25.08.2017

IP / IT Ausgabe 3 / 2017

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Voraussetzungen für die Nutzung von WhatsApp-Daten durch Facebook

Facebook darf personenbezogene Daten von WhatsApp-Nutzern nur bei Vorliegen einer ausreichenden Einwilligungserklärung nutzen. Der pauschale Hinweis auf die Änderung der WhatsApp-Nutzungsbedingungen genügt nicht.

VG Hamburg, Beschluss vom 24. April. 2017, Az.: 13 E 5912/16

Auf den Punkt

Facebook darf personenbezogene Daten von WhatsApp-Nutzern nur bei Vorliegen einer ausreichenden Einwilligungserklärung nutzen. Der pauschale Hinweis auf die Änderung der WhatsApp-Nutzungsbedingungen genügt nicht.

Hintergrund

Facebook übernahm 2014 die WhatsApp Inc., Anbieter des gleichnamigen Messenger-Dienstes. Im Jahr 2016 aktualisierte WhatsApp seine Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien. Im Rahmen dieser Aktualisierung sollten bestimmte Daten erhoben und an Facebook weitergegeben werden. Dabei wurde den WhatsApp-Nutzern keine Wahl eingeräumt, ob sie dem zustimmen oder widersprechen wollen.

Der Hamburger Datenschutzbeauftragte untersagte Facebook im September 2016 daraufhin per Bescheid,  personenbezogene Daten deutscher WhatsApp-Nutzer zu erheben und zu speichern, solange keine ordnungsgemäße Einwilligung vorliege. Er ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheids (also seine sofortige Wirkung) an. Facebook legte Widerspruch ein und beantragte vor dem Verwaltungsgericht Hamburg im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die Wirkung der Anordnung des Datenschutzbeauftragten solange auszusetzen, bis die Sache im Hauptverfahren entschieden ist.

Die Entscheidung

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat den Antrag abgelehnt und es somit bei der sofortigen Verbotswirkung des Bescheids des Datenschutzbeauftragten belassen. Das Gericht spricht in seiner Entscheidungsbegründung die problematischen Punkte an, deren Klärung (hoffentlich) im Hauptsacheverfahren folgen wird. So ist zunächst ganz grundsätzlich zu prüfen, ob deutsches Datenschutzrecht im vorliegenden Fall überhaupt anwendbar ist und ein deutscher Datenschutzbeauftragter
gegen die irische Facebook Ltd. vorgehen kann. Wenn das deutsche Datenschutzrecht anwendbar wäre, wäre die Anordnung des Datenschutzbeauftragten nach Einschätzung der Hamburger Richter voraussichtlich rechtmäßig gewesen, weshalb der Antrag abzulehnen war.

Die von WhatsApp benutzten Zustimmungserklärungen genügten nach Auffassung des Gerichts den Anforderungen des deutschen Datenschutzrechts nämlich aus mehreren Gründen nicht: WhatsApp habe den Nutzern lediglich einen allgemein gehaltenen Hinweis auf die Änderung der Nutzungsbedingungen und der Datenschutzrichtlinie angezeigt. Etwaige Informationen hinsichtlich einer Einwilligung in Datenvorgänge seien daraus von den Nutzern nicht zu entnehmen gewesen. Somit fehlte es an einer bewussten Entscheidung der Nutzer.

Daher dürfe Facebook personenbezogene Daten von deutschen WhatsApp-Nutzern ohne eine Einwilligung, die den Anforderungen an die deutschen Datenschutzvorschriften genügt, auch schon während des laufenden Hauptsacheverfahrens nicht nutzen. In Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat das Gericht eine Abwägung zwischen den Interessen der Beteiligten durchzuführen. Im vorliegenden Fall entschied das Gericht sie zugunsten der Öffentlichkeit, also der deutschen WhatsApp-Nutzer: Der Schutz der personenbezogenen Daten stelle ein grundrechtlich geschütztes Rechtsgut von hohem Wert dar. In dieses Rechtsgut werde durch die geplante Datenweitergabe erheblich eingegriffen. Das Gericht ging sogar noch weiter und erklärte, dass selbst wenn irisches Recht anwendbar sei, eine ordnungsgemäße Einwilligung nicht vorgelegen habe, da die anwendbaren irischen Vorschriften direkt auf EU-Recht beruhten und somit am Ende dasselbe Ergebnis erreicht würde.

Unser Kommentar

Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens wird mit Spannung erwartet. Der vorliegende Beschluss des Hamburger Verwaltungsgerichts befasst sich konkret mit der Frage, wie die Einwilligung in eine Datenerhebung gestaltet werden muss: Dem Nutzer muss klar werden, dass es sich um eine rechtserhebliche Einwilligung und somit um eine bewusste Entscheidung handelt. Wird eine Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen (hier: Zustimmung zu neuen Nutzungsbedingungen) eingeholt, muss die datenschutzrechtliche Einwilligung besonders hervorgehoben werden. Für die Praxis bedeutet das, dass Einwilligungen in die Datenerhebungen nicht nur überhaupt einzuholen sind, sondern sie darüber hinaus auch inhaltlich und äußerlich transparent gestaltet werden müssen. Die in diesem Verfahren aufgeworfenen Fragen dürften auch zukünftig im Falle etwaiger Nutzungsänderungen von WhatsApp und ähnlichen Nachrichtendiensten relevant bleiben.

Potentielle Abmahngefahr für WhatsApp-Nutzer

Wer WhatsApp nutzt, gibt automatisch die Namen und Telefonnummern aus seinem Smartphone Adressbuch an WhatsApp und somit die Facebook Gruppe weiter – in der Regel ohne Einwilligung der Betroffenen. Nach Meinung des Amtsgerichts Bad Hersfeld liegt darin eine abmahnfähige Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen.

AG Bad Hersfeld, Beschluss vom 15. Mai 2017, Az.: F 120/17 EASO

Auf den Punkt.

Wer WhatsApp nutzt, gibt automatisch die Namen und Telefonnummern aus seinem Smartphone Adressbuch an WhatsApp und somit die Facebook Gruppe weiter – in der Regel ohne Einwilligung der Betroffenen. Nach Meinung des Amtsgerichts Bad Hersfeld liegt darin eine abmahnfähige Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen.

Hintergrund

Ursprünglich wurde in der familienrechtlichen Streitigkeit ausschließlich um Besuchsrechte eines Vater für sein Kind gestritten. Im Laufe des Verfahrens verschob sich die Aufmerksamkeit der Bad Hersfelder Richter jedoch auf die Mutter und ihre Aufsicht über die Smartphone Nutzung durch das gemeinsame Kind. Das Kind hatte die Messenger-App WhatsApp auf seinem Smartphone installiert. WhatsApp gehört seit geraumer Zeit zum Facebook Konzern. Dementsprechend findet ein entsprechender Datenaustausch statt. Unter anderem erfasst WhatsApp die Telefonnummern aus dem Adressbuch des Smartphones und die Namen, unter denen die Nummern abgespeichert sind. Sofern nicht gerade ein Kosename verwendet wird, dürften dies in der Regel auch die Klarnamen oder zumindest Teile davon sein. Diese Daten werden automatisch an Facebook weitergeleitet. Wenige WhatsApp Nutzer dürften sich darüber bewusst sein und noch weniger eine entsprechende Einwilligung von den Inhabern der Telefonnummern eine Einwilligung einholen.

Die Entscheidung

Das Gericht erteilte der Kindesmutter Auflagen, damit diese ihren Erziehungsaufgaben (wie sie die Richter verstehen) in den digitalen Medien nachkomme. Hierzu kam das Gericht nach umfänglicher Prüfung der Kontaktdatenweitergabe.

Die größte Problematik sei nach Auffassung der Richter hierbei die Verknüpfung von Klarnamen und Telefonnummern, die nach der Installation des WhatsApp-Messengers bei jeder Nutzung der App an die Server von WhatsApp versandt würden. Das AG Bad Hersfeld kam sodann hierbei zu dem Ergebnis, dass die Weitergabe der Kontaktdaten Dritter an WhatsApp (und damit auch an die gesamte Facebook-Gruppe) grundsätzlich eine unerlaubte Handlung sei, die tatbestandlich einen deliktischen Unterlassungsanspruch Dritter gegen das Kind begründe. Dieser Anspruch sei damit auch grundsätzlich tauglicher Gegenstand von Abmahnungen und führe zu einer nicht unerheblichen Gefahr für das Vermögen des Kindes.

Die Auflagen des Amtsgerichts sahen unter anderem vor, dass das Kind WhatsApp von seinem Smartphone zu löschen habe, solange nicht alle Kontakte des Kindes eine datenschutzrechtlich beanstandungslose Erlaubnis zur Weitergabe der jeweiligen Kontaktdaten an WhatsApp erteilt haben. Das Kind habe die Verpflichtung solche Erlaubnisse einzuholen, da sonst das Recht auf die informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen nicht gewahrt sei.

Unser Kommentar

Die Entscheidung des AG Bad Hersfeld setzt sich nicht nur mit datenschutzrechtlichen Fragestellungen, sondern auch mit den Pflichten einer Mutter zur Erziehung ihres Kindes im Umgang mit digitalen Medien und den eigenen Bildungs- und Informationspflichten der Eltern in Bezug auf den Umgang mit digitalen Medien auseinander. In dem Beschlusses wird ausschließlich die Frage einer deliktischen Handlung aufgrund der Weitergabe von Telefonbuchdaten an WhatsApp geprüft und ein solcher Anspruch bei mangelnder Erlaubnis des geschädigten Dritten bejaht. Faktisch stellt das Gericht damit die Unzulässigkeit der Weitergabe von Adressbuchdaten durch die WhatsApp-Nutzung fest. Diese Problematik stellt sich nicht nur beim privaten Gebrauch von WhatsApp, sondern auch bei der gewerblichen Nutzung des beliebten Messengers. Auch im Rahmen des Betriebs von sog. WhatsApp-Newslettern und der Business-Nutzung von WhatsApp (z.B. beim Austausch von Standort-, Kontakt- oder Termindaten mit dem Geschäftspartnern) sollte daher vorab eine Erlaubnis der jeweiligen Kontakte eingeholt werden. Die einzige datenschutzrechtlich einwandfreie Alternative zu dieser Praxis ist der Verzicht auf die Nutzung des Messenger-Dienstes oder ein Ausweichen auf weniger populäre Messenger, wie Threema, bei denen man sich beispielsweise durch die Fotografie eines QR-Codes eine solche Einwilligung zur Anzeige der Klarnamen beim jeweiligen Kontakt einholen muss.

Keine Haftung für nicht autorisierte Anschlussnutzung beim „Pay-by-Call-Verfahren“

Der Inhaber eines Telefonanschlusses haftet nicht für die nicht autorisierte Nutzung seines Anschlusses für ein „Pay-by-Call-Verfahren“ durch einen Dritten.

BGH, Urteil vom 6. April 2017, Az.: III ZR 368/16

Hintergrund

Die Beklagte ist die Mutter eines 13-jährigen Sohnes und Inhaberin eines Telefonanschlusses. Die Klägerin ist eine Telefongesellschaft, die auf Grundlage einer Einziehungsermächtigung den Entgeltanspruch eines Premiumdienstanbieters aus einem „Pay-by-Call-Verfahren“ geltend macht. Bei diesem Bezahlverfahren rufen Nutzer eine Mehrwertdienstnummer (im konkreten Fall eine 0900-Premiumdienstenummer) an und lösen dadurch die spätere Abrechnung der jeweiligen Summe über die Telefonrechnung aus.

Der Sohn der Beklagten nahm an einem grundsätzlich kostenlosen Computerspiel teil, bei dem zusätzliche Funktionen im Spielverlauf gegen „Credits“ freigeschaltet werden konnten. Diese „Credits“ konnten von den Spielern gegen „reales“ Entgelt erworben werden. Die Zahlung konnte dabei unter anderem im Rahmen eines „Pay-by-Call-Verfahrens“ erfolgen. Der Sohn der Beklagten rief auf diese Weise insgesamt 21 Mal bei der „Pay-by-Call“-0900-Nummer an, die auf der Internetseite des Computerspiels angegeben war, um Credits zu erwerben. Der Sohn bekam die Credits und die angefallenen Beträge wurden dann seiner Mutter, der Beklagten, in der Telefonrechnung in Rechnung gestellt.

Die klagende Telefongesellschaft verlangte von der Beklagten nun insgesamt ein Entgelt von EUR 1.253,93. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten hiergegen zurückgewiesen. In der Revision ging es dann zum Bundesgerichtshof.

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat einen Zahlungsanspruch der Klägerin (anders als die Vorinstanzen) abgelehnt. Es bestehe bereits kein Anspruch aus dem Zahlungsdienstvertrag mit dem Premiumdienstanbieter, den die Klägerin geltend machen könne.

Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs sei der Vertrag zwischen dem Premiumdienstanbieter und dem Nutzer zwar hier als Zahlungsdienstvertrag im Sinne von § 675c Abs. 1 BGB einzuordnen, da sich der Premiumdienstanbieter verpflichtet einen Zahlungsvorgang auszuführen (hier die Übermittlung des Entgelts für die „Credits“ an die Spielefirma). Im konkreten Fall sei allerdings kein Zahlungsdienstvertrag (durch den Sohn als Vertreter) geschlossen worden. Es sei bereits fraglich, ob in der jeweiligen Anwahl der Premiumdienstenummer überhaupt auf den Abschluss eines solchen Zahlungsdienstvertrages gerichtete Willenserklärungen des Sohnes gesehen werden können. Vielmehr könne darin auch allein die rein tatsächliche Wahl des Zahlungsmittels für den Vertrag über den Erwerb der „Credits“ mit der Spielefirma liegen. Jedenfalls seien diese Willenserklärungen der Beklagten nicht zurechenbar. Der Sohn sei von seiner Mutter nicht zum Abschluss eines Vertrages bevollmächtigt worden. Auch die Voraussetzungen einer sog. Anscheinsvollmacht liegen nach Ansicht der Bundesrichter nicht vor. Bei einer Anscheinsvollmacht wird das Verhalten eines vermeintlichen Vertreters (hier der Sohn) der Vertretenen (hier der Mutter) rechtlich wie bei einer „echten“ Bevollmächtigung zugerechnet, wenn die Vertretene bei pflichtgemäßer Sorgfalt das Handeln des vermeintlichen Vertreters hätte erkennen und verhindern können, und der andere Teil (hier die Telefongesellschaft) auf das Vorliegen einer Bevollmächtigung vertrauen durfte. Allein der Erhalt der Rechnungen rechtfertige ein solches Vertrauen aber nicht, aufgrund dessen die Klägerin auf das Einverständnis der Beklagten mit den Anrufen ihres Sohnes vertrauen durfte. Schließlich könne eine Zurechnung der Handlungen des Sohnes auch nicht aus § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG hergeleitet werden. Nach § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG kann der Anbieter von Telekommunikationsdiensten nur dann keinen Anspruch auf Entgelt gegen den Inhaber eines Telefonanschlusses geltend machen, wenn der Inhaber nachweist, dass ihm die Inanspruchnahme von Leistungen des Anbieters nicht zugerechnet werden kann. Die Frage war also auch hier, ob der Mutter als Anschlussinhaberin die Leistungsinanspruchnahme des Sohnes zugerechnet werden kann oder nicht. Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass diese Vorschrift auf Zahlungsdienstverträge keine Anwendung findet. Dies gelte auch wenn, Nutzer eine Premiumdienstenummer anrufen und dadurch die spätere Abrechnung der jeweiligen Summe über die Telefonrechnung auslösen. Zum einen folge dies bereits daraus, dass der Premiumdienstanbieter im Verhältnis zur Beklagten keine Telekommunikationsdienste anbiete, sondern lediglich Zahlungsdienste. Zum anderen seien die Spezialvorschriften für Zahlungsdienste für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge vorrangig und würden bei einer Anwendung des § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG unterlaufen. Dies gelte vor allem für § 675u Satz 1 BGB, nach dem der Zahlungsdienstleister im Falle eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs keinen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen hat.

Unser Kommentar

Mit dieser überraschenden Entscheidung weicht der Bundesgerichtshof für Anrufe im Rahmen des „Pay-by-Call-Verfahrens“ von dem in § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG normierten Grundsatz ab, dass der Inhaber eines Telefonanschlusses für die Kosten der darüber getätigten Anrufe haftet, sofern ihm nicht der Nachweis gelingt, dass ihm dies nicht zuzurechnen ist. Dadurch werden die Rechte der Verbraucher und Anschlussinhaber gestärkt. Gleichzeitig wird das „Pay-by-Call-Verfahren“ als Bezahlmöglichkeit für Anbieter aufgrund der damit einhergehenden neuen Risikoverteilung deutlich unattraktiver.

Urheberrechtsverletzung durch Verkauf eines multimedialen Mediaplayers

Bereits der Verkauf eines Mediaplayers, der das Streaming illegal im Internet zugänglicher Filme ermöglicht, kann eine „öffentliche Wiedergabe“ und damit eine Urheberrechtsverletzung darstellen.

EuGH, Urteil vom 26. April 2017, Az.: C-527/15

Auf den Punkt.

Bereits der Verkauf eines Mediaplayers, der das Streaming illegal im Internet zugänglicher Filme ermöglicht, kann eine „öffentliche Wiedergabe“ und damit eine Urheberrechtsverletzung darstellen. 

Hintergrund

Gegenstand der Entscheidung war ein zunächst in den Niederlanden geführtes Verfahren. Es ging um die Klage einer niederländischen Stiftung gegen den Anbieter eines Medienabspielgeräts. Der Beklagte dieses Ausgangsverfahrens bot im Internet verschiedene Modelle eines multimedialen Mediaplayers unter der Bezeichnung „Filmspeler“ an. Dabei handelte es sich um ein Gerät, das über eine Internetverbindung die Wiedergabe von digitalen Inhalten auf einem Fernsehbildschirm ermöglicht. Über vorinstallierte Add-ons ließen sich mit dem „Filmspeler“ auch rechtswidrig im Internet zugängliche Inhalte von Streaming-Websites Dritter abrufen. Diese Funktion wurde in der Werbung gegenüber den Abnehmern besonders hervorgehoben.

Bei der Klägerin des Ausgangsverfahrens handelt es sich um eine niederländische Stiftung zum Schutz der Urheberrechte, die in dem Verkauf des „Filmspeler“ eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne der InfoSoc-Richtlinie 2001/29 und damit einen Urheberrechtsverstoß sah. Die Klägerin berief sich darauf, dass die Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Inhalten mittels Streaming aus einer rechtswidrigen Quelle vom Vervielfältigungsrecht ausgenommen sei.

Zur rechtlichen Klärung, ob der Verkauf des Mediaplayers eine „öffentliche Wiedergabe“ darstellt und die beim Streaming aus illegalen Quellen vorgenommene Vervielfältigung unter die Ausnahme von Art. 5 Abs. 1 der InfoSoc-Richtlinie fällt, legte das Ausgangsgericht dem EuGH vier Fragen zur Vorabentscheidung vor. Die Zuständigkeit des EuGH folgt aus der Tatsache, dass es in dem Verfahren um die Auslegung einer EU-Richtlinie ging, nämlich der genannten InfoSoc Richtlinie.

Die Entscheidung

Im ersten Teil der Entscheidung stellt der EuGH fest, dass bereits der Verkauf des „Filmspelers“ eine öffentliche Wiedergabe darstelle. Im Wesentlichen begründet der EuGH seine Entscheidung damit, dass der Verkauf des „Filmspelers“ mit den darauf vorinstallierten Add-ons bewusst darauf ausgelegt sei, den Erwerbern Zugang zu rechtswidrig auf Streamingseiten verfügbaren Inhalten zu ermöglichen. Darin liege eine über die bloße körperliche Bereitstellung hinausgehende Wiedergabehandlung. In Anknüpfung an seine bisherige Rechtsprechung bejaht der EuGH zudem die „Öffentlichkeit“ der Wiedergabe, da sich diese an eine unbestimmte Anzahl von Adressaten richte, nämlich an sämtliche potenzielle Erwerber des „Filmspeler“.

Der EuGH setzte sich darüber hinaus mit einer weiteren Frage auseinander, ob nämlich die beim Streaming von Websites Dritter vorgenommene vorübergehende Vervielfältigung eines ohne Erlaubnis des Urhebers zugänglichen Werks von der Ausnahme in Artikel 5 Abs.1 der InfoSoc-Richtlinie gedeckt sei. Voraussetzung hierfür ist nach Ansicht des EuGH unter anderem, dass der alleinige Zweck der Handlung in der Ermöglichung einer rechtmäßigen Nutzung des Werks bestehe, was der EuGH für den vorliegenden Fall verneint. Vielmehr verschaffe sich der Erwerber eines solchen Mediaplayers grundsätzlich freiwillig und in Kenntnis der Sachlage Zugang zu einem illegalen Angebot. Darüber hinaus geht der EuGH davon aus, dass die normale Verwertung der illegal im Netz über Streaming zugänglich gemachten Inhalte durch Handlungen der vorübergehenden Vervielfältigung beeinträchtigt werde und dies die berechtigten Interessen der Urheber ungebührlich verletze.

Unser Kommentar

Die Entscheidung des EuGH ist eine konsequente Fortsetzung der Rechtsprechung zur „öffentlichen Wiedergabe“. Nunmehr steht fest, dass bereits der Verkauf eines Endgeräts, das darauf ausgelegt ist, rechtswidrig im Internet abrufbare Inhalte abzuspielen, nicht bloß als Bereitstellungshandlung, sondern als „öffentliche Wiedergabe“ zu werten ist. Die Entscheidung führt damit zu einer Stärkung der Rechte der Urheber. Gleichwohl ist zu beachten, dass das Urteil maßgeblich darauf gestützt wird, dass der „Filmspeler“ durch die Vorinstallation von Add-ons auf das Streaming illegaler Inhalte ausgerichtet war und diese Funktion in der Werbung besonders hervorgehoben wurde. Aus diesem Grund bleibt auch weiterhin unklar, ob das Streaming von illegalen Inhalten grundsätzlich eine rechtswidrige Vervielfältigungshandlung des Nutzers darstellt oder von der Schrankenregelung in solchen Fällen gedeckt ist, bei denen die Inhalte nicht aus einer offensichtlich rechtswidrigen Quelle stammen.

WLAN-Gesetz: Bundestag beschließt drittes Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes

Nach langem Ringen hat der Bundestag am 30.06.2017 das dritte Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes beschlossen. Das Gesetz soll die Störerhaftung für WLAN-Betreiber rechtssicher abschaffen. Es stellt darüber hinaus klar, dass diese weder verpflichtet sind, das Netzwerk zu verschlüsseln, noch eine Vorschaltseite einzurichten. Allerdings können Rechteinhaber im Einzelfall die Sperrung konkreter Webseiten verlangen, um wiederholte Rechteverletzungen zu verhindern. Das Gesetz soll noch dieses Jahr in Kraft treten.

Auf den Punkt.

Nach langem Ringen hat der Bundestag am 30.06.2017 das dritte Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes beschlossen. Das Gesetz soll die Störerhaftung für WLAN-Betreiber rechtssicher abschaffen. Es stellt darüber hinaus klar, dass diese weder verpflichtet sind, das Netzwerk zu verschlüsseln, noch eine Vorschaltseite einzurichten. Allerdings können Rechteinhaber im Einzelfall die Sperrung konkreter Webseiten verlangen, um wiederholte Rechteverletzungen zu verhindern. Das Gesetz soll noch dieses Jahr in Kraft treten.

Ein langer Weg

Bereits der Koalitionsvertrag von 2013 schreibt als Ziel der Regierungsparteien die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für öffentliches WLAN vor. Zuletzt hatte der Gesetzgeber mit dem im Juni vergangenen Jahres beschlossenen zweiten Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes versucht, das rechtssichere Angebot von WLAN zu ermöglichen. Dritten sollte der Zugang zum WLAN gewährt werden können, ohne dass WLAN-Betreiber dabei befürchten müssten, für Rechtsverstöße durch die WLAN Nutzer abgemahnt oder haftbar gemacht zu werden. Die Gesetzesänderung regelte jedoch nicht mit der erhofften Klarheit, dass WLAN-Betreiber nicht für Abmahnkosten herangezogen werden können. Für weitere Verunsicherung sorgte die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Mc Fadden/Sony Music (C-484/14) vom September 2016, nach der WLAN-Betreiber fürchten mussten, ihren WLAN-Hotspot verschlüsseln oder einen Identitätsnachweis der Nutzer fordern zu müssen.

Die Neuregelung

Mit dem nunmehr dritten Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes, welches der Bundestag am 30.06.2017 beschlossen hat, soll den WLAN-Betreibern endlich die notwendige Rechtssicherheit geboten werden, um die flächendeckende Verbreitung von WLAN auch in Deutschland zu ermöglichen. Hierzu soll die Störerhaftung der WLAN-Anbieter rechtssicher abgeschafft werden, d.h. die Betreiber werden von der Haftung für Rechtsverstöße, die über ihr WLAN durch Dritte begangen werden befreit. Dies umfasst auch die Kosten, die im Rahmen von Abmahnungen entstehen.

Das Gesetz begegnet auch den Unsicherheiten, welche aus der Mc Fadden/Sony Music Entscheidung resultierten, indem es klarstellt, dass der WLAN-Anbieter nicht verpflichtet werden darf, seine Nutzer zu registrieren, die Eingabe eines Passworts zu verlangen oder sein WLAN-Angebot einzustellen. Auf freiwilliger Basis bleiben den WLAN-Betreibern solche Maßnahmen gleichwohl möglich. Auf der anderen Seite sollen auch die Rechteinhaber nicht ganz schutzlos gestellt werden. Darum sieht das Gesetz die Möglichkeit von Nutzungssperren für konkrete Webseiten vor, soweit über das WLAN bereits Verletzungshandlungen erfolgt sind. Voraussetzung soll sein, dass der Rechteinhaber im konkreten Fall nur so die Verletzung seines Rechts abstellen könne. Die Abrufsperre für einzelne Internetseiten müsse zudem zumutbar und verhältnismäßig sein.

Unser Kommentar

Ob der WLAN-Boom nach „der Reform der Reform der Reform“ nunmehr tatsächlich eintritt, dürfte auch davon abhängen, wie hinsichtlich der Möglichkeit der Netzwerksperren verfahren wird. Rechteinhaber etwa von Filmlizenzen können von einem WLAN-Anbieter verlangen, bestimmte Websites für sein Netzwerk zu sperren, über die ein Nutzer urheberrechtlich geschützte Inhalte illegal verbreitet hat. So soll ein weiderholter Missbrauch unterbunden werden können. Wichtig und konsequent ist, dass auch im Zusammenhang mit den Sperren dem WLAN-Betreiber vor- und außergerichtliche Kosten nicht in Rechnung gestellt werden dürfen. An den mit den Netzwerksperren verbundenen faktischen Hürden hat indes die Opposition Kritik geäußert. Sie befürchtet, die Möglichkeit der Sperren könnte zu einem Overblocking führen. Zwar wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass es in der Regel einfach und ohne technische Vorkenntnisse möglich sei, einzelne Internetseiten über die Einstellungen des WLAN-Routers zu sperren. Ob der Cafébetreiber an der Ecke dies genauso sieht, wird allerdings abzuwarten bleiben. Schließlich dürfte bei Nichtumsetzung der Netzwerksperren am Ende doch wieder eine Haftung des WLAN-Betreibers drohen, die ihn davon abhalten könnte, einen Hotspot bereit zu halten.

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