06.12.2018

Energiewende auf der Schiene – Wasserstoff und Erneuerbare Energie als grüne Alternative zu Dieselantrieb und Bahnstrom

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Hintergrund

06.12.2018

Energiewende auf der Schiene – Wasserstoff und Erneuerbare Energie als grüne Alternative zu Dieselantrieb und Bahnstrom

Wo bislang Dieselschwaden in die Luft stiegen, könnte künftig bald nur noch Wasserdampf aus dem Auspuff kommen. Zwischen Cuxhaven, Bremerhaven, Bremervörde und Buxtehude hat der weltweit erste Wasserstoff-Brennstoffzellenzug seinen regulären Linienbetrieb aufgenommen.

Die neue Zugantriebstechnologie, welche ausschließlich Wasserstoff als Antriebsmedium nutzt und unter dem Begriff „Hydrail“ mittlerweile serienreif ist, läutet einen Paradigmenwechsel im Zugverkehr ein. Ihre Reichweite ist mit 1.000 km enorm und könnte als attraktive Antriebsalternative den Dieselzug obsolet machen.

Neben den 14 in Niedersachsen bereits verkehrenden Hydrail-Zügen hat auch der Rhein-Main-Verkehrsverbund in Hessen bereits den Kauf von 26 Hydrail-Zügen vorbereitet. Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg wollen ebenfalls nachziehen.

Durch den dadurch künftig steigenden Bedarf an Wasserstoff entstehen auch neue Vermarktungsmöglichkeiten für Solar-, oder Windstrom. Denn die Herstellung von grünem Wasserstoff braucht nur zwei Dinge: günstigen elektrischen Strom und Wasser. Hieraus resultieren attraktive Geschäftsmodelle für Solar,- und Windenergieerzeuger.

Wasserstoff als umweltfreundliche Alternative zu Dieselzügen
Anders als konventionelle Dieselzüge können Hydrail-Züge ohne Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen angetrieben werden. Das in Niedersachsen verkehrende Modell iLint der Firma Alstrom nutzt als Antriebsstrom allein den aus der Verbrennung von Wasserstoff in Brennstoffzellen hergestellten Strom. Sofern der Wasserstoff mit Hilfe erneuerbarer Energien hergestellt wurde, liegt zudem die CO2-Gesamtessmission bei Null, denn Verbrennungsprodukt ist lediglich Wasserdampf. Mit der Hydrail-Technik besteht nun die Möglichkeit einen großen Beitrag zur CO2-freien Mobilität zu leisten, ohne Einschränkungen bei der Reichweite machen zu müssen.

Insbesondere auf Nebenstrecken, an denen Oberleitungen unwirtschaftlich oder noch nicht vorhanden sind, können diese Züge sauber und umweltfreundlich unterwegs sein. Das Bundesverkehrsministerium hat die Entwicklung und Erprobung des emissionsfreien Nahverkehrszuges finanziell unterstützt.

Infrastruktur zur Betankung - Die Hürden bei der Nutzung von Wasserstoff
Für die Betankung mit Wasserstoff bedarf es einer eigenen Infrastruktur an geeigneten Wasserstofftankstellen.

Dieser muss für eine effiziente Verwendung zuvor verdichtet und anschließend in die am Zug angebrachten Speichertanks verfüllt werden.

Einmal verdichtet und komprimiert enthält 1 kg Wasserstoff dann fast so viel Energie wie 3 kg Benzin. Hydrail-Züge können daher bedarfsgerecht und je nach benötigter Reichweise die Tankgröße variieren und sich den jeweiligen Begebenheiten anpassen. Dies macht sie auch für einen flexiblen Einsatz attraktiv.

Zwar benötigt der Verdichtungsprozess große Mengen an Energie, welche allerdings die CO2-Bilanz nicht verschlechtern muss, sofern sie aus erneuerbaren Quellen gewonnen wurden. In diesem Fall handelt es sich beim Hydrail-Zug um eine zu 100% „grüne Alternative“ zum Diesel.

Elektrolyseeinrichtungen und Stromerzeugungsanlage als privilegierte Außenbereichsvorhaben
Bei Elektrolysevorhaben im o.g. Sinne dürfte es sich um sog. privilegierte Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB handeln, weil sie durch die Erzeugung von Wasserstoff zugunsten des öffentlichen Personennahverkehrs der Allgemeinheit dienen und deswegen im Außenbereich errichtet und betrieben werden dürfen. Anlagen für die Energieversorgung der Elektrolyseeinrichtung, also etwa Windenergie,- oder Photovoltaikanlagen könnten als Nebenanlage zum Vorhaben ebenfalls an der privilegierten Zulässigkeit teilhaben.

Die Zweckbestimmung von Elektrolyseeinrichtungen wird dahingehend als ortgebunden im Außenbereich anzusehen sein, weil schon durch das Zusammenspiel der Elektrolyseanlage mit der Wind- bzw. Photovoltaikanlage die benötigten Flächen primär im Außenbereich zur Verfügung stehen dürften.

Hinzu kommt hier, dass sich die Elektrolyseeinrichtungen in relativer Nähe zu einem geeigneten Betankungspunkt (z.B. einem Betriebshof) befinden müssen, der in aller Regel wohl auch im Außenbereich gelegen sein wird.

Die Präfigierung als Außenbereichsvorhaben hat den entscheidenden Vorteil, dass für die Realisierung dieser Vorhaben keine eigenständige Bauleitplanung durch die Gemeinde nötig ist.

Kein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren für Elektrolyseanlagen nötig – Bauantrag genügt
Bei Elektrolyseurvorhaben handelt es sich wohl auch nicht um genehmigungsbedürftige Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Eine Genehmigungspflicht käme für die Elektrolyseeinrichtungen nur in Betracht, wenn diese Wasserstoff durch „chemische oder biochemische Umwandlung“ erzeugen würden (Nr. 4.1.12 der 4. BImSchV).

Die elektrolytische Erzeugung von Wasserstoff dürfte aber nicht in den Tatbestandsbereich der „chemischen oder biochemischen Umwandlung“, sondern allenfalls in den nicht geregelten Bereich der elektrochemischen Erzeugung unterfallen. Hierfür sieht das Gesetz aber keine Pflicht zur Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens vor, vielmehr ist der vorhandene Genehmigungstatbestand der chemischen oder biochemischen Umwandlung auf die konventionelle Erzeugung von Gasen, bspw. aus Erdöl, zugeschnitten, nicht aber auf durch Elektrolyse hergestellten Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien.

Demnach besteht für Elektrolyseanlagen keine Genehmigungsbedürftigkeit nach dem BImSchG, womit die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens ausreichend sein dürfte. Gleiches gilt für kleinere Windenergie,- und Photovoltaikanlagen für die Energieerzeugung der Elektrolyseanlage.

Neue Chancen für Photovoltaik und Windstromproduzenten
Aus dem künftig hohen Bedarf an Wasserstoff könnten gute Geschäftsmöglichkeiten für Betreiber von Solar-, und Windparks entstehen. Der Strom für den Betrieb der Elektrolyseure wird bestenfalls lokal und in der Nähe des Endhaltepunktes erzeugt. Für Vor-Ort-Strom sind Windkraft und Photovoltaik bekanntermaßen die besten Partner.

Bereits heute könnte sich daher die Besicherung bzw. der Erwerb von Flächen in der Nähe der Endhaltstellen nicht elektrifizierter Bahnstrecken lohnen. Hinzukommt, dass der Stromproduzent durch das Duo Erzeugeranlage und Elektrolyseeinrichtung auch finanziell doppelt profitieren kann. Sofern sich die Erzeugeranlage nämlich in unmittelbarer Nähe zur Elektrolyseeinrichtung befindet, kann der Photovoltaik bzw. Windstromproduzent vom Eigenstromprivileg und der Stromsteuerbefreiung profitieren.

Das Zusammenspiel dieser Faktoren kann dann zu einem wirtschaftlich attraktiven Geschäftsmodell werden, weil nicht nur die – teilweise sogar steuerfreie – Erzeugung des Stroms sondern auch die langfristige Abnahme an Wasserstoff durch die Bahn gesichert ist.

Fazit
Wasserstoff als Energielieferant im Schienenverkehr ist ein Novum. Jedenfalls die derzeitigen Einsätze im Planbetrieb zeigen allerdings, dass die Hydrail-Technik verlässlich, effizient und deswegen ein Diesel-Ersatz auf Nebenstrecken werden kann. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine flächendeckende Infrastruktur an Wasserstofftankstellen. Sofern sowohl die Gewinnung wie auch die nötige Verdichtung des Wasserstoffes durch erneuerbare Energien stattfindet, ist mit dem Wasserstoffzug ein CO2-Neutrales Reisen möglich.

Dieses Ziel lässt sich erreichen, wenn die Züge mit Wasserstoff betankt werden, der durch Elektrolyse mit Strom aus Windkraft oder Photovoltaik gewonnen wurde. Die Stromproduktion einer modernen Windkraftanlage soll zum Beispiel ausreichen, um damit Wasserstoffgas für den Betrieb von fünf Zügen erzeugen zu können.

Betreiber von Windenergie,- und Solarparks können sich daher durch die Sicherung von potenziell geeigneten Flächen für die Wasserstofferzeugung entlang nicht elektrifizierter Bahntrassen günstige Ausgangspunkte für ein künftiges Geschäftsmodell sichern.

 

 

David Anders
Rechtsanwalt
Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Leipzig
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