-Geschwindigkeit: 500 Mbit/s*“ nicht gegeben ist. Denn durch diese Werbung werde die von dem Antragsteller behauptete Fehlvorstellung der Verbraucher über eine flächendeckende Verfügbarkeit einer Datenübertragungsrate von bis zu 500 Mbit/s nicht hervorgerufen. Die Blickfangwerbung alleine könnte über eine solche Verfügbarkeit täuschen, „eine Täuschung der Verbraucher wird jedoch durch die Auflösung des Sternchenhinweises, die sich im gleichen Kasten befindet, nahezu ausgeschlossen“. Denn, wie bereits durch den BGH ausgeurteilt, kann der durch eine fehlerhafte Vorstellung einer isolierten Aussage ausgelöste Irrtum durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teil hat. Hierzu muss der Zusatz leicht auffindbar, gut lesbar und inhaltlich klar sein. Mit seiner vorliegenden Entscheidung hat das OLG Frankfurt a.M. nunmehr bestätigt, dass ein entsprechender Hinweis, der zusammen mit der klarzustellenden Aussage in einem als Mouseover-Effekt erscheinenden Kasten platziert ist, geeignet ist, die Irreführung auszuschließen.

Weiterhin hat das OLG Frankfurt a.M. entschieden, dass der Antragsgegner in dem Berufungsverfahren den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung auch nicht auf den Irreführungsaspekt stützen kann, dass eine Übertragungsgeschwindigkeit von bis zu 500 Mbit/s im Netz des Antragsgegners überhaupt nicht realisierbar sei. Denn der Antragsgegner habe in seiner ursprünglichen Antragsschrift an das LG Frankfurt a.M. dies lediglich „in Abrede gestellt und ‚vorsorglich‘ bestritten“. Dies genüge jedoch nicht für die zwingend notwendige schlüssige Darlegung eines Irreführungsgesichtspunkts. Denn eine solche erfordere, dass angesprochen wird (a) durch welche Angabe welcher konkrete Verkehrskreis angesprochen wird, (b) welche Vorstellung dadurch bei diesem ausgelöst wird, (c) warum diese Vorstellung unwahr sei und (d) dass diese Fehlvorstellung geeignet sei, den Verbraucher oder Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Diese Kriterien seien durch das in Abrede stellen und vorsorgliche Bestreiten nicht erfüllt. Der weitergehende, erstmalige Vortrag im Rahmen der Berufungserwiderung könne hierzu nicht berücksichtigt werden. Denn die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung zwingend notwendige Dringlichkeitsvermutung (sog. Verfügungsgrund) sei grundsätzlich widerlegt, wenn – wie hier – der Antrag erst im Verlauf eines Eilverfahrens auf einen Gesichtspunkt gestützt wird, der dem Antragsteller bereits zu Beginn des Verfahrens bekannt war.

Entsprechend hat das OLG Frankfurt a.M. das Urteil des Landgericht abgeändert und den Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Unser Kommentar

Die Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. ist in zweierlei Hinsicht für Unternehmen relevant: zum einen gibt sie weitere Sicherheit bei der Gestaltung von Webseiten, zum anderen ist sie Mahnung zur genauen Vorbereitung von Anträgen auf einstweilige Verfügung – auch wenn die Zeit naturgemäß bei diesen drängt.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. findet aktuell bereits Eingang in die Kommentarliteratur, da das OLG Frankfurt a.M. mit ihr bestätigt hat, dass Werbeaussagen, die als Mouseover-Effekt erscheinen, durch einen Sternchenzusatz klargestellt werden können, dessen Auflösung zusammen mit der Werbeaussage in einem Kasten als Mouseover-Effekt erscheint. Damit wird die Nutzung von Mouseover-Effekten auf Unternehmenswebseiten weiter abgesichert.

Bei der Verwendung eines solchen Mouseover-Effekts mit Sternchenhinweis sind natürlich auch weiterhin die bereits bekannten Anforderungen an den Auflösungstext zu beachten, wie sie auch im Übrigen in der Werbung gelten (also Teilhabe am Blickfang, leichte Auffindbarkeit, gute Lesbarkeit und inhaltliche Klarheit) – ebenso wie die Beschränkungen des Klarstellungseffekts (d.h. insbesondere, dass schlicht falsche Aussagen nicht korrigiert werden können).

Zudem verdeutlicht die Entscheidung aber auch, wie wichtig eine vollständige Sachverhaltsermittlung und genaue Abstimmung eines Antrags auf einstweilige Verfügung ist. Das OLG Frankfurt a.M. hat seine Rechtsprechung fortgesetzt, mit der es dem Ansatz eine klare Absage erteilt, in einer ersten Antragsschrift neben den Irreführungstatbeständen, auf die sich ein Antrag stützt, zusätzlich Hinweise auf weitere Irreführungstatbestände auf Vorrat für das spätere Verfahren aufzunehmen, dabei aber nicht in das Detail zu gehen und stattdessen einen schlüssigen Vortrag erst bei Bedarf nachzuschieben. In diesen Fällen entfällt aus Sicht des OLG Frankfurt a.M. die Dringlichkeit. Entsprechend müssen alle relevanten Irreführungstatbestände klar benannt und schlüssig dargestellt werden, wenn diese im Eilverfahren noch genutzt werden sollen.

Zum Kopplungsverbot nach der DSGVO

Erhebt ein Unternehmen bei Abschluss eines Vertrages Daten, die einem anderen Zweck als der Vertragserfüllung dienen, so kann eine dahingehende Einwilligung in Ausnahmefällen trotzdem freiwillig sein. Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) statuiert kein absolutes Kopplungsverbot.

  • OGH Wien, Urteil vom 31.08.2018, Az.: 6Ob140/18h

Hintergrund

Hintergrund Die Entscheidung des Österreichischen Obersten Gerichtshofes (OGH) betrifft die umstrittene Auslegung des sogenannten Kopplungsverbots. Da die Regelungen der DSGVO europaweit geltend, ist eine Entscheidung des OGH ähnlich interessant wie eine des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH).

Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war die Frage, ob der Anbieter eines kostenpflichtigen TV-Programms von seinen Kunden wirksam die Zustimmung zur Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingeholt hatte. Denn die Datenverarbeitung ging über die eigentliche Vertragsabwicklung hinaus, da diese auch zu Marketingzwecken erfolgen sollte und dies sowohl durch den Anbieter selbst als auch durch dessen Kooperationspartner. Der Anbieter kombinierte damit zwei verschiedene Dinge, ohne dem Kunden die Möglichkeit zu geben, sich der einen Art der Verarbeitung in Form der Marketingtätigkeit zu entziehen. Die Zulässigkeit dieses Vorgehens wird unter dem Begriff „Koppelungsverbot“ diskutiert, also ob der Vertragsabschluss von einer Zustimmung zu einer (dafür nicht erforderlichen) Datenverarbeitung abhängig gemacht werden kann. Folglich stand im Verfahren vor dem OGH nun die Frage im Raum, ob die Verwendung einer solchen Klausel die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung zur Folge hat.

Um Daten rechtmäßig verarbeiten zu können, muss eine gesetzliche Erlaubnis vorliegen. Eine solche ist z.B. die Einholung einer Einwilligung. Die DSGVO macht die Wirksamkeit einer Einwilligung davon abhängig, ob diese freiwillig abgegeben wird. Verlangt der Verwender eine Einwilligung zu einer Datenverarbeitung, die nicht zur Erfüllung des Vertrages erforderlich ist, sondern darüber hinaus geht, entstehen Zweifel an der Freiwilligkeit der Einwilligung.

Aus Sicht des OGH sind die gesetzlichen Vorgaben zur Frage, ob eine solche Koppelung stets unzulässig ist, nicht eindeutig: Im Verordnungstext heißt, dass im Rahmen der Beurteilung, ob die Einwilligung freiwillig erfolgte, der Kopplung verschiedener Zwecke bei der Verarbeitung größtmöglich Rechnung zu tragen ist. Der entsprechende Erwägungsgrund hingegen statuiert strenger, dass die Kopplung einer Einwilligung an eine Datenverarbeitung zu einem anderen Zweck als dem der Vertragserfüllung untersagt ist. Insofern besteht ein Spannungsverhältnis zwischen dem Erwägungsgrund, der die Kopplung gänzlich verbietet, und dem entsprechenden Normentext, wonach, dem Umstand der Koppelung bei der Beurteilung der Freiwilligkeit größtmöglich Rechnung zu tragen ist.

Die Entscheidung

Der OGH löst das Spannungsverhältnis auf, indem er fordert, dass an die Beurteilung der Freiwilligkeit der Einwilligung strenge Anforderungen zu stellen sind. Erfolgt eine Datenverarbeitung im Rahmen eines Vertragsschlusses und ist hieran gleichzeitig die Erteilung einer Einwilligung für eine Datenverarbeitung, die über die Erfüllung des Vertragszwecks hinausgeht, gekoppelt, erfolgt die Einwilligung in der Regel nicht freiwillig, wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände für eine Freiwilligkeit der datenschutzrechtlichen Einwilligung sprechen. Somit wird eine Kopplung nicht per se verboten, sondern die Freiwilligkeit kann im Einzelfall durchaus vorliegen, wenn dem Verarbeiter besondere Umstände zur Seite stehen. Im zu entscheidenden Fall waren keine besonderen Umstände ersichtlich, so dass das Gericht die Datenverarbeitung als unzulässig ansah.

In welchen Fällen eine Koppelung trotz des grundsätzlichen Verbots ausnahmsweise doch zulässig sein kann, ließ das Gericht in seiner Entscheidung offen. Zur Vorlage dieser durchaus umstrittenen Frage vor dem EuGH sah der Gerichtshof keine Veranlassung.

Unser Kommentar

Die Entscheidung ist die erste höchstrichterliche Entscheidung zur Auslegung der DSGVO im deutschsprachigen Raum und stellt erstmals klar, dass die DSGVO kein absolutes Koppelungsverbot vorsieht, sondern eine Koppelung im Einzelfall zulässig sein kann. Für die Praxis ist bedeutend, dass eine Kopplung von Vertragserfüllung und Einwilligung unter besonderen Umständen möglich sein kann. Dennoch bleibt offen, welche konkreten Umstände dies sein können. Zudem betreffen die Ausführungen des OGH nur die Konstellation, in welcher der Kunde parallel einen kostenpflichtigen Vertrag eingeht, z.B. in einem Online-Shop einkauft. Das Urteil gibt hingegen keine Auskunft darüber, wie sich die rechtliche Situation bei vermeintlich kostenlosen Anbietern wie Suchmaschinen oder den Anbietern von Sozialen Medien verhält. Insbesondere angesichts der mangelnden Alternativen in diesem Bereich, muss die Freiwilligkeit der Datenverarbeitung regelmäßig in Zweifel gezogen werden.

Das neue Markenrechtmodernisierungsgesetz (MaMoG)

Bisher gab es im deutschen Rechtssystem lediglich Individual- und Kollektivmarken. Ab sofort tritt das neue Markenrechtmodernisierungsgesetz (MaMoG) in Kraft, was die Einführung der Gewährleistungsmarke als dritte Kategorie daneben zur Folge hat. Nun kann im Rahmen einer Anmeldung einer Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die neue Markenformen verwendet werden. Aufgrund der neuen Regelung zur Gewährleistungsmarke wird der Markeninhaber zukünftig in seiner rechtlichen Stellung gestärkt. Das neue Markenmodernisierungsgesetz dient zur Umsetzung der EU-Markenrechtsrichtlinie 2015/2436 – alle obligatorischen und bereits eine Vielzahl der fakultativen Vorgaben hiervon sollen damit in deutsches Recht umgesetzt werden.

Welche neuen Anforderungen werden gestellt? „

  • Neue Markenkategorie: Gewährleistungsmarke (§§ 106 a – 106 h MarkenG)

Die Gewährleitungsmarke stellt eine neue Markenkategorie dar und bezieht sich auf Waren biologischer Herstellung, die aufgrund von fairen Produktionsbedingungen oder besonderen Sicherheitsstandards Schutz benötigen.

Ausgeschlossen von diesem besonderen Schutz sind Gütesiegel, bei denen die Hauptfunktion darin besteht, den Verbraucher auf die Herkunft eines Produkts von einem bestimmten Hersteller hinzuweisen.

Bei den Gewährleistungsmarken ist nicht die Herkunftsfunktion ausschlaggebend, sondern die Garantiefunktion. Voraussetzung für den Schutz ist es, dass der Markeninhaber neutral zu der Marke steht und die von ihm zertifizierten Waren- und Dienstleistungen nicht gleichzeitig von ihm selbst angeboten werden. Der Markeninhaber muss seine Standards bezogen auf Produkt- und Qualitätseigenschaften in einer Markensatzung transparent offenlegen. Diese Offenlegung gilt auch für etwaige Nutzungsbedingungen. Ausschlaggebend für die Eintragung einer solchen Marke ist es, dass der gewährleistende Charakter aus dem Zeichen heraus deutlich erkennbar ist. Somit können nun auch in Deutschland Gütesiegel oder Prüfzeichen neutraler Zertifizierungsunternehmen markenrechtlichen Schutz erlangen.

  • Neue Markenformen

Mit dem neuen Markenrechtmodernisierungsgesetz fällt die Voraussetzung weg, dass Marken grafisch darstellbar sein müssen (bisher § 8 MarkenG). Es genügt, dass die Marken eindeutig und klar bestimmbar sind. Ab heute können Zeichen in jeder geeigneten Form (z.B. als Audio- oder Bilddatei) mit allgemein zugänglicher Technologie dargestellt werden. Neue Markenformen können nun im Register als Marke eingetragen werden, wie z.B. geräuschhafte Klangmarken, Bewegungsmarken, Hologramm- oder Multimediamarken, es sei denn, Schutzhindernisse stehen dem entgegenstehen. Eine internationale Erstreckung für diese neue Markenform wird bis auf Weiteres nicht möglich sein, da es hierbei weiterhin auf die grafische Darstellbarkeit ankommt. Aufgrund der neuen Darstellungsform werden Urkunden des DPMA zukünftig mittels QR-Code einen Link zur entsprechenden Darstellung im elektronischen Markenregister enthalten. Allerdings gibt es auch neue Ausschlussgründe für Form und Charakteristika von Waren (§ 3 Abs. 2 MarkenG), z. B. sind produktbedingte Farben, Bewegungen und Klänge von der Eintragung ausgeschlossen. „

  • Neue absolute Schutzhindernisse

Durch die Neuerung wurden zudem zusätzliche absolute Schutzhindernisse aufgenommen: Geografische Angaben, Weinlagen-, traditionelle Spezialitäten- und Ursprungsbezeichnungen nach EU Vorschriften/internationalen Übereinkommen und Sortenschutzbezeichnungen. Berücksichtigt werden nun auch im Anmelde- bzw. Nichtigkeitsverfahren geschützte geografische Angaben und geschützte geografische Ursprungsbezeichnungen insbesondere für Lebensmittel, traditionelle Spezialitäten im Lebensmittelbereich, Wein, traditionelle Weinbezeichnungen sowie Spirituosen, die nach nationalen oder europäischen Rechtsvorschriften geschützt sind. „

  • Eintragung von Lizenzen

Es besteht nun die Möglichkeit, Lizenzen oder die Bereitschaft zur Lizenzvergabe im Markenregister eintragen zu lassen (§§ 30 Abs. 6 MarkenG, 42 a ff. MarkenV). Die Eintragung umfasst Angaben zum Lizenznehmer, zur Lizenzart und zu etwaigen Beschränkungen. Die Eintragung, Änderung und Löschung einer Lizenz im Register sind sodann gebührenpflichtig. Es besteht zudem die Möglichkeit Lizenzen in das internationale Register mit deutschem Schutzerstreckungsanteil einzutragen. „

  • Änderungen der Schutzdauer

Für alle neu einzutragenden Marken die verändert sich die Berechnung der zehnjährigen Schutzdauer. Diese endet nun genau zehn Jahre nach dem Anmeldetag und nicht wie bisher zehn Jahre zum Ende des Monats, in dem die Marke angemeldet wurde. Bei den bereits eingetragenen Marken bleibt es bei der alten Regelung. „

  • Änderungen im Widerspruchsverfahren

Bisher war es lediglich möglich, einen Widerspruch nur aus einem Widerspruchskennzeichen zu erheben. Zukünftig können mehrere ältere Rechte konkret mit einem Widerspruch geltend gemacht werden. Zusätzliche Widerspruchsgründe, wie geschützte geografische Angaben und geschützte Ursprungsbezeichnungen erweitern die Widerspruchsmöglichkeiten.

Einen neuen Widerspruchsgrund stellt die Verwechslungsgefahr mit älteren Marken mit Schutz außerhalb der EU dar, insbesondere, wenn die ältere Marke im Anmeldezeitpunkt ernsthaft benutzt wurde und die jüngere Marke bösgläubig nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG angemeldet wurde. Die Widerspruchsgebühr beträgt derzeit 250 EUR für das erste Recht. Jedes weitere ältere Recht kostet zusätzlich 50 EUR.

Unser Kommentar

Aufgrund des neuen Markenmodernisierungsgesetz ändern sich viele Formulare, die für eine Markenanmeldung oder einen Widerspruch benötigt werden. Ausdrücklich begrüßt wird die neue Form einer Gewährleistungsmarke. Diese Einführung wird im Hinblick auf Gütezeichen für die Wirtschaft von großer Bedeutung sein. Zukünftig können auch Unternehmen, die nicht als ein organisierter Verband gekennzeichnet sind, den Schutz einer Gewährleistungsmarke in Anspruch nehmen. Jedoch muss hierbei beachtet werden, dass diese Unternehmen keine Dienstleistungen erbringen oder Produkte vertreiben dürfen, welche durch die Gewährleistungsmarke ausgezeichnet sind. Dadurch soll die Unabhängigkeit des Kennzeichens sichergestellt werden. Inwiefern die Wirtschaft zukünftig von einer Gewährleistungsmarke Gebrauch macht, bleibt mit Spannung abzuwarten.

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