29.08.2019

Zu den Voraussetzungen für die Einordnung von Modellbezeichnungen als Marke (BGH, Urteil vom 07.03.2019, Az.: I ZR 195/17)

Background

Auf den Punkt

Bei markenrechtliche Streitigkeiten muss anhand der Umstände des Einzelfalls positiv festgestellt werden, ob der angesprochene Verkehr ein Zeichen als Marke und damit als Herkunftshinweis erkennt. Alleine die Feststellung, dass eine rein beschreibende Verwendung eines Zeichens nicht vorliegt, rechtfertigt es nicht, eine kennzeichenmäßigen Verwendung anzunehmen.

Hintergrund

Die Klägerin ist Inhaberin der Wortmarke „SAM“, die Schutz für Bekleidungsstücke beansprucht. Die Beklagte betreibt diverse Online-Shops, in denen sie Bekleidungsstücke verschiedener Hersteller anbietet. In einem ihrer Shops bot sie eine Herrenhose an. Unter der blickfangmäßigen Überschrift befand sich eine textliche Erläuterung des Angebots sowie eine stichpunktartige Auflistung, zu deren Beginn sich die Angabe „Modell: Sam“ befand. Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte nutze das Zeichen „Sam“ als Zweitmarke und verletze damit ihre Marke. Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung verklagt. Das erstinstanzliche Gericht hat der auf Unterlassung gerichteten Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Die Revision der Beklagten vor dem BGH hatte nun jedoch wiederum Erfolg.

Die Entscheidung

Laut dem BGH rechtfertigt – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – allein der Umstand, dass eine nur beschreibende Verwendung des Zeichens „SAM“ nicht festgestellt werden kann, es nicht, eine kennzeichenmäßige Verwendung anzunehmen. Werde ein mit einer Marke identisches Zeichen als Modellbezeichnung verwendet, müsse im Verletzungsverfahren vielmehr positiv festgestellt werden, ob der angesprochene Verkehr darin einen Herkunftshinweis für die relevanten Waren sehe. Der BGH hat daher das Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückgewiesen. Das Berufungsgericht muss nun erneut prüfen, ob der angesprochene Verkehr in der von der Klägerin angegriffenen Verwendung des Zeichens einen Hinweis auf die Herkunft der angebotenen Hose sieht. Dabei müsse das Gericht sämtliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigen.

Maßgeblich ist dabei laut dem BGH unter anderem die Kennzeichnungsgewohnheit der Bekleidungsbranche. Werde ein Zeichen direkt an dem Bekleidungsstück angebracht, so sei dies typischerweise als herkunftshinweisende Verwendung anzusehen. Ebenso könne der Aufdruck der Modellbezeichnung auf Verkaufsetiketten, die an den Bekleidungsstücken befestigt sind, als Herkunftshinweis verstanden werden.

Bei der Benutzung eines Zeichens in einem Verkaufsangebot, sei dessen Gestaltung zudem in seiner Gesamtheit in den Blick zu nehmen. Bei bekannten Modellbezeichnungen spreche einiges dafür, dass der Verkehr eine entsprechende Modellbezeichnung auch dann als Marke auffasse, wenn das Herstellerkennzeichen oder die Dachmarke nicht zusätzlich genannt werde. Der Verkehr würde eine bekannte Modellbezeichnung in einem Verkaufsangebot außerdem auch dann als Herkunftshinweis auffassen, wenn sie darin nicht in besonderer Weise hervorgehoben sei.

Sofern die Modellbezeichnung nicht bekannt sei, müsse bei der Prüfung, ob ihre Verwendung herkunftshinweisend verstanden werde, die Gestaltung des in Rede stehenden Angebots in den Blick genommen werden. Dass der Verkehr die Bezeichnung als Marke auffasse, könne unter anderem dann angenommen werden, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hersteller- oder Dachmarke verwendet werde. Dagegen würde der Verkehr in der Verwendung einer nicht als Marke bekannten Modellbezeichnung an einer unauffälligen Stelle in der Angebotsbeschreibung regelmäßig keine markenmäßige Verwendung sehen. Werde eine Modellbezeichnung verwendet, die mit einer bekannten Marke identisch sei, so liege es nach dem BGH nahe, dass der angesprochene Verkehr die Modellbezeichnung in einem Angebot, unabhängig von der Art ihrer Verwendung innerhalb des Angebots, als Marke auffassen werde.

Unser Kommentar

Für die Frage, ob eine kennzeichenmäßige Verwendung vorliegt, ist in der Bekleidungsbranche neben der Kennzeichnungsgewohnheit insbesondere bedeutsam, ob die verwendete Modellbezeichnung bekannt ist oder nicht. Ist weder der Hersteller noch die Modellbezeichnung selbst bekannt, kann jedoch die konkrete Art der Verwendung der Modellbezeichnung dafür sprechen, dass der Verkehr sie als Marke auffasst.

Festzuhalten bleibt, dass im Hinblick auf die kennzeichenmäßige Verwendung jeder Fall gesondert zu beurteilen ist. Es muss in der Regel positiv festgestellt werden, dass der angesprochene Verkehr das Zeichen als Marke erkennt.

 

Christina Rygula, LL.M.
Rechtsanwältin
Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Hamburg
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