27.09.2016

Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen tritt zum 1. Oktober 2016 in Singapur in Kraft

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Hintergrund

27.09.2016

Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen tritt zum 1. Oktober 2016 in Singapur in Kraft

I. Die Ratifizierung des Übereinkommens
Singapur hat am 2. Juni 2016 das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen vom 30. Juni 2005 (nachfolgend „HGÜ“ genannt) ratifiziert und ist damit der erste asiatische Staat, der dem HGÜ zugestimmt hat. Mit dem Inkrafttreten des Übereinkommens zum 1. Oktober 2016 wird sich Singapur als Knotenpunkt für Streitbeilegung in Asien etablieren.

Neben Singapur haben bislang 28 Staaten das Übereinkommen unterzeichnet und ratifiziert – alle EU-Mitgliedsstaaten (außer Dänemark) und Mexico. Die USA und die Ukraine haben das Übereinkommen zwar unterzeichnet, aber bisher nicht ratifiziert. Mit Inkrafttreten des HGÜ in Singapur werden singapurische Gerichtsurteile in der EU und in Mexiko an Bedeutung gewinnen, da sie dann ohne weitere gerichtliche Überprüfung anerkannt und vollstreckt werden können. Dies war bislang nicht möglich, da die EU (außer Großbritannien) und Mexiko keine Signaturstaaten des Reciprocal Enforcement of Commonwealth Judgment Act oder des Reciprocal Enforcement of Foreign Judgment Act waren, die die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen zwischen Singapur und anderen Ländern regeln.

II. Anwendungsbereich des Haager Übereinkommens
Das HGÜ wird den erforderlichen Zeit- und Kostenaufwand im Umgang mit Fragen der internationalen Zuständigkeit und der Anerkennung von Urteilen deutlich verringern. Das HGÜ bezweckt die Schaffung von Rechtssicherheit und den Schutz vor überraschenden Gerichtsbeschlüssen in Bezug auf Gerichtsstandsvereinbarungen und auf die Anerkennung und Vollstreckung von entsprechenden Gerichtsentscheidungen. Das neu in Kraft getretene Übereinkommen ist nur auf Kaufleute anwendbar und erfasst nur ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen.

Die wesentlichen Punkte des HGÜ lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  1. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die zwischen Kaufleuten geschlossenen Gerichtsstandsvereinbarungen zugunsten der Gerichte eines Vertragsstaats durchzusetzen. Jedoch nimmt das HGÜ gewisse Rechtsbereiche aus dem Anwendungsbereich des Übereinkommens aus. So ist das Übereinkommen auf Gerichtsstandsvereinbarungen etwa im Bereich des Familien- und Erbrechts, Insolvenzrechts, Kartellrechts, Arbeitsrechts nicht anzuwenden.
  2. Die Gerichte in allen Vertragsstaaten sind verpflichtet, die Entscheidung eines anderen Gerichts ohne gerichtliche Überprüfung anzuerkennen und zu vollstrecken. Dies gilt insbesondere auch für den Singapore International Commercial Court, der speziell für Streitigkeiten im internationalen Wirtschaftsrecht eingerichtet wurde.
  3. Die Verweigerung der Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen ist nur unter strengen Bedingungen möglich. Ein Gericht kann die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung verweigern, wenn:
    • die Entscheidung durch Prozessbetrug erlangt wurde;
    • die Anerkennung oder Vollstreckung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des ersuchten Vertragsstaats offensichtlich widerspricht;
    • der Beklagte nicht rechtzeitig oder nicht in einer Weise von dem gerichtlichen Verfahren in Kenntnis gesetzt wurde und er sich deshalb nicht verteidigen konnte;
    • die Gerichtsstandsvereinbarung nach dem Recht des Vertragsstaats des vereinbarten Gerichtsstands ungültig ist;
    • es einer Partei nach dem Recht des ersuchten Staates die Fähigkeit fehlte, die Vereinbarung rechtswirksam abzuschließen; oder
    • die Entscheidung mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die in einem Rechtsstreit zwischen denselben Parteien im ersuchten Staat ergangen ist.

III. Ausblick
Innerhalb der EU werden Gerichtsstandsvereinbarungen nach der Brüssel-Ia-Verordnung als zulässig erachtet und daraus resultierende Entscheidungen in anderen EU-Staaten ohne weitere Prüfung anerkannt und vollstreckt. Das HGÜ verfolgt auf globaler Ebene dasselbe Ziel.

Die Zeit wird zeigen, ob das Haager Übereinkommen über die Gerichtsstandsvereinbarungen die gleiche Anerkennung im internationalen Kontext wie das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche bekommen wird. Dafür ist es erforderlich, dass mehr Staaten sich dem Übereinkommen anschließen.

 

Dr. Claus Trenner, LL.M. (NUS Singapore)
Partner
claus.trenner@luther-lawfirm.com
Telefon +49 40 18067 18023


 

   
 Els Van Poucke, LL.M.
Attorney-at-law Brussels Bar (Belgium)
Registered Foreign Lawyer (Singapore)
Counsel
els.vanpoucke@luther-lawfirm.com
Telefon +65 6408 8018