05.06.2025
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) beschäftigte sich in seinem Urteil vom 3. Juni 2025 (Az. 9 AZR 104/24) mit der Frage, ob ein Arbeitnehmer im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs auf seinen gesetzlichen Mindesturlaub verzichten kann.
Der Kläger war als Betriebsleiter bei der Beklagten beschäftigt. Im Jahr 2023 war er aufgrund einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit seit Jahresbeginn nicht in der Lage, Urlaub in Anspruch zu nehmen. Am 31. März 2023 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, der unter anderem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2023 gegen eine Abfindung in Höhe von 10.000 Euro regelte. Ziffer 7 des Vergleichs enthielt folgende Regelung: „Urlaubsansprüche sind in natura gewährt.“
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers wies während der Vergleichsgespräche auf die Unwirksamkeit eines Verzichts auf den gesetzlichen Mindesturlaub hin, erklärte sich jedoch im Anschluss mit dem Vergleich einverstanden. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte der Kläger die Abgeltung der noch offenen sieben Mindesturlaubstage in Höhe von 1.615,11 Euro nebst Zinsen. Er berief sich während des Prozesses auf die Unwirksamkeit der in Ziffer 7 des Vergleichs enthaltenen Klausel. Die Vorinstanzen folgten der Klägerin und gaben der Klage statt.
Das BAG hat die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten – bis auf einen minimalen Betrag der Zinsforderung – zurückgewiesen. Der Kläger habe gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG einen Anspruch auf finanzielle Abgeltung seines gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs. Die Vereinbarung, wonach Urlaubsansprüche in natura gewährt seien, sei gemäß § 134 BGB unwirksam. Sie enthalte einen Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub und verstoße somit gegen § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG.
Zudem handele es sich bei dem Urlaubsverzicht nicht um einen Tatsachenvergleich, bei dem § 13 Abs. 1 S.3 BUrlG keine Anwendung finden würde. Dieser setze das Ausräumen von bestehenden Unsicherheiten über den Anspruch durch gegenseitiges Nachgeben voraus. Angesichts der durchgehenden Erkrankung des Klägers seit Beginn des Jahres habe nie ein Anlass für Unsicherheiten über dessen Urlaubsanspruch bestanden.
Auch der Einwand der Beklagten, der Kläger dürfe sich wegen Treu und Glauben nicht auf die Unwirksamkeit der Verzichtsklausel berufen, gehe ins Leere. Die Beklagte dürfe nicht auf den Bestand einer offensichtlich rechtswidrigen Regelung vertrauen.
Das BAG stärkt die Rechte der Arbeitnehmer, indem es klarstellt, dass der gesetzliche Mindesturlaub nicht zur Disposition steht – auch nicht im Rahmen eines Prozessvergleichs. Damit zieht es die Grenzen der Vertragsfreiheit dort, wo der gesetzlich garantierte Mindestschutz beginnt.
Prof. Dr. Robert von Steinau-Steinrück
Partner
Berlin
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